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,§>eü>ell>erger Neueste Nachrichten" — „Herdelberger Anzeiger^
Wm^g, 22. Z«» 1336
S«te 5
Fernsprecher^S.-A. 735-1—SL.
RMskultumaltll Momllu Mr brn Slnn bes KunMaffens.
B°i »°r EMnmig »°r AuSitcllun« L°uls»e «unil »°r «esenmrl". - Etne selerltche Slunöe ln den neuseslallelen Rtiumkn deS «unswrrelns.
Partei. Staat und Stadt, viele Künstler und solche,
tke der Kunst nahestehen. hatten ihre Dertreter zu Lie->
l<r Ervffnungsfeier am Samstag nachmittag im Heidel-
b«rger Kunstverein versammelt, alle herzlichst begrützt
dv>»
Oberbürgtrmeijter Dr. Neinhauö
ber einige einleitende Worte zu dieser ersten Ausstel-
-ung in den neugestalteten Räumen sprach. Er gab einen
kurzen Rückblick auf die Entwicklung des Heidelberger
Kunstvereins in den vergangenen Jahren, der einst ein
Dasein unter Ausschlutz der Oeffentlichkeit geführt habe.
Äkit verhältnismähig geringen Mitteln (5000 bis 60OO
Akark) habe man nun das, was heute geworden ist, schaf--
sen können. Jn erster Linie sollen es die Heidelberger
Künstler sein, die hier ihre Werke zeigen können. Aber
darüber hinaus, einmal im Jahr, etwa um diese Zeit,
svll hier ein Durchschnitt durch das gesamte deutsche
Kunstschaffen der Gegenwart gezogen werden, eine Aus-
stellung, die bestes deutsches zeitgenössisches Können ver--
Nritteln soll. Daneben bleibt dieses Haus der gesamten
Kunst zur Derfügung gestellt, und dah es gerade auch
sür musikalische Aufführungen geeignet ist, zeigte der
Dohllaut der Akustik des eben gehörten Quartettvor--
trags (das Stolz-Quartett spielte eingangs Deethovens
vpus 18/4, c-moll, 1. Satz). Die heutige Ausstellung,
sv sagte der Aedner u. a., hat eines gemeinsam mit ihrer
grohen Schwester, die den stolzen Äamen „Heidelberg,
Dermächtnis und Aufgabe" trägt: auch jene Ausstel--
lung will lehten Endes etwas sagen von der Gegen»
tvart. will sie zurückführen auf die Wurzeln unserer
Landschaft, unseres Mutes und der reichen Ileberliefe-
rung und Geschichte, die gerade diese Stadt ihr eigen
Nennen kann. Auch die zeitgenössische Kunst kann nicht
leben, ohne sich dieser Wurzeln gegenwartsnah, zu-
kunftsfrvh und traditionsverbunden bewutzt zu sein.
Dies Ziel verlaNgt aber Arbeitsgemeinschaft und ge-
Meinsame Gesinnung. eine Avtwendigkeit, die das Fun-
dament der Kulturpvlitik erst tragfähig macht. Dem ge-
genüber steht ein Dersprechen, datz sich jeder in diesem
Neuen Haus auch wirklich zu Haus fühlen svll, jede Art
ber Aeutzerung unserer Kunst, die entspringt aus letz-
tem begründetem Wissen um die Seele unseres Dolkes.
Die rechte Gesinnung setzen wir dabei als selbstverständ-
lich voraus. So schlotz der Oberbürgermeister seine An-
lprache mit einer Bitte und einem Dersprechen zugleich,
tvvrauf
NeichSkulturwaiter Moratler
vtwa fvlgendes ausführte:
„Wenn eine alte Welt mvrsch und müde
geworden ist und sich anschickt. zu sterben, so erleben
tvir überall, dah nicht mehr grohe gemeinschaftliche Ge-
danken das Leben beherrschen, svndern sehen eine 11 n -
klarheit entstehen und erleben, wie eine Llnzahl von
Adevlvgien plötzlich im Mittelpunkt stehen, Teilgebiete
des Lebens beherrschen und
ein Suchen nach dem Sinn dieses Lebens
beginnt und Keiner die Antwort gibt. Alles kämpst
gegeneinander, und am deutlichsten zeigt sich das
Aingen einer solchen Zeit an der Kunst. Wir haben
ihn in den vergangenen Jahrzehnten erlebt, den Kampf
aller gegen alle, ein Kampf, der nicht mehr um die
Drundgedanken grohen Schaffens ging, der sich viel-
Mehr erschöpste in einem Richtungsstreit, der seinen höch-
sten Ausdruck fand in einer LlnzahlvonRichtun-
Sen, die in der Kunst aufstanden, und deren alle ihre
Änhänger behaupteten, die grötzer« Leistung gefunden
zu haben. Es ist bezeichnend, dah man in dieser Zeit
itnmer von der grohen kommenden Linie gesprvchen hat.
„Modern" stand im Dordergrund, und alles das war
mvdern, was versuchte, krampfhast vriginell zu fein.
Grohe Dewegungen werden aber niemals ausge-
tragen im Mchtungsstreit. Erst wenn sich der Sinn
gvwandelt hat, können auch die einzelnen Gebiete
des Lebens wieder neue Blüte finden, einen neuen Jn°
halt bekvmmen. Wir stehen heute amBeginneiner
s? l ch e n Wende und erleben auf allen Gebieten das
Suchen nach dem diesen Gebieten eigenen Ausdruck der
nationalsozialistischen Grundhaltung. Es ist uns eine
neue Sinngebung geworden, von der wir wissen, dah
sie ihren Ausdruck finden wird, — ein Durchbruch, der
sich anschickt, stark beherrschend zu werden. Wir müs-
sen uns allerdings einmal grundsätzlich die Frage stel-
len: Was bedeutet für das Leben unserer Aation
überhaupt künstlerischesSchaffen. was ist Kul-
tur überhaupt? Wir kennen die liberalistische Auffgs-
sung dieser Dinge. Wir haben es auch erlebt, wie ihre
Grundtendenz zu einer Auflösung auf allen ihren Ge-
bieten führen muhte. Der Aationalsozialismus stellt
dem entgegen: das Bolk, die Gemeinschast, eine Lehre,
die zu einer inneren Bindung führen muh auch auf kul-
turellem Gebiet. Wir wissen, dah kulturelle Werte nie-
mals aus Materiellem heraus entstehen. Wir wissen,
dah der Drang, der den schöpferischen Menschen treibt,
mchts anderes ist als das Suchen und Sehnen des Be-
rufenen nach Dvllkommenheit. So
wird Kultur zum Ausdruck der Seele eines
Dvlkes.
Kunst und Kultur sind gleichzusetzen. Kultur ist ein um-
fassendes Gebiet und nichts anderes als die geformte
Eigenart der Aativn. Was beim Einzelmenschen der
Eharakter ist, dieses niemals bis ins letzte zu erklärende
Wesen, das ist beim Bolk der Begriff der Kultur. Wir
setzen heute mit Kultur gleich unser Deutschtum schlecht-
hin, das was uns von den anderen unterscheidet, was
aus unserer Seele heraus als Nusdruck geformt, was
uns deutsch macht. Sv betrachtet, wird klar, datz kultu-
relles Schaffen immer nur blutsgebunden an dieses Volk
sein kann. Derufene Menschen, die diesem Sehnen Aus-
druck verleihen, vermögen es nur dann, wenn sie selbst
ties im Bolkstum wurzeln und seine Seele kennen. Gro-
hes -Schaffen braucht nicht einsam und unverstanden
zu sein, wie es einmal die Meinung einer liberalisti-
schen Zeit war, Kunst svll unmittelbar sein und dem
Letzten unseres Dvlkes verständlich. Zu allen Zeiten
war Grohes einfach und unkompliziert und das Ein-
fache war immer grotz. Diese Schlichtheit ist ja
gerade das Schwere an der Kunst unserer Zeit. Neuer
Jnhalt des Lebens bedingt auch neue Formen. Wir dür-
fen nie vergessen, dah sich auch die seelische Einstellung
dieses Bolkes gewandelt hat, über das ein Weltkrieg,
eine Revolution hingegangen sind, und dah damit
die Zeit gekommen ist, die ein« neue Formung
fordert.
