Aforp%o/ogze.' der ^ze^ter
47
die innerste Zelle mit dem FigürAen darin — groß empfunden, beherrschend.
Dazu kommt der farbige Akzent emaillierter Wappen und Ornamente
(Abb. lllf.). — Ganz anders das Universitäts-Szepter von 1492 (Abb. 18ff.).
Lübke meinte, seine architektonische Bekrönung sei ein Überrest des ältesten
Szepters vom Jahre 138893. Diese Behauptung wird bis auf den heutigen
Tag wiederholt. Sie erledigt sich durdi den von Toepke veröffentlichten,
Lübke offenbar im Wortlaut nodi nicht bekannten Auftrag von 1492: nur
der Werkstoff des alten Szepters sollte verwendet werden — niAt mehr99.
Lübkes These, die Struktur und Ornamentik sei hier noA im Stile des spä-
ten 14. Jahrhunderts gehalten, läßt sich zudem auA mit stilkritischen Beweis-
gründen widerlegen. Die Motive sind hier freilich nodi zum großen Teil
dieselben, typisA spätgotischen, wie sdion an den Erfurter Szeptern von
1412ioo. Aber diese Formen weit hat siA in Deutschland von ihrem Auf-
kommen im 14. Jahrhundert an allenthalben bis ins frühe 16. Jahrhundert
gehalten. Dagegen entspriAt die Art, wie diese Motive in Heidelberg 1492
zusammengeordnet und behandelt wurden, dem südwestdeutsAen Brauch
des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Bezeichnend dafür erscheint mir vor allem
das Abrü&en von der „architektonischen" Haltung des Artisten-Szepters
von 1454. Es verrät zunächst einmal einen GoldsAmied. Der entwerfende
Meister ist offensiAtlich von den MögliAkeiten seines besonderen Werk-
stoffes ausgegangen. Mit Silber kann man eine Struktur viel lo&erer fügen
als mit Stein, ganz durAsichtig. Diese MögliAkeit ist hier ausgenutzt wor-
den. Die struktiven Elemente, die Eckpfeiler, sind viel dünner gebildet; sie
sind außerdem unten durA Maßwerk aufgelo&ert und oben ganz durdi-
broAen; auch sind sie weiter auseinander gerückt; das Stabile des Artisten-
Szepters hat siA verloren, der Kontrapost zwischen struktiven und dekora-
tiven Elementen ist gesAwunden. Das Ganze wirkt rein dekorativ, wie aus
Zierformen hingezaubert. Sein Aufbau wirkt zierlicher, prächtiger und
eigentümliA labil; auA lädt er mehr in die Breite aus, mit schwingenden
Umrissen; die Bodenplatte unter den FigürAen schwingt zwischen den Eck-
pfeilern vierpaßartig mit Kreissegmenten vor; an jedem EckpfeilerAen
hängt eine siA einrollende Ranke; der Turmhelm ist aus konkaven Kanten
und FläAen gebildet; Vorderseite und Rü&seite des laden etwas
breiter aus als die Flanken, offenbar um die FrontansiAt der Hauptfigur,
des JesuskindAens, hervorzuheben. Das alles ist gewiß zunäAst einmal
GoldsAmiedestil. Aber es ist überdies südwestdeutsAer Stil des 15. Jahr-
hunderts überhaupt. Auch der größte Bildhauer der seAziger Jahre am
Oberrhein, Nikolaus Gerhaert von Leyden, hat seine steinernen Zierardii-
98 A. a. O., 1886, 27/28.
99 GUSTAV ToEPKE, Die Matrikel der Universität Heidelberg von 1386—1662, I,
Heidelberg 1884, S. 29, Anm. 7. Vgl. unten S. 108, Nr. 20, Heidelberg, d.
10a Nm. fehlen in Heidelberg die für Erfurt allein bezei&nenden „curvilinearen"
Elemente von englis&er Art.
47
die innerste Zelle mit dem FigürAen darin — groß empfunden, beherrschend.
Dazu kommt der farbige Akzent emaillierter Wappen und Ornamente
(Abb. lllf.). — Ganz anders das Universitäts-Szepter von 1492 (Abb. 18ff.).
Lübke meinte, seine architektonische Bekrönung sei ein Überrest des ältesten
Szepters vom Jahre 138893. Diese Behauptung wird bis auf den heutigen
Tag wiederholt. Sie erledigt sich durdi den von Toepke veröffentlichten,
Lübke offenbar im Wortlaut nodi nicht bekannten Auftrag von 1492: nur
der Werkstoff des alten Szepters sollte verwendet werden — niAt mehr99.
Lübkes These, die Struktur und Ornamentik sei hier noA im Stile des spä-
ten 14. Jahrhunderts gehalten, läßt sich zudem auA mit stilkritischen Beweis-
gründen widerlegen. Die Motive sind hier freilich nodi zum großen Teil
dieselben, typisA spätgotischen, wie sdion an den Erfurter Szeptern von
1412ioo. Aber diese Formen weit hat siA in Deutschland von ihrem Auf-
kommen im 14. Jahrhundert an allenthalben bis ins frühe 16. Jahrhundert
gehalten. Dagegen entspriAt die Art, wie diese Motive in Heidelberg 1492
zusammengeordnet und behandelt wurden, dem südwestdeutsAen Brauch
des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Bezeichnend dafür erscheint mir vor allem
das Abrü&en von der „architektonischen" Haltung des Artisten-Szepters
von 1454. Es verrät zunächst einmal einen GoldsAmied. Der entwerfende
Meister ist offensiAtlich von den MögliAkeiten seines besonderen Werk-
stoffes ausgegangen. Mit Silber kann man eine Struktur viel lo&erer fügen
als mit Stein, ganz durAsichtig. Diese MögliAkeit ist hier ausgenutzt wor-
den. Die struktiven Elemente, die Eckpfeiler, sind viel dünner gebildet; sie
sind außerdem unten durA Maßwerk aufgelo&ert und oben ganz durdi-
broAen; auch sind sie weiter auseinander gerückt; das Stabile des Artisten-
Szepters hat siA verloren, der Kontrapost zwischen struktiven und dekora-
tiven Elementen ist gesAwunden. Das Ganze wirkt rein dekorativ, wie aus
Zierformen hingezaubert. Sein Aufbau wirkt zierlicher, prächtiger und
eigentümliA labil; auA lädt er mehr in die Breite aus, mit schwingenden
Umrissen; die Bodenplatte unter den FigürAen schwingt zwischen den Eck-
pfeilern vierpaßartig mit Kreissegmenten vor; an jedem EckpfeilerAen
hängt eine siA einrollende Ranke; der Turmhelm ist aus konkaven Kanten
und FläAen gebildet; Vorderseite und Rü&seite des laden etwas
breiter aus als die Flanken, offenbar um die FrontansiAt der Hauptfigur,
des JesuskindAens, hervorzuheben. Das alles ist gewiß zunäAst einmal
GoldsAmiedestil. Aber es ist überdies südwestdeutsAer Stil des 15. Jahr-
hunderts überhaupt. Auch der größte Bildhauer der seAziger Jahre am
Oberrhein, Nikolaus Gerhaert von Leyden, hat seine steinernen Zierardii-
98 A. a. O., 1886, 27/28.
99 GUSTAV ToEPKE, Die Matrikel der Universität Heidelberg von 1386—1662, I,
Heidelberg 1884, S. 29, Anm. 7. Vgl. unten S. 108, Nr. 20, Heidelberg, d.
10a Nm. fehlen in Heidelberg die für Erfurt allein bezei&nenden „curvilinearen"
Elemente von englis&er Art.