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der ^ze^ter
diesen Werken Pisanellos und dem Paduaner Szepter geht ziemlich weit; sie
erlaubt es, das Szepter einem Paduaner oder Venezianer GoldsAmied aus
dem Umkreis Pisanellos zuzuschreiben und es ins zweite Viertel des 15. Jahr-
hunderts zu datieren. — Für Frankreich sind mehrere Szepter mit
Laternen bezeugt. „Chorus"-Gestalt hatte z. B. die Bekrönung des Pedellen-
Stabes der Universität Paris vom Jahre 1440; das lehrt eine Abbildung
auf einem Relief, jetzt in der Hcole des Beaux-Arts"s. Eine der 7H%sses der
Pariser medizinisAen Fakultät — vielleicht die von 1445 (vgl. oben S. 38) —
hatte naA Ausweis einer Beschreibung von 1782 ebenfalls ein in Ge-
stalt einer Laterne (von seAse&igem Grundriß); dieser Aor%s schloß oben
mit einem kuppelartigen Dach ab, hatte darunter ein Geländer und an sei-
nen sedis SAauseiten RgürliAe Darstellungen^; ob diese Darstellungen
Statuetten waren, wie in Köln, oder Reliefs, bleibt unklar. Ein Pariser Szep-
ter mit einem Aor^s stellt auch die Miniatur im
von 1476/83 dar (vgl. oben S. 27, sowie Abb. 1). Weitere fran-
zösische Szepter dieses Typs zeigen die Miniaturen aus der Mitte
des 15. Jahrhunderts im Dresdener Galenus-Codex (vgl. oben S. 11 und
Abb. 2). — In Deutschland setzt siA die Reihe der Szepter mit arAitek-
tonischer Bekrönung dann in Heidelberg fort, mit dem Artisten-
Szepter von 1454 und dem Universitäts-Szepter von 1492 (Abb. 6/1 llf.).
Diese beiden Exemplare sind unter allen erhaltenen weitaus die reichsten
und schönsten, jedenfalls auf dem europäisAen Kontinent. In beiden Fällen
hat der Aor%s die typische Gestalt einer polygonalen spätgotisAen Laterne;
beide Male ist dieses Kapellchen geöffnet, also durchsiAtig — wie bereits
im Falle von Köln. Am Artisten-Szepter von 1454 wirkt der Aor%s in einem
ganz spezihsAen Sinne architektonisA; er ist im Geist steinerner Monumen-
talbauten gestaltet. Das hat schon Wilhelm Lübke hervorgehobenO?. Frei-
lich hat er verkannt, daß die arAitektonisAe Gesinnung des GoldsAmiedcs
Karl hier ein Meisterwerk gesAaffen hat. Diese silberne KleinarAitektur —
wie monumental ist sie aufgebaut! Wie gesAlossen, wie wuchtig, wie klar!
Glatte, massive Pfeiler bilden ein festes Gerüst, diAt aneinandergerü&t,
kraAvoll aufstrebend; immer wieder bringen sie die SenkreAte zur Gel-
tung, als Dominante. Zu diesem struktiven Gerüst stehen die dekorativen
Klein-Formen in einem wohlbereAneten Gegensatz: Riefelungen, krause
Krabben und gebu&eltes Blattwerk. Drei Rundbogen-Uffnungen bilden
"3 GRAVEN, a. a. O., 1938, 393 zitiert als Beleg dafür PAUL LACROix, Sciences et
lettres au Moyen-äge et ä l'^poque de la Renaissance, Paris, 1877, S. 34, Abb.
S. 33. In der Tat ist ein Szepter mit arAitektonisAer Bekrönung dort deutlich
zu erkennen.
99 GRAVEN a. a. O., 1938, 392/93, naA Pierre Abr. Pajon de Moncet, De 1' origine
des Appariteurs, des universites et de leurs masses, Paris 1782, S. 70 ff.
