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Robert, Carl
Hallisches Winckelmannsprogramm (Band 17): Die Iliupersis des Polygnot — Halle a. S., 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.6003#0071
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III.

Das Bild.

Schon wiederholt halten wir im Verlauf unserer Betrachtung zu constatieren Anlass gehabt,
dass dieselbe Gliederung wie hei der Nekyia auch bei der Iliupersis wiederkehrt. Von den beiden
ungleichen Abteilungen, in die das ganze Bild zerfällt, zeigt die kleinere rechts das Ufer des
Hellespont, die grössere links die Burg von Troja. entsprechend dem Wortlaut des Epigramms
aktOxoftdvtpi IMov uxqojtoXiv.

Die Centren beider Abteilungen springen sofort in die Augen. Links der Altar der Athena
und darttber Kassaudra mit dem Palladion, rechts Helena. Links befinden wir uns auf dem Gipfel
der Akropolis im Bezirk des Burgtempels.1) Zu beiden Seiten des Ceutrums rinden wir zunächst sym-
metrisch gruppiert rechts Aias und Diomedes, links Agamemnon und Menelaos. Diese Reihe setzt sich
nach beiden Seiten hin weiter fort, aber so, dass die Symmetrie allmählich laxer wird, die Gruppe
sich löst, die Handlung leise ausklingt und zu anderem übergeführt wird. So rinden wir also rechts
Odysseus, Akamas und Polypoites, deren Aufmerksamkeit sich noch dem Centrum zuwendet, links
ihnen äusserlich entsprechend, aber in selbständiger Handlung Sinon und Anchialos mit der Leiche
ihres Genossen Laomedon. Wenn so die vornehmsten griechischen Heerführer — bis auf Neoptolemos,
der mit Absicht für eine andere Stelle des Bildes aufgespart ist, — zu beiden Seiten des Ceutrums
und ziemlich in gleicher Höhe mit ihm angeordnet sind, so bildet zugleich Kassaudra die Spitze
einer Pyramide, die die vornehmsten Trojaner, vor Allem die Mitglieder des Königshauses umfasst,
erschlagene Männer und Weiber in Todesangst. An der Basis dieser Pyramide rinden wir in der
Mitte gerade unter dem Centrum Laodike, die schönste der Priamostöchter, rechts von ihr den
Altar des Zeus Herkeios — wir befinden uns also hier im Hofe der Königsburg, die ganz ent-
sprechend der Schilderung der Ilias tiefer als der Athenatempel auf halber Berghöhe gelegen zu
denken ist. Ueber seinem Hausaltar liegt der greise König erschlagen. Links von Laodike um-
klammert ihre Schwester Medusa angstvoll den Säulenuntersatz eines Wasserbeckens — schön
erinnert Welcker an Vergil Aen. 11 400 amphxacquc tcncnt postcs atque oscula figunt — und darüber
liegt getötet ihr Bruder Axion. Wir rinden also in einer wohl aufgebauten Gruppe zusammen-
gefasst Priamos mit seinem Sohn Axion und dreien seiner Töchter, Kassaudra, Laodike und Medusa,

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