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Robert, Carl
Hallisches Winckelmannsprogramm (Band 17): Die Iliupersis des Polygnot — Halle a. S., 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.6003#0085
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Beziehungen auf Athen, Delphi und Knidos.

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Tzetzes zu zweifeln. Wenn weiter derselbe Autor auch auf Kreta einen Antenoridenhügel erwähnt,
so kann dies Confusion mit dem Antenoridenhügel in Libyen sein, der in dem bei Tzetzes unmittelbar
folgenden Lysimachosfragment vorkommt.'"') Aber notwendig ist es nicht; denn wenn die
Antenoridensage, wie wir doch jetzt annehmen müssen, Uber Kreta nach Libyen gekommen ist, so
kann es sehr gut auch bei dem kretischen Kyrene einen Antenoridenhllgel gegeben haben.
Nun hängt aber jene bei Tzetzes erhaltene Erzählung ollenbar aufs engste zusammen mit der
Glaukosepisode der Iliupersis, die wir bei Apollodor lesen, und da in jenem Abschnitt des Tzetzes
auch sonst mehrfach Bruchstücke aus dem verloreneu Schluss der Apollodorisehen Bibliothek ent-
halten sind:,l>), so werden wir auch in der Erzählung von den Antenoriden auf Kreta ein Fragment
jenes Handbuches erkennen, das ich EL Wagner in seiner Apollodorausgabe nicht zu vergessen bitte.1")
Die Uebereinstimmung mit Polygnot wird nun aber dadurch noch ganz besonders augenfällig, dass
der Antenoride Eurymachos nur auf dessen Bild und in dem eben erkannten Apollodorfragnient
vorkommt, während sonst der oder die Brüder des Glaukos andere Namen tragen.'12) Daraus ergiebt
sich, dass auch für die Geschichte der Antenoriden Polygnot und das Handbuch dieselbe Quelle
haben; ob dies wieder Arktinos ist, bei dem die späteren Schicksale der Antenoriden in Form
einer Prophezeihung der Kassandra oder dem Helenos in den Mund gelegt werden konnten, oder
eine andere Dichtung, lasse ich dahingestellt. Aber noch ein weiteres und für das Verständnis des
Polygnotischen Gemäldes nicht unwesentliches Moment lernen wir aus dem Apollodorfragnient kennen.
Die Antenoriden ziehen nicht einsam aus, sondern sie begleiten den Meuelaos. Dadurch werden zu-
nächst die beiden Eckscenen noch fester mit einander verknüpft. Und weiter fällt auf die Gestalt
des Menelaos ein ganz neues Licht. Meuelaos ist nicht bloss der Ketter der Antenoriden, er bleibt
auch ferner ihr Woltäter, der sie zu ihren neuen Wohnsitzen geleitet. Und was er den Antenoriden
Gutes erzeigt, das erzeigt er mittelbar auch den Kuidiern.:w) So erkennen wir, dass Menelaos
eine Hauptfigur des Bildes ist, und wenn wir nun noch einmal die ganze Composition überfliegen, be-
merken wir, dass Menelaos und die Seinen, zu denen in weiterem Sinne ja auch Nestor und Diomedes,
seine Keisegefährten, gehören, in ziemlich glcichmässigen Abständen über das ganze Bild verteilt sind,
und dass andrerseits die zu Delphi in Verbindung stehenden Figuren, also Aias, Epeios und Sinon, Neop-
tolemos und was zu Neoptolemos gehört, ziemlich regelmässig mit ihnen abwechseln, so dass sich die
delphischen und kindischen Beziehungen wie ein doppeltes Flechtband über die Waudfläche hinziehen.
Wir finden das Schiff und Zelt des Menelaos. dann das Zelt des Neoptolemos und seine Sklavinnen;

2") S. Radtke de Lysimacho Alexandrino fr. XVII.
30) S. R. Wagner, Epit. Vatic. ex Apollod. bibl. 2S0 f.

'■") Wo es einzuordnen ist, lehren die Excerpta Sabbaitica foL 119a p. 170, 32, die zwar stark kürzen', aber
doch den Schiffbruch des Menelaos bei Kreta ausdrücklich erwähnen. Was die Odyssee y 203—itö von den Geführten
des Menelaos meldet ist offenbar später auf die Antenoriden übertragen wurden. S. auch R. Wagner Rhein. Mus. XLYI 412.

3a) S. die Testimonia zu S. Iii.

ss) Herodot IV lt>4 habe ich im Text nicht zu verwerten gewagt, aber in einer Anmerkung muss ich die
Stelle doch eitleren, da sie von den freundlichen Beziehungen, die Knidos wenigstens mit dem libyschen Kyrene
pflog, ein sprechendes Zeugnis ablegt, s. Studniczka a. a. 0. 104. Dass dabei ein alter Zusammenhang mit dem
kretischen Kyrene im Spiele war, dürfen wir zwar vermuten, aber nicht behaupten.

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