Manches von früher, was uns lieb war, muh über
Bord gehen. Man muh aber auch den Mut haben,
Dinge, die uns nicht mehr interessieren, die gern ins
Museum möchten, auch dorthin gehen zu lassen.
Wir stehen ja nach diesen wenigen Jahren national-
sozialistischer Gestaltung erst an den Ansängen. Llm
Endgültiges zu schaffen, ist ein langes Suchen und Rich-
ten nötig, denn heute gibt es noch da und dvrt man-
ches Mihverständnis. Können und Gesinnung dürfen
nicht gegeneinanderstehen. Wir erlebten einst den Streit
darüber, datz es niemals eine Berbindung von
Aationalismus und Sozialismus geben
werde, aber wir erleben heute praktisch, dah die tiefste
Sinngebung unserer Zeit die Derbindung eben dieser
beiden Degriffe gewvrden ist. Können und Gesin-
nung, beides ist entscheidend: vhne sie kann der Nus-
druck dieser Zeit überhaupt nicht geschassen werden.
Äarin ist ausgesprochen, dah die Kunst im nationalsozia-
listischen Reich eine bindende Kunst sein wird. Ia, wir
wvllen eine Tendenzkunst, aber nicht in dem Sinn und
jener Berzerrung, wie sie etwa im Jahr 1933 über die
deutschen Dühnen ging, denn das war Kvnjunktur. Mit
Tendenz meinen wir diese grohe neue Sinngebung der
beutschen Klarheit in der Aufgabenstellung unserer
Kunst. Neue Formen, die der Ausdruck der Weltan-
schauung find, die das ganze deutsche Bvlk beherrscht.
Kultur ist nicht nur der Nusdruck, sondern auch die
Aufgabe der Formung der seelischen Nusrich-
tung der Gemeinschaft. Die seelische Berankerung
einer Grundhaltung ist eine Ausrichtung, die bedeutet,
dah dieses Bolk in seiner Gemeinschaft auch dann steht,
wenn einmal harte Zeiten kommen. Ilnd sv sind
kiinstlerische Gestaltung und Kulturpolitik ein«
politische Aufgabe.
Auf diesem Gebiet der seelischen Ausrichtung wird die
Entscheidung für die Zukunft unseres Dvlkes geschlagen.
Hier wird es sich zeigen, ob es gelingt, die grohen Ge-
danken unserer Zeit stark zu verankern. Wir wissen,
bah es eine lange Zeit brauchen wird, bis alles als
Wahrheit vor uns steht. Wir bekennen uns aber ge-
rade auf biesem Gebiet zu einem vrganischen
Wachstum, müssen diese Aufgabe in ihrem ganzen
Ilmfang sehen und klar sein, dah die Gedankenwelt die-
ses Jahrhunderts darüber hinausgetragen wird und wir
vielleicht die Erfüllung nicht mehr erleben.
Wir sind vielleicht dazu verurteilt, zu kämpfen und nicht
mehr zu ernten. Aber gerade dies ist die entscheidende
Grundhaltung, nicht der Egoismus des Einzelnen, son-
dern die Sendung der Ration steht im Bordergrund.
Wir müssen zutiefst wissen, was ein Iahrtaufend lang
der Traum der Besten gewesen ist, was immer wieder
unterging in Blut und Tränen und Nvt, das haben
wir erlebt: das deutsche Dolk ist zu einer
Schicksalsgemeinschaft gewvrden. An diesem
Wendepunkt müssen wir nun sorgen, dah die deutsche
Zukunft in den Bahnen verläuft, zu denen w i r die
Gleise legen. Diese Wirklichkeit muh die Wirklichkeit
eines Jahrtausends bleiben, eine Lebensfrage der Na-
tion, die alle Gebiete gleich angeht. Sehen wir die Er-
süllung nicht mehr, sv tragen wir doch das Dewuhtsein:
wir haben unsere Pflicht getan."
Reicher Deifall dankte auch diesem Redner, dem
noch
Prosesjor EKrade
einige Wvrte hinzufügte. Er betonte vor allem die
Wichtigkeit, dah bei der Eröffnung einer Ausstellung
Ileberlegungen wie die eben gehörten Vvrausgeschickt
werden. Dann wies er auf die Spannung hin, die in
der Ausstellung zu spüren sei zwischen dem, was jetzt
unsere Aufgabe, und was demgegenüber künst-
lerische Wirklichkeit sei. Jn der gezeigten Kunst
werde man aber Würde und Haltung oder wenigsteNs
ein Streben danach finden können. Die Masse des hier
Gezeigten habe eine Thematik, die durchaus aus der
älterenZeit komme. Wenn das doch gezeigt werde,
so sei es nicht zuletzt in Erinnerung an die Wvrte des
Führers geschehen, dah man Kunst nicht beliebig beru-
fen kann, sondern dah auch in Zeiten eines solchen 11m-
bruchs wie unserem die neuen Formen gesucht werden
und dafür Sorgs getragen werden muß, dah der Sinn
für das Dermögen der Kunst wach bleibt. Man sei
auch nicht bemüht gewesen, möglichst viel zu zeigen.
was die Fähigkeit der Konzentration. ein Kunstwerk z»
betrachten, steigere.
Ein Bvrtrag des Stvlz-Quartetts (Mozartz
beschloh den Eröffnungsakt, und ein allgemeiner Rund->
gang durch die Ausstellung schloh sich an. üt.
Ein Schnlzeltlager des Inngvalks.
In der Nachbarschaft der Stabt.
„Schulzeltlager — — — was ist öenn daH
schon wieder?" fragten verwundert viele Eltern, als
die Pimpfe des Fähnleins 11 vor einigen Wochen einen
grünen Zettel vvm Dienst heimbrachten, auf dessen einer
Seite zwischen Zelten und Schulszenen nur groh das
geheimnisvolle Wort „Schulzeltlager" stand. Dann absr
begannen sie auf der Rückseite zu lesen: „Wir wollen
in diesem Iahr auf die vielen Kameraden Rücksicht neh»>
men, die an Pfingsten ihren Eltern bei der Kirschen-
und Erdbeerernte helfen müssen und deshalb in den Fe»>
rien nicht aufs Lager dürfen. Wir wollen aber alle
Kameraden aufs Lager bringen, denn das Dei«
sammensein im Lager ist der Höhepunkt unserer Lung--
volkarbeit. Wir führen deshalb einige Wochen nach
Pfingsten während der Schulzeit ein Lager in der
unmittelbaren Nähe der Stadt durch, vorl
wo aus wir regelmähig in die Schule gehen können."
Diele Eltern begrühen unseren Plan. Manche hat-
ten mehr, manche weniger Dedenken. Der Jungzugfüh«
rer sprach deshalb bei den Eltern vor. „Werden un»>
sere Kinder auch richtig lernen können?" das war die
häufigste Frage. Ilnd die Lungzugsührer antworteten
darauf, dah hierfür eine riesige Zelthalle gebaut
werden solle mit Tischen und Bänken, die Arbeitsplätze
für die ganze Lagerbesatzung bietet: dah bestimmte
StundenfürdasLernenfreigehalten wer->
den und daß die älteren Kameraden die Schularbeiten
der jüngeren beaufsichtigen werden. Keiner von uns
dars während des Zeltlagers in der Schule zurückkorn--
men, — das ist unser Ehrgeiz.
«Werdet Ihr aber auch genug ausgeschlase«
haben?" war dann regelmähig die nächste Frage. „Aber
selbstverständlich! Es werden riesige Mengen Stroh bei-
geschafft. Ilnd die nötige Zeit zum Schlafen werden
wir auch haben, dafür sorgt schon unser Fähnleinführer."
Weiter hörten die staunenden Eltern von Fahrvad-
ständern, die wir bauen werden, einem Gestell für die
vielen Schulbücher, einer eigenen Wasserleitung und vie-
len anderen Einrichtungen. „Das ist ja schvn sast kein
Lager mehr, sondern ein grohes Heim im Freien," mein-
ten dann viele. Ilnd das soll dieses Schulzcltlager auch
wirklich sein. Es soll vielen Pimpsen eine Wvche
lang Heim und Wvhnstätte sein, wo sie iHr
tägliches Leben sühren wie sonst, nur eingegliedert m
die grohe Kameradschaft des Fähnleins. —
Das ist eben das Neue am Schulzeltlager, daß sie
nicht nur wie im Ferienzeltlager ihre Freizeit ge-
meinsam mit Sport und Spiel verbringen, sondern dah
sie im Lager weiterhin ihrer täglichen Schularbeit
nachgehen und dabei in den vielen Kleinigkeiten des All-
tags Kameradschaft beweisen sollen.
