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Der Katalog des Pollux.
Mostellaria ebenso ausgesprochen ein δειλός-, ähnlich wird es mit dem νεατίοκος απαλός gewesen
sein, der übrigens gelegentlich auch beide Eigenschaften in sich vereinigen konnte. Bei den
vier Frauenmasken hingegen, den Ehefrauen und den verführten Mädchen, bedeutet die bleiche
Farbe gewiß in der Regel die Ängstlichkeit. Endlich bemerkt der zweite Traktat (67 p. 812 a) über
die rote Gesichtsfarbe: οις τδ χρώμα ερυθρόν, οξείς. Solchen Teint hatten nach Pollux der νεατίοκος
πάγχρι/οτος, der νεατίοκος οΰλος und das τέλειον εταιρικόν, lauter Charaktere, denen niemand die
δξύτιγς absprechen wird. Natürlich finden sich auch Abweichungen, wie ja die beiden Traktate
auch unter sich nicht immer überein stimmen. So lesen wir II 61 (p. 811a) über die krummen
und die stumpfen Nasen: οι επίγρυπον άπδ του μετώπου ευθυς «γομέτην (ρίνα εχοντες) αναιδείς
. . . οι όί ϋιμην εχοντες λάγνοι. Nun sind nach Pollux έπίγρυποι der πρεϋβύτι/ς ηγεμών,
der Parasit und der Schmeichler, Charaktere, von denen die beiden letzten zweifellos
αναιδείς sind, dagegen niemals oder nur in ganz seltenen Ausnahmefällen die erste. Eino
Stumpfnase wird bei dem αγροίκος und dem παράψηΰτον erwähnt. Dieses mag häufig als λάγνον
charakterisiert worden sein, jener selten oder nie. Niemand wird sich, über diese Differenzen
verwundern. Worauf ich hinaus will, ist, daß bei Ausgestaltung der Masken ähnliche, wenn
auch keineswegs völlig identische, physiognomische Gesichtspunkte mitgesprochen haben, wie sie
in den beiden peripatetischen Traktaten niedergelegt sind, und daß der Schriftsteller, auf den
das Verzeichnis zurückgeht, mit diesen Gesichtspunkten bekannt war und solche Bekanntschaft
auch bei seinen Lesern voraussetzte. Weil es mir hierauf ankam, habe ich nur mit solchen
Masken operiert, für die das betreffende Kriterium bei Pollux bezeugt wird, unter Ausschluß
derjenigen, für die wir das Vorhandensein desselben Kriteriums nur durch die Bildwerke lernen.
In seiner Dissertation De lulii Pollucis in apparatu scaenico enarrando fontibus hat be-
kanntlich Erwin Rohde den Nachweis geführt, daß Pollux den Abschnitt über das griechische
Theater aus der θεατρική ίοτορία des Juba entnommen, Juba selbst aber, wenn auch nicht direkt,
so doch durch Mittelglieder aus Aristophanes von Byzanz geschöpft hat. Speziell für die
Maskenkapitel ließ sich dieser Nachweis aus Mangel an Parallelstellen allerdings nicht erbringen;
aber es versteht sich von selbst, daß, was für das Ganze erwiesen ist, auch für diesen Teil-
abschnitt gilt. Schon vor Rohde hatte August Nauck auf die Möglichkeit hingewiesen, daß die
Angaben des Pollux zum großen Teil auf Aristophanes von Byzanz, und zwar auf dessen
Monographie περί προΰώπων, zurückgehen könnten1, und mit etwas größerer Bestimmtheit,
wenn auch immer noch etwas zaghaft, hat dasselbe Leopold Cohn ausgesprochen2. Sehen wir
nun, wie vorzüglich dies Verzeichnis zu den Stücken aus der Blütezeit der via paßt, wie nahe
es sich mit den physiognomischen Anschauungen der hellenistischen Zeit berührt, vor allem
aber wie systematisch es angelegt ist, so dürfen wir im Anschluß an die genannten Forscher
nicht ohne Zuversicht behaupten, daß wir in jenen Kapiteln des Pollux den Maskenkatalog des
großen alexandrinischen Grammatikers vor uns haben, und zwar vollständig und ohne spätere
1) Aristophanis Byzantii fragmenta p. 276 s.
-) In Pauly-Wissowas Realeneyklopädie unter Aristophanes v. Byzanz II Sp. 1004.
