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Hottenroth, Friedrich
Trachten, Haus-, Feld- und Kriegsgeraethschaften der Voelker alter und neuer Zeit: mit 120 Taf. u. zahlr. Holzschnitten (Band 1) — Stuttgart, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.12994#0164
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gleichem Zuschnitte, aber blau oder purpurn mit Goldstickereien. Hauptwaffe der Fusstruppen
sowohl als der Reiter ist der Bogen. Die Reiter tragen Rock und Hosen von geblümtem, stark
wattirtem Baumwollenzeuge; der Rock reicht ein wenig unter die Lenden und ist derart mit Eisen-
stücken besetzt, dass er wohl die Unbequemlichkeit eines Kürasses, aber nicht dessen Vortheile bietet;
die Hosen reichen bis in die halben Waden und sind auf gleiche Weise gepanzert; jede Bewegung
wird von dem Gerassel der Eisenstücke begleitet. Der Helm ist trichterförmig wie bei den Bogen-
schützen, der Schild klein und rund. Aus der Ferne gesehen erscheinen die Reiter wie ganz mit Eisen
bedeckt. Der General trägt den weiten kurzen Spenzer (101. 12) und auf der Mütze einen rothen Knopf
von Korallen; der Oberst einen blauen von Glas. Nur ein siegreicher Feldherr hat das Recht auf einen
Knopf von Rubinen und eine doppelaugige Pfauenfeder. Der Adel, ein gelber Ueberrock mit vier
Drachen in Goldstickerei und ein gelber Gürtel stehen nur dem mehrfachen Sieger zu. Die kaiserliche
Garde erscheint völlig so wie die Bogenschützen ausgerüstet (101. s). Von grosser Schönheit ist die
Rüstung des Kaisers (102. 11); zu derselben gehören drei ärmellose Röcke, welche über einander
angelegt werden, dergestalt, dass der kürzere dem längeren folgt und die Aermel des gelben Untcr-
gewandes frei bleiben. Der oberste und kürzeste Rock ist mit buntfarbiger Seide ausgenäht, vor-
wiegend mit gelber; der zweite ist reihenweis mit Stahlplättchen besetzt; der unterste, welcher
nur wenig hervortritt, überreich mit Gold gestickt und breit mit dunkelblauem Sammet eingefasst.
Sämmtliche Röcke schimmern über und über von kleinen Goldknöpfchen , die wie darauf geregnet
sind. Breite Decken liegen auf den Schultern, glänzend von Gold und Perlmutter; eine goldene
Schuppenrüstung umschliesst die Unterschenkel; den Kopf deckt ein trichterförmiger Helm von Gold,
mit Edelsteinen und einem Busche besetzt; um Wangen und Hals schliessen sich gestickte Laschen.

Der Bogen sammt Pfeilen und Köcher gehört zu den ältesten Waffen der Chinesen
und ist heute noch beliebter, als das Feuergewehr; die Chinesen sind vorzüglich auf den Pfeil-
schuss eingeübt. Das Schwert ist ziemlich kurz, leicht gekrümmt, auf der ausgebauchten Seite
scharf und häufig gleich einem Seymitare gegen das Ende hin breiter; es hat ein Stichblatt, sonst
aber weder Parierstange noch Esclshuf und Korb; der Griff ist umwickelt; die Scheide ist ge-
wöhnlich schwarz, sonst purpurfarben oder gelb. Das Schwert hängt auf der linken Seite und
zwar mit dem Griffe nach hinten, so dass der Soldat mit der Rechten über den Rücken greifen muss,
um es herauszunehmen. Ausserdem führen die Chinesen noch Lanzen von allen Sorten, Helle-
barden mit halbmondförmiger Klinge und sensenartige Piken mit gräulich aussehenden Zähnen, so-
wie Beile und Aextc mit langen Stielen, die farbig lackirt (108. 20-30). Die Handfeuerwaffen
bestehen aus Haken- und Luntenflinten (108. ac); sie sind oft von grosser Länge und Schwere
und haben in diesem Falle gegen vorn hin eine bewegliche Gabel zum Auflegen; die Schäfte sind
verschiedengestaltet. Der Bogen nimmt unter den chinesischen Waffen den ersten Rang ein, die
Flinte den zweiten, das schwere Geschütz den letzten. Soweit sie nicht europäisches Fabrikat, gleicht
die chinesiche Artilleriewaffe noch völlig dem Geschütze, das bei uns vom 14. bis 16. Jahr-
hundert üblich war (108. io-ie). Da finden wir Kanonen aus Eisenschienen, welche in der Seele
der Länge nach aneinandergesetzt, ausserhalb vermittelst zusammengeschweisster Ringe und einem
darumliegenden Mantel von Gusseisen verbunden sind. Andere Rohre bestehen lediglich aus
Ringen mit Gussmantel, oder aus geschmiedetem Eisen mit eingelassenen Ringen. Es gibt auch
Rohre von Messing und reinem Kupfer und sogar solche von Holz. Die in den Schiessscharten
befindlichen Geschütze sind dergestalt montirt, dass die Mündung weder höher noch niedriger gerichtet
werden kann (108. a). Aehnliche Rohre finden sich gleich unsern alten Zwillingsfalkaunen paarweise
mit Rädern montirt. Uebrigens haben die Chinesen auch regelrechte Hinterlader (108. 45), welche
nach ähnlichem Prinzipe wie die Armstrong'schen hergestellt sind, nur dass eine Stange statt der
Schraube zur Verwendung kommt. Das wirksamste Geschütz ist eine leichte Drehbasse, das
Zingal, die nur ein- bis zweipfündige Geschosse wirft. Die chinesischen Geschütze sind nicht ge-
bohrt und auch nicht abgedreht, sondern aus der Hand rund gefeilt. Seit Jahrhunderten indess
 
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