Zugleich wird unser Schulzeltlager vielen Land-
fähnlein, die nie Ferienlager durchführen können,
weil die Pimpfe bei der Ernte helfen müssen, eine neue
Möglichkeit des Zeltlagers zeigen. k.
Deutschland? . . . Keiner wcih, wo es ansängt, kei-
ner, wo es aushört. Es hat keine Grenzen in dieser Welt.
Man hat es im Herzen . . . oder man findet es nirgends
und nie... HannsIost.
IM»e K««ft ter «egeilwart.
Ste großr Ausftellung des Ketdelberger Kunflvereins.
Der Heidelberger Kunstverein konnte zur Eröffnung
leiner evweiterten, so repräsentativ wirkenden Räumen
l«um eine eindrucksvollere und hinsichtlich der Qualität
öeachtlichere Ausstellung finden als diese Schau „Deut-
!che Kunst der Gegenwart". Professor Dr.
^chrade hat mit ihr den Versuch gemacht, die Vielfäl-
t'Skeit des gegenwärtigen deutschen Kunstschaffens auf
bern Gebiet der Malerei anzudeuten. Dah es sich nur um
^ndeutungen handeln kann, hat seinen doppelten Grund.
^inmal war es nicht möglich, infolge gleichgerichteter Aus-
liellungen in anderen Orten alles das zusammenzubrkom-
">en, was das Bild noch nach dieser oder jener Seite ab-
^erundet hätte, zum anderen äber bestand die sehr be-
ötühenswerte Absicht, von der immer noch herrschenden
Aepflogenheit überfüllter Ausstellungsräume äbzuweichen.
^ichts ermüdet mehr und schreckt sogar von einem Besuch
?b, «lz wenn man sich Wänden gegenüber befindet, die mit
Bildern tapeziert sind. Nichts beeinträchtigt aber auch die
^ualität des einzelnen Bildes und seine Betrachtung mehr
»ls die allzu enge Nachbarschaft mit anderen. Will man
chso der notwendigen Forderung unserer Zeit nachkommen,
°i« dahin geht, dab die breitesten Volksschichten in unsere
Iusstellungsräume gebracht und so mit den künstlerifchen
^chöpfungen unserer Zeit vertraut gemacht wevden, so
.urf man sie nicht mit einer Unzahl von Kunstwerken
^erschütten. Die ganz lockere Verteilung der Bilder in
°Er Ausstellung des Kunstvereins kann in dieser Beziehung
^is vorbildlich bezeichnet werden.
Trotz dieser klugen und begründeten Einschränkung ist
Qualität, wie gesagt, beachtlich bei aller Unterschiedlich-
in Gehalt und Form. Hinsichtlich der Auswahl dürfte
ALsicht bestantzen haben, das herauszuheben, was mo-
"bisch Mxx Landschaft, Bildnis und Stilleben hinweggeht,
aus dem unmittelbaren und zeitnahen Erleben ge-
^öpfp ist. Freilich mußte man sich gerade hier mit einigen
, ^nigen Andeutungen begnügen, so daß im Großen ge-
'°hen die Landschaft dominiert. Auch der Begriff „Gegen-
Aulius Hetz München): „Bildnis Eva H."
(Aufn.: Hartschuh.)
wart" wurde keineswegs eng gefaßt, indem etwa nur
Werke der allerjüngsten Zeit gezeigt werden. Manche Sig-
natur verrät, daß das Bild schon vor mehreren Aahren
entstanden ist. Für die Kunst istGegenwart überhaupt
ein sehr schwankender Begriff und es war der große Ham-
burger Kunsthistoriker Max Sauevlandt, der in einer sei-
ner Vorlesungen auf üie unumstößlich« Tätsache hinwies,
daß gerade die großen Kunstwerke einer Zeit schon in die
Zukunft vorausgreifen und daß Gegenwart im tiefsten
Sinn die von dem einzelnen Menschen bewußt durchlebte
Zeitspanne des ewigen Geschehens ist. Und noch etwas
anderes wäre hinsichtlich der getroffenen Auswahl zu er-
wähnen. Die mehr als hundert Künstler dieser Ausstel-
lung stammen aus allen Teilen unseres deutschen Vater-
lands. Dadurch ergibt sich für den aufmerksamen Betrach-
ter dje Möglichkeit, den Einfluß der Landschaft auf die
künstlerische Gestaltungsweise zu erkennen. Das ist außer-
ordentlich aufschlußreich und gibt der Ausstellung eine
starke Lebendigkeit, weil damit zur Jndividualität der ein-
zelnen Künstlerpersönlichkeit auch noch die Unterschiede des
landschaftlich bedingten Ausdruckswillens treten. Daraus
ergibt sich allerdings auch zugleich die Tatsache einer durch-
aus unterschiedlichen Einstellung zu den einzelnen Wer-
ken. Denn wie die Landschaft in ihrer Verschiedenartigkeit
auch durchaus verschieden von den einzelnen Menfchen
empfunden wird, ebenso verschisden wird das Cmpfinden
unL damit die Beurteilung des aus dieser Landschaft her-
aus Gewordenen und von ihr Beüingten sein.
Da, wie bereits erwähnt, in dieser Ausstellung mehr
als hundert Werke von fast ebensovielen Künstlern zu
sehen sind, ist eine ins Einzelne gehende Besprechung.nicht
möglich. Es kann sich also nur um das Herausheben des
einen oder anderen Bildes handeln, wobei aus dem oben
Gesagten klar wevden dürfte, daß auch dieses Herausheben
mehr oder weniger von einer individuellen Einstellung be-
einflußt ist. Der große Eingangsraum schlägt gewisser-
matzen das Leitmotiv der Ausstellung an und hat nament-
lich ein Bild, das — leider fast als einzigstes in der ganzen
^Schau — die der hildenden Kunst aus der Gegenwart her-
ausgegebene Thematik verkörpert: den „Fahnenträger"
von Hans Fah (Neustadt), männlich-hevb und kraftvoll,
ohne billige Tendenz, däbei im Malerischen und Zeichne-
rischen von gleich bedeutsamen Können. Jn ähnlichem Sinn
aus dem Geist der Aeit heraus entstanden sind jene Bilder,
die das schaffende Volk darstellen. Auch hierfür gibt es in
diesem Raum markante Beispiele: Max Kaus (Berlin)
verlebendigt in seinem Bild „Junger Bauer mit Ochsen"
die gesammelte, erdnahe und Phrasenlose Arbeitshingäbe
des Nährstandes, Hugo Troendle (München) zeigt in
knapper, klarer Gestaltung die harte Avbeit der „Treitler"
und Hans Stübner (Berlin) fängt den Rhythmus der
Arbeit überhaupt ein mit seinen Skizzen „Volk am Werk"
! zu Wandgemälden im Auftrag der NSDAP für das Ber-
! liner Winterhilfswerk. Jn gewissem Sinn gehört zu diesen
Tätigkeitsbildern auch „Das Drachensteigen" von Otto
! Herbig (Berlini trotz seiner etwas poetisierenden Hal»
! tung, ja man möchte sogar die löbendig bewegte „Pferde-
> dresfur" von Adolf Dahle (Berlin) mit hierher rechnen.
Ein ausgezeichnetes Bild, wenn auch mehr zur älteren
Münchener Schule hinneigend, ist „Alarm" von Oswald
Poetzelberger (München), thematisch zwar nicht deut-
lich erkennbar, malerisch aber bon starkem Können.
Schließlich wäre noch als ein Vertreter der reinen Land-
schaft Ludwig ten Hompel (Düsseldorf) mit seiner
Rheinlandschaft zu nennen, die stimmungsmätzig sehr gut
ist, sowie der Münchener Adolf Iutz mit feiner mhstifchen
„Vision".