9* „Die Szepter der Universität Heidelberg", in „Ruperto-Carola", Heidelberg
1886, 27/28.
der ^ze^ter
diesen Werken Pisanellos und dem Paduaner Szepter geht ziemlich weit; sie
erlaubt es, das Szepter einem Paduaner oder Venezianer GoldsAmied aus
dem Umkreis Pisanellos zuzuschreiben und es ins zweite Viertel des 15. Jahr-
hunderts zu datieren. — Für Frankreich sind mehrere Szepter mit
Laternen bezeugt. „Chorus"-Gestalt hatte z. B. die Bekrönung des Pedellen-
Stabes der Universität Paris vom Jahre 1440; das lehrt eine Abbildung
auf einem Relief, jetzt in der Hcole des Beaux-Arts"s. Eine der 7H%sses der
Pariser medizinisAen Fakultät — vielleicht die von 1445 (vgl. oben S. 38) —
hatte naA Ausweis einer Beschreibung von 1782 ebenfalls ein in Ge-
stalt einer Laterne (von seAse&igem Grundriß); dieser Aor%s schloß oben
mit einem kuppelartigen Dach ab, hatte darunter ein Geländer und an sei-
nen sedis SAauseiten RgürliAe Darstellungen^; ob diese Darstellungen
Statuetten waren, wie in Köln, oder Reliefs, bleibt unklar. Ein Pariser Szep-
ter mit einem Aor^s stellt auch die Miniatur im
von 1476/83 dar (vgl. oben S. 27, sowie Abb. 1). Weitere fran-
zösische Szepter dieses Typs zeigen die Miniaturen aus der Mitte
des 15. Jahrhunderts im Dresdener Galenus-Codex (vgl. oben S. 11 und
Abb. 2). — In Deutschland setzt siA die Reihe der Szepter mit arAitek-
tonischer Bekrönung dann in Heidelberg fort, mit dem Artisten-
Szepter von 1454 und dem Universitäts-Szepter von 1492 (Abb. 6/1 llf.).
Diese beiden Exemplare sind unter allen erhaltenen weitaus die reichsten
und schönsten, jedenfalls auf dem europäisAen Kontinent. In beiden Fällen
hat der Aor%s die typische Gestalt einer polygonalen spätgotisAen Laterne;
beide Male ist dieses Kapellchen geöffnet, also durchsiAtig — wie bereits
im Falle von Köln. Am Artisten-Szepter von 1454 wirkt der Aor%s in einem
ganz spezihsAen Sinne architektonisA; er ist im Geist steinerner Monumen-
talbauten gestaltet. Das hat schon Wilhelm Lübke hervorgehobenO?. Frei-
lich hat er verkannt, daß die arAitektonisAe Gesinnung des GoldsAmiedcs
Karl hier ein Meisterwerk gesAaffen hat. Diese silberne KleinarAitektur —
wie monumental ist sie aufgebaut! Wie gesAlossen, wie wuchtig, wie klar!
Glatte, massive Pfeiler bilden ein festes Gerüst, diAt aneinandergerü&t,
kraAvoll aufstrebend; immer wieder bringen sie die SenkreAte zur Gel-
tung, als Dominante. Zu diesem struktiven Gerüst stehen die dekorativen
Klein-Formen in einem wohlbereAneten Gegensatz: Riefelungen, krause
Krabben und gebu&eltes Blattwerk. Drei Rundbogen-Uffnungen bilden
"3 GRAVEN, a. a. O., 1938, 393 zitiert als Beleg dafür PAUL LACROix, Sciences et
lettres au Moyen-äge et ä l'^poque de la Renaissance, Paris, 1877, S. 34, Abb.
S. 33. In der Tat ist ein Szepter mit arAitektonisAer Bekrönung dort deutlich
zu erkennen.
99 GRAVEN a. a. O., 1938, 392/93, naA Pierre Abr. Pajon de Moncet, De 1' origine
des Appariteurs, des universites et de leurs masses, Paris 1782, S. 70 ff.
9* „Die Szepter der Universität Heidelberg", in „Ruperto-Carola", Heidelberg
1886, 27/28.