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Heydemann, Heinrich
Hallisches Winckelmannsprogramm (Band 9): Vase caputi mit Theaterdarstellungen — Halle/​Saale, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.5996#0023
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21

Ganz ähnliches wusste Strattis im 'Kallippides' von Herakles zu berichten:

avzixcc 6' r/Qjtaös
xs^iayr] d-egfiäq re xänqov (pXoylöaq
xareßQvge te xarß-' afia (fr. 11)

und so kann immerhin das Vasenbild auf irgend eine verlorne litterarische Quelle zurückgehn,
in der ein solcher 'Essschwank' zwischen Hermes und Herakles ausführlicher behandelt oder
doch kurz erwähnt wurde. Aber ebenso wol wahrscheinlich ist, dass irgend ein Künstler auf
Grand des Gargantuamässigen Appetits des Herakles den Scherz der Vase Santangelo ausgedacht
und entworfen hat — grade so wie es auch bei zwei uns erhaltenen Komödienvasen, die gleich-
falls den 'Fresser' Herakles verherrlichen, nicht mehr zu entscheiden ist, ob sie einem bestimmten
Bühnenspiel oder dem selbsterfindenden Humor eines bildenden Künstlers ihren Ursprung ver-
danken: Petersb. Ermitage no. 1775 (abg. zB. Annali dell'Inst. 1859 Tav. N) und no. 1777 (abg.
und bespr. Wieseler Mon. dell' Inst. VI 35, 1 und Annali 1859 p. 369 ss). Denn auch das Thema
dieses letzteren Vasenbildes dünkt mich die 'Esslust' des Herakles zu sein, der nimmt wo er
nur irgend etwas zum Stillen seines Appetits findet. Alkmene's Sohn — so möchte ich die Dar-
stellung deuten — ist nach Delphi gekommen um das Orakel zu befragen; während Apollon
müssig sich sonnend auf dem Dach seines Tempels sitzt, hat Herakles einen tiefen mit Früchten
gefüllten Korb, eine Opfergabe, von einem Opfertisch sich angeeignet; darüber entsetzt sich ein
Tempeldiener und schreit den Diebstahl zum delphischen Gott empor, Herakles aber ist auf den
Opfertisch gesprungen und zeigt, beutefroh und höhnend, den Fruchtkorb dem über das gottlose
Thun des Helden gleichfalls empörten Apollon.

Auf Seite 22.

Das Bildchen, das zum ersten Mal und zwar in der Grösse des Originals wiedergegeben
wird, bildet den Schmuck einer kleinen rothfigurigen Lekytkos (H. 0,10) aus der Basilicata in der
Vasensammlung des Neapeler Museums no. 2313. So flüchtig und gewöhnlich die Zeichnung, so
interessant die Vorstellung. Dargestellt ist der Kopf eines bartlosen Jünglings, der eine unbärtige
Gesichtsmaske auf Stirn und Scheitel emporgeschoben hat. Keine Darstellung eines Schauspielers,
dessen Masken stets 'Kopfmasken' (d. h. Gesicht und ^Hinterkopf bedeckend) waren und sein
mussten, sondern irgend eine Maskerade, deren Veranlassung und Zweck wir nicht genauer be-
stimmen können. Pollux erwähnt unter den vielen Geräthen des Frauengemachs auch ^agtoxic,
JtQoöcojiiq xal coc ev Aavaioiv '4QiGro<püvt]q nQOömutidiov'' (X 127) und an einer'früheren Stelle
'jtctQmjilq ?] xakov/jevt] jtQoowmg rmv yvvaixmv" (II 53) — also 'Gesichtsmasken' d. h. Masken
die nur das Gesicht bedecken, und solch eine ljiaQcojtig jiqoooox'ic oder jiQoövmiöiov' ist es
auch, die hier der Jüngling trägt. Wozu und wann Frauen derartige 'Gesichtsmasken' trugen,
verräth uns keine Nachricht: geschah es etwa zuweilen um den Teint zu schonen wie solches
im 'galanten Jahrhundert' häufiger der Fall war? Oder vielleicht um bei Ausgängen ganz verhüllt
zu sein, was gewöhnlicher durch den Mantel oder ein besonderes Stück Tuch bewerkstelligt
 
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