Wenn wir uns den übrigen Sälen zuwenden, so wird
die hier angeschlagene Thematik in dieser oder jener Form
immer wiederkehren. Wir begnügen uns, wie gefagt, mit
dem Herausheben dieses oder jenes Bildes. Von den
Bilduisjen sehen wir gleich im unteren Stockwerk,
eines der feffelndsten: „Eva Lissa" von Schuster-
Winkelhoff (München), faszinierend auch in seinem
Kontrast zwischen Weiß und Schwarz. Weiter wären auf
diesem Gebiet noch zu nennen Cärl Schneiders (Ber-
lin)mit seinem Selbstporrät, Julius Heß (München) mit
„Bildnis Eva H.", das schon kompo-sitionell beachtliche
„SelLstbildnis mit Frau" von Leo von König (Berlin),
das fast quattrocentistisch anmutende „Bildnis meiner
Braut" von I. B. Godron (München), sowie die Kinder-
bildnisse der betden Karlsruher Georg Siebert und
Oskar Hagemann. Bemerkenswerterweise sind unsere
Heidelberger Künstler diesmal vor allem mit Bi-ldnissen
vertreten. Dabei überrascht Heinrich Franz besonders.
Sehr lebendig ist das „Herrenbildnis" von Walter
Boeckh, Jgor von Jakimow, der Bildhauer, ist im
Porträt wesentlich packen-der als mit seinen früher ge-
zeigten Landschaften, Ludwig Würtele hat seinen ganz
persönlichen Stil, was immer anzuerkennen ist, und in
dem „Familienbild" von Herbert Graß vereinigen sich
wi-eder die malerische Kultur und das reife Können diefes
Künstlers. Karl OechsIer, der als Heidelberger an
dieser Stelle genannt sei, zeigt sich mit seinem Bild „Be-
reitschaft" von einer recht interessanten Seite.
Ueberblickt man die Fülle der verschiedenen Land-
schaften, so möchte man fast den norddeutschen Künst-
lern den Vorzug geben. Sie alle haben einen starken Stim-
mungsgehalt, sind herb in rhrer Sprache uud erschl-ießen
ihre besonderen Reize vielleicht nicht sofort, darum aber
bisweilen sehr viel nachhaltiger. Hier ist bei der Nennung
äußerste Beschräukung angesichts der Vielzahl noch not-
wendiger. So sei hingewiesen auf das stimrnungsstarke
Bild „Winter in Masuren" von Alfred Partikel (Kö-
uigsberg), auf die „Hafflaudschaft" des Danzigers Fritz
Heidingsfeld, auf die auch techn-isch fesselnden „Fi-
scherhäuser in Purwin" von Ernst Schaumann (Kö-
nigsl«rg). Von den westdeutschen Künstlern bietet Willi
Brandenburg (Krefeld) mit „Neue Straße" ein ganz
besonders hervorrageudes Werk an künstlerischer Form
und Stimmung, Carl Mense (Honnef a. Rh.) erinnert
mit seiner „Ahrlandschaft" etwas an die Romantiker, und
auch der Kölner F. M. Iansen bietet mit „Vorfrühl-ing
im Bröltal" ein stimmungsvolles Stück deutscher Land-
schaft.
Ein in vieler Hinsicht bemerkens-wertes Bild ist die
„Elblandschaft" von Paul Wilhelm (Dresden), in der
die Gewitterstimmung besser getroffen scheint als in „Ge-
witter auf dem Haff" von Karl Eulenstein (Berlin),
das allerdings wieder andere Oualitäten hat. Der Wei-
marer Walther KIemm, der bereits bei der großen
Landfchafts--Ausstellung zu fesseln wußte, gibt mit „Nach
Sonnenuntergang" wiederum eine sehr feine Probe seiner
Kunst. Von den Münchener Künstlern sei auf Hermann
Eulers „Winter" hingewiesen, auch Geigenber-
gers „Florentinische Landschaft" verrät eine starke Künst-
lerpersönlichkeit. Weniger befreunden kann man sich mit
„Dezemberabend" von Josef Achmann (München), bei
dem man das Gefühl einer gewollten Originalität hat.
Eine große Ruhe geht von Hermann Gradls (Nürn-
b?rg) „Erpeler Leh am Rhein" aus. Viel Kultur zeigen -die
künstlerisch reifen Landschaften von Hermann GoebeI
(Kavlsruhe), vor allem der „Garten im Spätherbst". Der
Mhstizismus von Hans Adolf Bühler (Karlsruhe) be-
herrscht auch die glänzend gekonnte Landschaft „Alt-
Breisach". Uuch hier dürfen ein paar Heidelberger genannt
werden: Hans Winkler-Dentz mit einer sehr kraft-
voll gestalteten Ansicht des Schwetzinger Schloßparks, Os-
kar Schepp mit einem Blick auf Peterstal in seiner be°
kannten Pastell-Manier, Karl Schropp mit einem im-
pulsiv angepackten „Winter in Heidelberg" und schließlich
die Aguarelle von Theodor Waldraff und Hermann
Biegert, sowie das Pastell „Straße in Eberbach" von
Alex Dinkel. Uebrigens sind in einem kleinen Raum ein
paar besonders feine Aauarelle vereint, Werke von Hans
Thoms (Hannover), Josef Nerud (Simbach), Hasso
von Hugo (Berlin), Eugen Croissant (München)
und Max Eichin (Karlsruhe), die in der Qualität zwar
unterschiedlich sind, aber dennoch technisch manchsrlei Jn-
tereffantes bieten.
Wenn wir uuu uoch rm kurzen lleberbljck der graphi-
Max Kaus (Berlin): „Junger Bauer mit Ochsen".
(Aufn.: Hartschuh.)
schen Arbeiten gedenken, so ist bei den Zeichnungen ern
köstliches Blatt von Alfred Kubin „Don Quichotte und
Sancho Pansa" zu nennen, das di« ganze ungemein leben-
dige Linienführung dieses großen Graphilers ebenfo zeigt
wie die gleichfalls farbige Zeichnung „Tändlerei" und die
Lithographie „Tierkreis". Liebsvoll in Kleinigkeiten sich zu
versenken weiß Haffo von Hugo (Berl-in) in „Gräser in
Krug". Künstlerisch ganz bedeutend sind die Zeichnungen
von Albert Burkart (München), auch der Steinstich
„Schi-If im Wind" von Wilhelm Heise (München) ist
außerordentlich qualitätshoch. Auch hier sin-d wiedermn
einige Heidelberger mit prächtigen ArLeiten vertreten, vor
allem Else Winkler-Dentz und Andreas Meier,
dann Karl Senger und Lotte Böckh-Vetter. Bei
den Holzschnitten findet man bekannte Namen wie Herbert
Tucholsji und Mjölnir, den großen Graphiker der
Bewegung, aus technischem Können und künstlerischer
Meisterschaft gestaltete Arbeiten. Sehr zu begrüßen ist,
daß auch die reine Gebrauchsgraphik mit Bucheinbänden,
Ehrendiplomen, Etiketten und andercm zu sehen ist. Ge-
rade bei diesen Arbesten ist die ruhige un-d klare Form-
gebung in Bild und Schrist fehr beachtlich.
Es konnte sich bei dem, was hier über die Ausstellung
ge-sagt wurde, nur um einige, mehr oder minder stark per-
sönlich gefärbte Hinweise handeln, die sich nach jeder Rich-
tung hin unschwer erweitern ließen. Unzweifelhaft biete-t
die Ausstellung eine Fülle von Anregungen und ist, wenn
auch natürlich kein lückenloser, so doch in seiner Auswahl
durchaus treffender Ueberblick über die deutsche Kunst der
Gegen-wart. Mag auch die Qualität unterschiedlich sein»
das allgemeine Ringen um neue Ausdrucks»
formen, die allmähliche Abkehr von überlebter Thema-
tik un-d Gestaltungsart ist erkennbar, oft sogar in über-
raschend schöner Weise. Und dieses Ringen ist ja für den
wahren Künstler immer eine schicksalhafte Notwendigkeit.
Es war ebenfalls der bereits oben zitierte Max Sauer-
landt, der am Schluß seiner großen Vorlesung über die
Kunst der letzten dreißig Lahre das Wort aussprach: „Die
neue Kunst einer Zeit wächst nicht zufällig oder aus neuen
wirtschastlichen Rotwendigkeiten allein — si« sind nur Bs-
flügler der Cntwicklung —, si« wächst <rus einem gei»
stige» Müssen, deffen Wirkung nicht zufällig, son-
dern vcm iunerer Notwendigkeit getragen ift."