Der Katalog des Pollux.
Mostellaria ebenso ausgesprochen ein δειλός-, ähnlich wird es mit dem νεατίοκος απαλός gewesen
sein, der übrigens gelegentlich auch beide Eigenschaften in sich vereinigen konnte. Bei den
vier Frauenmasken hingegen, den Ehefrauen und den verführten Mädchen, bedeutet die bleiche
Farbe gewiß in der Regel die Ängstlichkeit. Endlich bemerkt der zweite Traktat (67 p. 812 a) über
die rote Gesichtsfarbe: οις τδ χρώμα ερυθρόν, οξείς. Solchen Teint hatten nach Pollux der νεατίοκος
πάγχρι/οτος, der νεατίοκος οΰλος und das τέλειον εταιρικόν, lauter Charaktere, denen niemand die
δξύτιγς absprechen wird. Natürlich finden sich auch Abweichungen, wie ja die beiden Traktate
auch unter sich nicht immer überein stimmen. So lesen wir II 61 (p. 811a) über die krummen
und die stumpfen Nasen: οι επίγρυπον άπδ του μετώπου ευθυς «γομέτην (ρίνα εχοντες) αναιδείς
. . . οι όί ϋιμην εχοντες λάγνοι. Nun sind nach Pollux έπίγρυποι der πρεϋβύτι/ς ηγεμών,
der Parasit und der Schmeichler, Charaktere, von denen die beiden letzten zweifellos
αναιδείς sind, dagegen niemals oder nur in ganz seltenen Ausnahmefällen die erste. Eino
Stumpfnase wird bei dem αγροίκος und dem παράψηΰτον erwähnt. Dieses mag häufig als λάγνον
charakterisiert worden sein, jener selten oder nie. Niemand wird sich, über diese Differenzen
verwundern. Worauf ich hinaus will, ist, daß bei Ausgestaltung der Masken ähnliche, wenn
auch keineswegs völlig identische, physiognomische Gesichtspunkte mitgesprochen haben, wie sie
in den beiden peripatetischen Traktaten niedergelegt sind, und daß der Schriftsteller, auf den
das Verzeichnis zurückgeht, mit diesen Gesichtspunkten bekannt war und solche Bekanntschaft
auch bei seinen Lesern voraussetzte. Weil es mir hierauf ankam, habe ich nur mit solchen
Masken operiert, für die das betreffende Kriterium bei Pollux bezeugt wird, unter Ausschluß
derjenigen, für die wir das Vorhandensein desselben Kriteriums nur durch die Bildwerke lernen.
In seiner Dissertation De lulii Pollucis in apparatu scaenico enarrando fontibus hat be-
kanntlich Erwin Rohde den Nachweis geführt, daß Pollux den Abschnitt über das griechische
Theater aus der θεατρική ίοτορία des Juba entnommen, Juba selbst aber, wenn auch nicht direkt,
so doch durch Mittelglieder aus Aristophanes von Byzanz geschöpft hat. Speziell für die
Maskenkapitel ließ sich dieser Nachweis aus Mangel an Parallelstellen allerdings nicht erbringen;
aber es versteht sich von selbst, daß, was für das Ganze erwiesen ist, auch für diesen Teil-
abschnitt gilt. Schon vor Rohde hatte August Nauck auf die Möglichkeit hingewiesen, daß die
Angaben des Pollux zum großen Teil auf Aristophanes von Byzanz, und zwar auf dessen
Monographie περί προΰώπων, zurückgehen könnten1, und mit etwas größerer Bestimmtheit,
wenn auch immer noch etwas zaghaft, hat dasselbe Leopold Cohn ausgesprochen2. Sehen wir
nun, wie vorzüglich dies Verzeichnis zu den Stücken aus der Blütezeit der via paßt, wie nahe
es sich mit den physiognomischen Anschauungen der hellenistischen Zeit berührt, vor allem
aber wie systematisch es angelegt ist, so dürfen wir im Anschluß an die genannten Forscher
nicht ohne Zuversicht behaupten, daß wir in jenen Kapiteln des Pollux den Maskenkatalog des
großen alexandrinischen Grammatikers vor uns haben, und zwar vollständig und ohne spätere
1) Aristophanis Byzantii fragmenta p. 276 s.
-) In Pauly-Wissowas Realeneyklopädie unter Aristophanes v. Byzanz II Sp. 1004.