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Heydemann, Heinrich
Hallisches Winckelmannsprogramm (Band 8): Alexander der Grosse und Dareios Kodomannos auf unteritalischen Vasenbildern — Halle/​Saale, 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.5995#0027
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geene. Auf einem Prachtkrater der Sammlang Santangelo101 wiederholt sieh das Bild in den
Hauptpunkten — Dionysos und Ariadne fahren auf dem Thiergespann (liier sind es Leoparden)
dahin, gefolgt von einem Paniskos und dem Silen, welchem die Baccha die Anhöhe herauf-
klimmen hilft, während ein Eros voranfliegt und ein Satyr mit Packeln und Krater voraneilt
— so dass unzweifelhaft eine gemeinsame Vorlage anzunehmen ist, deren mehr oder weniger freie
Copieen uns in den heiden Vasenbildern noch vorliegen.

Ausser diesen vier Einzelbildern läuft noch unterhalb des Schlachtenbildcs und der
bacchischen Scene ein Figurenstreifen rings um das Gefäss herum mit einer Darstellung ideali-
sierten Alltagslebens, wie es sich auf den Vasen Grossgriechenlands unendlich häufig findet: neun
Frauen drei Jünglinge und drei Eroten, bald sitzend bald stehend oder gehend, in Gespräch und
.Tändelei mit einander, mit Kästen und Schalen, Spiegeln und fächern, Kränzen und Trauben,
Zweigen und Fackeln, Tympanon und Leiter-Instrument in Händen; die eine Maid hat einen
Schwan auf dem Schoos».

Dieser Fülle gegenständlich verschiedener Darstellungen gegenüber, welche den Schmuck
eines grossen Gefässes bilden, entsteht naturgemäss die Frage, oh der Künstler die Darstellungen
gedankenlos aneinandergereiht hat oder ob er sie bedächtig zusammengestellt, ob er auf gut
Glück und nach Laune in den Vorrath von Vorlagen hineingriff, nur kürzend und ändernd wie
es der Kaum seiner Vase forderte und seinem Geschmack zusagte, oder ob er mit Ueberlegung
und Absicht grade die Seenen wählte, die im Obigen besprochen wurden. Eine umfassende
Untersuchung Uber die Gedanken bez. Nicht-Gedanken der Vasenmaler bei der Auswahl des
figürlichen Schmucks der Gefässe ist noch nicht angestellt. Es unterliegt aber keinem Zweifel,
dass theilweise die dargestellten Seenen absolut willkürlieh und launenhaft ausgewählt sind:
ebenso sicher ist jedoch andererseits, dass die Auswahl öfter mit Absieht getroffen und mit Ueber-
legung gemacht ist. Auch der Maler der ruvesischen Amphora mit dem Alexanderbilde scheint
bei der Auswahl der verschiedenen Darstellungen mit Ueberlegung und Vcrständniss ver-
fahren zu sein.

Das Hauptbild ist das historische Schlaehtenbild mit dem Siege Alexanders des Grossen
über Dareios Kodomannos — das ist der Grundton, auf den die übrigen gestimmt scheinen. Die
Boreasdarstellung verbildlieht vielleicht die erfolgreiche Sehnelle, mit der Alexander ins Perser-
reich einbrach und den König zu Fall brachte: so schnell und unerwartet wie Boreas von
Thrakien her über Attika einstürmte und Oreithyia davontrug, so schnell erschien und siegte auch
der makedonische Fürst. Der Festzug des Dionysos in Mitten seines Thiasos dagegen ist ge-
wählt, weil der Gott Indien erobernd dem Alexander gleichsam die Wege gezeigt und der Sohn
Philipp's allein Kriegszüge aufzuweisen hatte, die den Thaten des Bacchos gleichkamen102;
deshalb stellt zB. Protogenes auf seinem Bilde Alexander mit Pan, dem Feldherrn des Bacchos

litt) ao.687: abg. R. Rochette Choix de peint. de Pomp. i>. 27 no. III (der p. 36 schon auf die Gemein-
samkeit beider Vasenbilder aufmerksam gemacht hat).

102) Vgl. iß. Arrian VI 28, 2 und VII 10, 6; u. a. m.

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