Dr. WenrAer Schmidt.
,§>eü>ell>erger Neueste Nachrichten" — „Herdelberger Anzeiger^
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S«te 5
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RMskultumaltll Momllu Mr brn Slnn bes KunMaffens.
B°i »°r EMnmig »°r AuSitcllun« L°uls»e «unil »°r «esenmrl". - Etne selerltche Slunöe ln den neuseslallelen Rtiumkn deS «unswrrelns.
Partei. Staat und Stadt, viele Künstler und solche,
tke der Kunst nahestehen. hatten ihre Dertreter zu Lie->
l<r Ervffnungsfeier am Samstag nachmittag im Heidel-
b«rger Kunstverein versammelt, alle herzlichst begrützt
dv>»
Oberbürgtrmeijter Dr. Neinhauö
ber einige einleitende Worte zu dieser ersten Ausstel-
-ung in den neugestalteten Räumen sprach. Er gab einen
kurzen Rückblick auf die Entwicklung des Heidelberger
Kunstvereins in den vergangenen Jahren, der einst ein
Dasein unter Ausschlutz der Oeffentlichkeit geführt habe.
Äkit verhältnismähig geringen Mitteln (5000 bis 60OO
Akark) habe man nun das, was heute geworden ist, schaf--
sen können. Jn erster Linie sollen es die Heidelberger
Künstler sein, die hier ihre Werke zeigen können. Aber
darüber hinaus, einmal im Jahr, etwa um diese Zeit,
svll hier ein Durchschnitt durch das gesamte deutsche
Kunstschaffen der Gegenwart gezogen werden, eine Aus-
stellung, die bestes deutsches zeitgenössisches Können ver--
Nritteln soll. Daneben bleibt dieses Haus der gesamten
Kunst zur Derfügung gestellt, und dah es gerade auch
sür musikalische Aufführungen geeignet ist, zeigte der
Dohllaut der Akustik des eben gehörten Quartettvor--
trags (das Stolz-Quartett spielte eingangs Deethovens
vpus 18/4, c-moll, 1. Satz). Die heutige Ausstellung,
sv sagte der Aedner u. a., hat eines gemeinsam mit ihrer
grohen Schwester, die den stolzen Äamen „Heidelberg,
Dermächtnis und Aufgabe" trägt: auch jene Ausstel--
lung will lehten Endes etwas sagen von der Gegen»
tvart. will sie zurückführen auf die Wurzeln unserer
Landschaft, unseres Mutes und der reichen Ileberliefe-
rung und Geschichte, die gerade diese Stadt ihr eigen
Nennen kann. Auch die zeitgenössische Kunst kann nicht
leben, ohne sich dieser Wurzeln gegenwartsnah, zu-
kunftsfrvh und traditionsverbunden bewutzt zu sein.
Dies Ziel verlaNgt aber Arbeitsgemeinschaft und ge-
Meinsame Gesinnung. eine Avtwendigkeit, die das Fun-
dament der Kulturpvlitik erst tragfähig macht. Dem ge-
genüber steht ein Dersprechen, datz sich jeder in diesem
Neuen Haus auch wirklich zu Haus fühlen svll, jede Art
ber Aeutzerung unserer Kunst, die entspringt aus letz-
tem begründetem Wissen um die Seele unseres Dolkes.
Die rechte Gesinnung setzen wir dabei als selbstverständ-
lich voraus. So schlotz der Oberbürgermeister seine An-
lprache mit einer Bitte und einem Dersprechen zugleich,
tvvrauf
NeichSkulturwaiter Moratler
vtwa fvlgendes ausführte:
„Wenn eine alte Welt mvrsch und müde
geworden ist und sich anschickt. zu sterben, so erleben
tvir überall, dah nicht mehr grohe gemeinschaftliche Ge-
danken das Leben beherrschen, svndern sehen eine 11 n -
klarheit entstehen und erleben, wie eine Llnzahl von
Adevlvgien plötzlich im Mittelpunkt stehen, Teilgebiete
des Lebens beherrschen und
ein Suchen nach dem Sinn dieses Lebens
beginnt und Keiner die Antwort gibt. Alles kämpst
gegeneinander, und am deutlichsten zeigt sich das
Aingen einer solchen Zeit an der Kunst. Wir haben
ihn in den vergangenen Jahrzehnten erlebt, den Kampf
aller gegen alle, ein Kampf, der nicht mehr um die
Drundgedanken grohen Schaffens ging, der sich viel-
Mehr erschöpste in einem Richtungsstreit, der seinen höch-
sten Ausdruck fand in einer LlnzahlvonRichtun-
Sen, die in der Kunst aufstanden, und deren alle ihre
Änhänger behaupteten, die grötzer« Leistung gefunden
zu haben. Es ist bezeichnend, dah man in dieser Zeit
itnmer von der grohen kommenden Linie gesprvchen hat.
„Modern" stand im Dordergrund, und alles das war
mvdern, was versuchte, krampfhast vriginell zu fein.
Grohe Dewegungen werden aber niemals ausge-
tragen im Mchtungsstreit. Erst wenn sich der Sinn
gvwandelt hat, können auch die einzelnen Gebiete
des Lebens wieder neue Blüte finden, einen neuen Jn°
halt bekvmmen. Wir stehen heute amBeginneiner
s? l ch e n Wende und erleben auf allen Gebieten das
Suchen nach dem diesen Gebieten eigenen Ausdruck der
nationalsozialistischen Grundhaltung. Es ist uns eine
neue Sinngebung geworden, von der wir wissen, dah
sie ihren Ausdruck finden wird, — ein Durchbruch, der
sich anschickt, stark beherrschend zu werden. Wir müs-
sen uns allerdings einmal grundsätzlich die Frage stel-
len: Was bedeutet für das Leben unserer Aation
überhaupt künstlerischesSchaffen. was ist Kul-
tur überhaupt? Wir kennen die liberalistische Auffgs-
sung dieser Dinge. Wir haben es auch erlebt, wie ihre
Grundtendenz zu einer Auflösung auf allen ihren Ge-
bieten führen muhte. Der Aationalsozialismus stellt
dem entgegen: das Bolk, die Gemeinschast, eine Lehre,
die zu einer inneren Bindung führen muh auch auf kul-
turellem Gebiet. Wir wissen, dah kulturelle Werte nie-
mals aus Materiellem heraus entstehen. Wir wissen,
dah der Drang, der den schöpferischen Menschen treibt,
mchts anderes ist als das Suchen und Sehnen des Be-
rufenen nach Dvllkommenheit. So
wird Kultur zum Ausdruck der Seele eines
Dvlkes.
Kunst und Kultur sind gleichzusetzen. Kultur ist ein um-
fassendes Gebiet und nichts anderes als die geformte
Eigenart der Aativn. Was beim Einzelmenschen der
Eharakter ist, dieses niemals bis ins letzte zu erklärende
Wesen, das ist beim Bolk der Begriff der Kultur. Wir
setzen heute mit Kultur gleich unser Deutschtum schlecht-
hin, das was uns von den anderen unterscheidet, was
aus unserer Seele heraus als Nusdruck geformt, was
uns deutsch macht. Sv betrachtet, wird klar, datz kultu-
relles Schaffen immer nur blutsgebunden an dieses Volk
sein kann. Derufene Menschen, die diesem Sehnen Aus-
druck verleihen, vermögen es nur dann, wenn sie selbst
ties im Bolkstum wurzeln und seine Seele kennen. Gro-
hes -Schaffen braucht nicht einsam und unverstanden
zu sein, wie es einmal die Meinung einer liberalisti-
schen Zeit war, Kunst svll unmittelbar sein und dem
Letzten unseres Dvlkes verständlich. Zu allen Zeiten
war Grohes einfach und unkompliziert und das Ein-
fache war immer grotz. Diese Schlichtheit ist ja
gerade das Schwere an der Kunst unserer Zeit. Neuer
Jnhalt des Lebens bedingt auch neue Formen. Wir dür-
fen nie vergessen, dah sich auch die seelische Einstellung
dieses Bolkes gewandelt hat, über das ein Weltkrieg,
eine Revolution hingegangen sind, und dah damit
die Zeit gekommen ist, die ein« neue Formung
fordert.
Manches von früher, was uns lieb war, muh über
Bord gehen. Man muh aber auch den Mut haben,
Dinge, die uns nicht mehr interessieren, die gern ins
Museum möchten, auch dorthin gehen zu lassen.
Wir stehen ja nach diesen wenigen Jahren national-
sozialistischer Gestaltung erst an den Ansängen. Llm
Endgültiges zu schaffen, ist ein langes Suchen und Rich-
ten nötig, denn heute gibt es noch da und dvrt man-
ches Mihverständnis. Können und Gesinnung dürfen
nicht gegeneinanderstehen. Wir erlebten einst den Streit
darüber, datz es niemals eine Berbindung von
Aationalismus und Sozialismus geben
werde, aber wir erleben heute praktisch, dah die tiefste
Sinngebung unserer Zeit die Derbindung eben dieser
beiden Degriffe gewvrden ist. Können und Gesin-
nung, beides ist entscheidend: vhne sie kann der Nus-
druck dieser Zeit überhaupt nicht geschassen werden.
Äarin ist ausgesprochen, dah die Kunst im nationalsozia-
listischen Reich eine bindende Kunst sein wird. Ia, wir
wvllen eine Tendenzkunst, aber nicht in dem Sinn und
jener Berzerrung, wie sie etwa im Jahr 1933 über die
deutschen Dühnen ging, denn das war Kvnjunktur. Mit
Tendenz meinen wir diese grohe neue Sinngebung der
beutschen Klarheit in der Aufgabenstellung unserer
Kunst. Neue Formen, die der Ausdruck der Weltan-
schauung find, die das ganze deutsche Bvlk beherrscht.
Kultur ist nicht nur der Nusdruck, sondern auch die
Aufgabe der Formung der seelischen Nusrich-
tung der Gemeinschaft. Die seelische Berankerung
einer Grundhaltung ist eine Ausrichtung, die bedeutet,
dah dieses Bolk in seiner Gemeinschaft auch dann steht,
wenn einmal harte Zeiten kommen. Ilnd sv sind
kiinstlerische Gestaltung und Kulturpolitik ein«
politische Aufgabe.
Auf diesem Gebiet der seelischen Ausrichtung wird die
Entscheidung für die Zukunft unseres Dvlkes geschlagen.
Hier wird es sich zeigen, ob es gelingt, die grohen Ge-
danken unserer Zeit stark zu verankern. Wir wissen,
bah es eine lange Zeit brauchen wird, bis alles als
Wahrheit vor uns steht. Wir bekennen uns aber ge-
rade auf biesem Gebiet zu einem vrganischen
Wachstum, müssen diese Aufgabe in ihrem ganzen
Ilmfang sehen und klar sein, dah die Gedankenwelt die-
ses Jahrhunderts darüber hinausgetragen wird und wir
vielleicht die Erfüllung nicht mehr erleben.
Wir sind vielleicht dazu verurteilt, zu kämpfen und nicht
mehr zu ernten. Aber gerade dies ist die entscheidende
Grundhaltung, nicht der Egoismus des Einzelnen, son-
dern die Sendung der Ration steht im Bordergrund.
Wir müssen zutiefst wissen, was ein Iahrtaufend lang
der Traum der Besten gewesen ist, was immer wieder
unterging in Blut und Tränen und Nvt, das haben
wir erlebt: das deutsche Dolk ist zu einer
Schicksalsgemeinschaft gewvrden. An diesem
Wendepunkt müssen wir nun sorgen, dah die deutsche
Zukunft in den Bahnen verläuft, zu denen w i r die
Gleise legen. Diese Wirklichkeit muh die Wirklichkeit
eines Jahrtausends bleiben, eine Lebensfrage der Na-
tion, die alle Gebiete gleich angeht. Sehen wir die Er-
süllung nicht mehr, sv tragen wir doch das Dewuhtsein:
wir haben unsere Pflicht getan."
Reicher Deifall dankte auch diesem Redner, dem
noch
Prosesjor EKrade
einige Wvrte hinzufügte. Er betonte vor allem die
Wichtigkeit, dah bei der Eröffnung einer Ausstellung
Ileberlegungen wie die eben gehörten Vvrausgeschickt
werden. Dann wies er auf die Spannung hin, die in
der Ausstellung zu spüren sei zwischen dem, was jetzt
unsere Aufgabe, und was demgegenüber künst-
lerische Wirklichkeit sei. Jn der gezeigten Kunst
werde man aber Würde und Haltung oder wenigsteNs
ein Streben danach finden können. Die Masse des hier
Gezeigten habe eine Thematik, die durchaus aus der
älterenZeit komme. Wenn das doch gezeigt werde,
so sei es nicht zuletzt in Erinnerung an die Wvrte des
Führers geschehen, dah man Kunst nicht beliebig beru-
fen kann, sondern dah auch in Zeiten eines solchen 11m-
bruchs wie unserem die neuen Formen gesucht werden
und dafür Sorgs getragen werden muß, dah der Sinn
für das Dermögen der Kunst wach bleibt. Man sei
auch nicht bemüht gewesen, möglichst viel zu zeigen.
was die Fähigkeit der Konzentration. ein Kunstwerk z»
betrachten, steigere.
Ein Bvrtrag des Stvlz-Quartetts (Mozartz
beschloh den Eröffnungsakt, und ein allgemeiner Rund->
gang durch die Ausstellung schloh sich an. üt.
Ein Schnlzeltlager des Inngvalks.
In der Nachbarschaft der Stabt.
„Schulzeltlager — — — was ist öenn daH
schon wieder?" fragten verwundert viele Eltern, als
die Pimpfe des Fähnleins 11 vor einigen Wochen einen
grünen Zettel vvm Dienst heimbrachten, auf dessen einer
Seite zwischen Zelten und Schulszenen nur groh das
geheimnisvolle Wort „Schulzeltlager" stand. Dann absr
begannen sie auf der Rückseite zu lesen: „Wir wollen
in diesem Iahr auf die vielen Kameraden Rücksicht neh»>
men, die an Pfingsten ihren Eltern bei der Kirschen-
und Erdbeerernte helfen müssen und deshalb in den Fe»>
rien nicht aufs Lager dürfen. Wir wollen aber alle
Kameraden aufs Lager bringen, denn das Dei«
sammensein im Lager ist der Höhepunkt unserer Lung--
volkarbeit. Wir führen deshalb einige Wochen nach
Pfingsten während der Schulzeit ein Lager in der
unmittelbaren Nähe der Stadt durch, vorl
wo aus wir regelmähig in die Schule gehen können."
Diele Eltern begrühen unseren Plan. Manche hat-
ten mehr, manche weniger Dedenken. Der Jungzugfüh«
rer sprach deshalb bei den Eltern vor. „Werden un»>
sere Kinder auch richtig lernen können?" das war die
häufigste Frage. Ilnd die Lungzugsührer antworteten
darauf, dah hierfür eine riesige Zelthalle gebaut
werden solle mit Tischen und Bänken, die Arbeitsplätze
für die ganze Lagerbesatzung bietet: dah bestimmte
StundenfürdasLernenfreigehalten wer->
den und daß die älteren Kameraden die Schularbeiten
der jüngeren beaufsichtigen werden. Keiner von uns
dars während des Zeltlagers in der Schule zurückkorn--
men, — das ist unser Ehrgeiz.
«Werdet Ihr aber auch genug ausgeschlase«
haben?" war dann regelmähig die nächste Frage. „Aber
selbstverständlich! Es werden riesige Mengen Stroh bei-
geschafft. Ilnd die nötige Zeit zum Schlafen werden
wir auch haben, dafür sorgt schon unser Fähnleinführer."
Weiter hörten die staunenden Eltern von Fahrvad-
ständern, die wir bauen werden, einem Gestell für die
vielen Schulbücher, einer eigenen Wasserleitung und vie-
len anderen Einrichtungen. „Das ist ja schvn sast kein
Lager mehr, sondern ein grohes Heim im Freien," mein-
ten dann viele. Ilnd das soll dieses Schulzcltlager auch
wirklich sein. Es soll vielen Pimpsen eine Wvche
lang Heim und Wvhnstätte sein, wo sie iHr
tägliches Leben sühren wie sonst, nur eingegliedert m
die grohe Kameradschaft des Fähnleins. —
Das ist eben das Neue am Schulzeltlager, daß sie
nicht nur wie im Ferienzeltlager ihre Freizeit ge-
meinsam mit Sport und Spiel verbringen, sondern dah
sie im Lager weiterhin ihrer täglichen Schularbeit
nachgehen und dabei in den vielen Kleinigkeiten des All-
tags Kameradschaft beweisen sollen.
Zugleich wird unser Schulzeltlager vielen Land-
fähnlein, die nie Ferienlager durchführen können,
weil die Pimpfe bei der Ernte helfen müssen, eine neue
Möglichkeit des Zeltlagers zeigen. k.
Deutschland? . . . Keiner wcih, wo es ansängt, kei-
ner, wo es aushört. Es hat keine Grenzen in dieser Welt.
Man hat es im Herzen . . . oder man findet es nirgends
und nie... HannsIost.
IM»e K««ft ter «egeilwart.
Ste großr Ausftellung des Ketdelberger Kunflvereins.
Der Heidelberger Kunstverein konnte zur Eröffnung
leiner evweiterten, so repräsentativ wirkenden Räumen
l«um eine eindrucksvollere und hinsichtlich der Qualität
öeachtlichere Ausstellung finden als diese Schau „Deut-
!che Kunst der Gegenwart". Professor Dr.
^chrade hat mit ihr den Versuch gemacht, die Vielfäl-
t'Skeit des gegenwärtigen deutschen Kunstschaffens auf
bern Gebiet der Malerei anzudeuten. Dah es sich nur um
^ndeutungen handeln kann, hat seinen doppelten Grund.
^inmal war es nicht möglich, infolge gleichgerichteter Aus-
liellungen in anderen Orten alles das zusammenzubrkom-
">en, was das Bild noch nach dieser oder jener Seite ab-
^erundet hätte, zum anderen äber bestand die sehr be-
ötühenswerte Absicht, von der immer noch herrschenden
Aepflogenheit überfüllter Ausstellungsräume äbzuweichen.
^ichts ermüdet mehr und schreckt sogar von einem Besuch
?b, «lz wenn man sich Wänden gegenüber befindet, die mit
Bildern tapeziert sind. Nichts beeinträchtigt aber auch die
^ualität des einzelnen Bildes und seine Betrachtung mehr
»ls die allzu enge Nachbarschaft mit anderen. Will man
chso der notwendigen Forderung unserer Zeit nachkommen,
°i« dahin geht, dab die breitesten Volksschichten in unsere
Iusstellungsräume gebracht und so mit den künstlerifchen
^chöpfungen unserer Zeit vertraut gemacht wevden, so
.urf man sie nicht mit einer Unzahl von Kunstwerken
^erschütten. Die ganz lockere Verteilung der Bilder in
°Er Ausstellung des Kunstvereins kann in dieser Beziehung
^is vorbildlich bezeichnet werden.
Trotz dieser klugen und begründeten Einschränkung ist
Qualität, wie gesagt, beachtlich bei aller Unterschiedlich-
in Gehalt und Form. Hinsichtlich der Auswahl dürfte
ALsicht bestantzen haben, das herauszuheben, was mo-
"bisch Mxx Landschaft, Bildnis und Stilleben hinweggeht,
aus dem unmittelbaren und zeitnahen Erleben ge-
^öpfp ist. Freilich mußte man sich gerade hier mit einigen
, ^nigen Andeutungen begnügen, so daß im Großen ge-
'°hen die Landschaft dominiert. Auch der Begriff „Gegen-
Aulius Hetz München): „Bildnis Eva H."
(Aufn.: Hartschuh.)
wart" wurde keineswegs eng gefaßt, indem etwa nur
Werke der allerjüngsten Zeit gezeigt werden. Manche Sig-
natur verrät, daß das Bild schon vor mehreren Aahren
entstanden ist. Für die Kunst istGegenwart überhaupt
ein sehr schwankender Begriff und es war der große Ham-
burger Kunsthistoriker Max Sauevlandt, der in einer sei-
ner Vorlesungen auf üie unumstößlich« Tätsache hinwies,
daß gerade die großen Kunstwerke einer Zeit schon in die
Zukunft vorausgreifen und daß Gegenwart im tiefsten
Sinn die von dem einzelnen Menschen bewußt durchlebte
Zeitspanne des ewigen Geschehens ist. Und noch etwas
anderes wäre hinsichtlich der getroffenen Auswahl zu er-
wähnen. Die mehr als hundert Künstler dieser Ausstel-
lung stammen aus allen Teilen unseres deutschen Vater-
lands. Dadurch ergibt sich für den aufmerksamen Betrach-
ter dje Möglichkeit, den Einfluß der Landschaft auf die
künstlerische Gestaltungsweise zu erkennen. Das ist außer-
ordentlich aufschlußreich und gibt der Ausstellung eine
starke Lebendigkeit, weil damit zur Jndividualität der ein-
zelnen Künstlerpersönlichkeit auch noch die Unterschiede des
landschaftlich bedingten Ausdruckswillens treten. Daraus
ergibt sich allerdings auch zugleich die Tatsache einer durch-
aus unterschiedlichen Einstellung zu den einzelnen Wer-
ken. Denn wie die Landschaft in ihrer Verschiedenartigkeit
auch durchaus verschieden von den einzelnen Menfchen
empfunden wird, ebenso verschisden wird das Cmpfinden
unL damit die Beurteilung des aus dieser Landschaft her-
aus Gewordenen und von ihr Beüingten sein.
Da, wie bereits erwähnt, in dieser Ausstellung mehr
als hundert Werke von fast ebensovielen Künstlern zu
sehen sind, ist eine ins Einzelne gehende Besprechung.nicht
möglich. Es kann sich also nur um das Herausheben des
einen oder anderen Bildes handeln, wobei aus dem oben
Gesagten klar wevden dürfte, daß auch dieses Herausheben
mehr oder weniger von einer individuellen Einstellung be-
einflußt ist. Der große Eingangsraum schlägt gewisser-
matzen das Leitmotiv der Ausstellung an und hat nament-
lich ein Bild, das — leider fast als einzigstes in der ganzen
^Schau — die der hildenden Kunst aus der Gegenwart her-
ausgegebene Thematik verkörpert: den „Fahnenträger"
von Hans Fah (Neustadt), männlich-hevb und kraftvoll,
ohne billige Tendenz, däbei im Malerischen und Zeichne-
rischen von gleich bedeutsamen Können. Jn ähnlichem Sinn
aus dem Geist der Aeit heraus entstanden sind jene Bilder,
die das schaffende Volk darstellen. Auch hierfür gibt es in
diesem Raum markante Beispiele: Max Kaus (Berlin)
verlebendigt in seinem Bild „Junger Bauer mit Ochsen"
die gesammelte, erdnahe und Phrasenlose Arbeitshingäbe
des Nährstandes, Hugo Troendle (München) zeigt in
knapper, klarer Gestaltung die harte Avbeit der „Treitler"
und Hans Stübner (Berlin) fängt den Rhythmus der
Arbeit überhaupt ein mit seinen Skizzen „Volk am Werk"
! zu Wandgemälden im Auftrag der NSDAP für das Ber-
! liner Winterhilfswerk. Jn gewissem Sinn gehört zu diesen
Tätigkeitsbildern auch „Das Drachensteigen" von Otto
! Herbig (Berlini trotz seiner etwas poetisierenden Hal»
! tung, ja man möchte sogar die löbendig bewegte „Pferde-
> dresfur" von Adolf Dahle (Berlin) mit hierher rechnen.
Ein ausgezeichnetes Bild, wenn auch mehr zur älteren
Münchener Schule hinneigend, ist „Alarm" von Oswald
Poetzelberger (München), thematisch zwar nicht deut-
lich erkennbar, malerisch aber bon starkem Können.
Schließlich wäre noch als ein Vertreter der reinen Land-
schaft Ludwig ten Hompel (Düsseldorf) mit seiner
Rheinlandschaft zu nennen, die stimmungsmätzig sehr gut
ist, sowie der Münchener Adolf Iutz mit feiner mhstifchen
„Vision".
Wenn wir uns den übrigen Sälen zuwenden, so wird
die hier angeschlagene Thematik in dieser oder jener Form
immer wiederkehren. Wir begnügen uns, wie gefagt, mit
dem Herausheben dieses oder jenes Bildes. Von den
Bilduisjen sehen wir gleich im unteren Stockwerk,
eines der feffelndsten: „Eva Lissa" von Schuster-
Winkelhoff (München), faszinierend auch in seinem
Kontrast zwischen Weiß und Schwarz. Weiter wären auf
diesem Gebiet noch zu nennen Cärl Schneiders (Ber-
lin)mit seinem Selbstporrät, Julius Heß (München) mit
„Bildnis Eva H.", das schon kompo-sitionell beachtliche
„SelLstbildnis mit Frau" von Leo von König (Berlin),
das fast quattrocentistisch anmutende „Bildnis meiner
Braut" von I. B. Godron (München), sowie die Kinder-
bildnisse der betden Karlsruher Georg Siebert und
Oskar Hagemann. Bemerkenswerterweise sind unsere
Heidelberger Künstler diesmal vor allem mit Bi-ldnissen
vertreten. Dabei überrascht Heinrich Franz besonders.
Sehr lebendig ist das „Herrenbildnis" von Walter
Boeckh, Jgor von Jakimow, der Bildhauer, ist im
Porträt wesentlich packen-der als mit seinen früher ge-
zeigten Landschaften, Ludwig Würtele hat seinen ganz
persönlichen Stil, was immer anzuerkennen ist, und in
dem „Familienbild" von Herbert Graß vereinigen sich
wi-eder die malerische Kultur und das reife Können diefes
Künstlers. Karl OechsIer, der als Heidelberger an
dieser Stelle genannt sei, zeigt sich mit seinem Bild „Be-
reitschaft" von einer recht interessanten Seite.
Ueberblickt man die Fülle der verschiedenen Land-
schaften, so möchte man fast den norddeutschen Künst-
lern den Vorzug geben. Sie alle haben einen starken Stim-
mungsgehalt, sind herb in rhrer Sprache uud erschl-ießen
ihre besonderen Reize vielleicht nicht sofort, darum aber
bisweilen sehr viel nachhaltiger. Hier ist bei der Nennung
äußerste Beschräukung angesichts der Vielzahl noch not-
wendiger. So sei hingewiesen auf das stimrnungsstarke
Bild „Winter in Masuren" von Alfred Partikel (Kö-
uigsberg), auf die „Hafflaudschaft" des Danzigers Fritz
Heidingsfeld, auf die auch techn-isch fesselnden „Fi-
scherhäuser in Purwin" von Ernst Schaumann (Kö-
nigsl«rg). Von den westdeutschen Künstlern bietet Willi
Brandenburg (Krefeld) mit „Neue Straße" ein ganz
besonders hervorrageudes Werk an künstlerischer Form
und Stimmung, Carl Mense (Honnef a. Rh.) erinnert
mit seiner „Ahrlandschaft" etwas an die Romantiker, und
auch der Kölner F. M. Iansen bietet mit „Vorfrühl-ing
im Bröltal" ein stimmungsvolles Stück deutscher Land-
schaft.
Ein in vieler Hinsicht bemerkens-wertes Bild ist die
„Elblandschaft" von Paul Wilhelm (Dresden), in der
die Gewitterstimmung besser getroffen scheint als in „Ge-
witter auf dem Haff" von Karl Eulenstein (Berlin),
das allerdings wieder andere Oualitäten hat. Der Wei-
marer Walther KIemm, der bereits bei der großen
Landfchafts--Ausstellung zu fesseln wußte, gibt mit „Nach
Sonnenuntergang" wiederum eine sehr feine Probe seiner
Kunst. Von den Münchener Künstlern sei auf Hermann
Eulers „Winter" hingewiesen, auch Geigenber-
gers „Florentinische Landschaft" verrät eine starke Künst-
lerpersönlichkeit. Weniger befreunden kann man sich mit
„Dezemberabend" von Josef Achmann (München), bei
dem man das Gefühl einer gewollten Originalität hat.
Eine große Ruhe geht von Hermann Gradls (Nürn-
b?rg) „Erpeler Leh am Rhein" aus. Viel Kultur zeigen -die
künstlerisch reifen Landschaften von Hermann GoebeI
(Kavlsruhe), vor allem der „Garten im Spätherbst". Der
Mhstizismus von Hans Adolf Bühler (Karlsruhe) be-
herrscht auch die glänzend gekonnte Landschaft „Alt-
Breisach". Uuch hier dürfen ein paar Heidelberger genannt
werden: Hans Winkler-Dentz mit einer sehr kraft-
voll gestalteten Ansicht des Schwetzinger Schloßparks, Os-
kar Schepp mit einem Blick auf Peterstal in seiner be°
kannten Pastell-Manier, Karl Schropp mit einem im-
pulsiv angepackten „Winter in Heidelberg" und schließlich
die Aguarelle von Theodor Waldraff und Hermann
Biegert, sowie das Pastell „Straße in Eberbach" von
Alex Dinkel. Uebrigens sind in einem kleinen Raum ein
paar besonders feine Aauarelle vereint, Werke von Hans
Thoms (Hannover), Josef Nerud (Simbach), Hasso
von Hugo (Berlin), Eugen Croissant (München)
und Max Eichin (Karlsruhe), die in der Qualität zwar
unterschiedlich sind, aber dennoch technisch manchsrlei Jn-
tereffantes bieten.
Wenn wir uuu uoch rm kurzen lleberbljck der graphi-
Max Kaus (Berlin): „Junger Bauer mit Ochsen".
(Aufn.: Hartschuh.)
schen Arbeiten gedenken, so ist bei den Zeichnungen ern
köstliches Blatt von Alfred Kubin „Don Quichotte und
Sancho Pansa" zu nennen, das di« ganze ungemein leben-
dige Linienführung dieses großen Graphilers ebenfo zeigt
wie die gleichfalls farbige Zeichnung „Tändlerei" und die
Lithographie „Tierkreis". Liebsvoll in Kleinigkeiten sich zu
versenken weiß Haffo von Hugo (Berl-in) in „Gräser in
Krug". Künstlerisch ganz bedeutend sind die Zeichnungen
von Albert Burkart (München), auch der Steinstich
„Schi-If im Wind" von Wilhelm Heise (München) ist
außerordentlich qualitätshoch. Auch hier sin-d wiedermn
einige Heidelberger mit prächtigen ArLeiten vertreten, vor
allem Else Winkler-Dentz und Andreas Meier,
dann Karl Senger und Lotte Böckh-Vetter. Bei
den Holzschnitten findet man bekannte Namen wie Herbert
Tucholsji und Mjölnir, den großen Graphiker der
Bewegung, aus technischem Können und künstlerischer
Meisterschaft gestaltete Arbeiten. Sehr zu begrüßen ist,
daß auch die reine Gebrauchsgraphik mit Bucheinbänden,
Ehrendiplomen, Etiketten und andercm zu sehen ist. Ge-
rade bei diesen Arbesten ist die ruhige un-d klare Form-
gebung in Bild und Schrist fehr beachtlich.
Es konnte sich bei dem, was hier über die Ausstellung
ge-sagt wurde, nur um einige, mehr oder minder stark per-
sönlich gefärbte Hinweise handeln, die sich nach jeder Rich-
tung hin unschwer erweitern ließen. Unzweifelhaft biete-t
die Ausstellung eine Fülle von Anregungen und ist, wenn
auch natürlich kein lückenloser, so doch in seiner Auswahl
durchaus treffender Ueberblick über die deutsche Kunst der
Gegen-wart. Mag auch die Qualität unterschiedlich sein»
das allgemeine Ringen um neue Ausdrucks»
formen, die allmähliche Abkehr von überlebter Thema-
tik un-d Gestaltungsart ist erkennbar, oft sogar in über-
raschend schöner Weise. Und dieses Ringen ist ja für den
wahren Künstler immer eine schicksalhafte Notwendigkeit.
Es war ebenfalls der bereits oben zitierte Max Sauer-
landt, der am Schluß seiner großen Vorlesung über die
Kunst der letzten dreißig Lahre das Wort aussprach: „Die
neue Kunst einer Zeit wächst nicht zufällig oder aus neuen
wirtschastlichen Rotwendigkeiten allein — si« sind nur Bs-
flügler der Cntwicklung —, si« wächst <rus einem gei»
stige» Müssen, deffen Wirkung nicht zufällig, son-
dern vcm iunerer Notwendigkeit getragen ift."
Dr. WenrAer Schmidt.