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Lankheit, Klaus
Florentinische Barockplastik: die Kunst am Hofe der letzten Medici ; 1670 - 1743 — Italienische Forschungen: München, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.34853#0198
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geblichen Versuch Soldanis erzählt, Magliabecchi im Aufträge des Großhetzogs zu porträtieren. Da der weltberühmte,
aber grundhäßliche Antonio sogar diesem Befehl seines. Herrn die Stirne bot und dem Münzmeister eine Sitzung ver-
sagte, nimmt es nicht wunder, daß auch Ticciati das Bildnis »alla macchia« - das heißt hier: aus dem Gedächtnis -
modellieren mußte. Von den Medaillen auf diesen kauzigen Gelehrten dürfte Ticciatis diejenige sein, die rückseitig
die Darstellung eines Tisches mit Manuskripten und gefüllter Bücherschränke mit der Umschrift »vivvNT - QviA -
vivo« zeigt *4^. Von anderen Schülern des Hof bildhauers sind nur einzelne Arbeiten dieser Gattung bekanntgeworden.
Daß AUfA'H sich mit einer Bronzemedaille auf Papst Innozenz XII. in Rom eingeführt haben dürfte, ist be-
reits besprochen worden (S. 183). ZüwrV/1, der sowohl bei Cosimo Merlini wie bei Foggini gelernt hat,
hinterließ eine Huldigung an die Sängerin Faustina Bordoni von 1723 mit zwei verschiedenen Reversen, deren einer
wohl die Begegnung des Odysseus und seiner Gefährten mit der »Sirene« Faustina darstellt *47.
Doch waren dies alles seltene Ausnahmen. Im Lebenswerk anderer Florentiner Bildhauer dagegen, die meist große
Marmorskulpturen gearbeitet haben, gebührt der Gußmedaille ein nicht unwichtiger Platz. Sei es, daß diese Künstler
in einer gewissen Periode ihres Schadens Gefallen an dem äußerste manuelle Geschicklichkeit fordernden Kleinfor-
mat fanden, sei es, daß sie durch bestimmte Auftraggeber dazu veranlaßt wurden; stets blieb auch bei ihnen Florenz
der Mutterboden, auf dem einzig dieser Kunstzweig erblühte. ist ein Beispiel dafür. Alle seine
Medaillen - mindestens zwölf - sind während des Aufenthaltes in der Heimat entstanden, mit seiner Übersiedlung
nach Rom war diese Tätigkeit beendet. Der früheste Versuch wurde durch den Aufenthalt Frederiks IV. von Däne-
mark ausgelöst. Die Kunstliebe des Königs und die bedeutenden Käufe in der Werkstatt Barattas scheinen sich unter
den Künstlern der Stadt schnell herumgesprochen zu haben. So suchte man allenthalben des Herrschers Aufmerk-
samkeit zu erregen. Das Marmorrelief des Giovacchino Fortini muß - wie wir erörtert haben - bei dieser Gelegen-
heit entstanden sein. Montauti schuf gleichzeitig seine erste Medaille. Sie zeigt vorn das Bildnis Frederiks, auf der
Rückseite die Gestalt des lagernden Flußgottes Arno vor der Stadt mit der Legende » - FELicissiMO - ADVENTVi -
FLORENTiAE - *48«. Der Bildhauer scheint mit seiner Huldigung erfolgreicher gewesen zu sein als Fortini. Der König
nahm sie offenbar gnädig an und ließ Montauti ein Geldgeschenk auszahlen*49. Die Medaille ist vielleicht die beste
von der Hand des Meisters geblieben. Die sehr chrakteristischen, aber nicht gerade schönen Züge sind durch das Pro61
gemildert und zugleich idealisiert; Perücke, Panzer und Paludamentum sind genau, doch ohne Kleinteiligkeit wieder-
gegeben. Die allegorische Komposition des Reverses fügt sich dem Rund gut ein und verzichtet auf allzu vieles
Detail. Einen so glücklichen Ausgleich von individueller Erscheinung und idealistischer Steigerung des Menschen
hat Montauti nicht immer erreicht. Auf das Ganze gesehen scheinen für seine Medaillen gerade starke Schwankungen
in Stil und künstlerischem Wert bezeichnend. Die realistische Auffassung, die sich in seinen Marmorbüsten wieder-
hndet, gewinnt zuweilen das Übergewicht. So tritt die Absicht scharfer Charakterisierung in der 1711 datierten
Medaille auf den Prior Orazio Ricasoli, deren Rückseite ein einfaches Emblem schmückt, deutlich hervor, aber die
sehr plastische Modellierung von Schulter und Haaren gefährdet die einheitliche Flächigkeit des Reliefs *5°. Es er-
scheint kaum glaublich, daß im folgenden Jahre 1712 ein so ausgeglichenes Bildnis wie das des Conte Lodovico
Magalotti entstand, das die Würde dieses Mannes überzeugend spiegelt*^*. Montauti hat mit unterschiedlichem Ge-
lingen den Kardinal Francesco Maria de* Medici, den Senator Filippo Buonarroti, den venezianischen Feldmarschall
Grafen Schulenburg, die Prinzessin Violante Beatrix und - vermutlich durch deren Vermittlung-auch den Kur-
fürsten Max Emanuel von Bayern porträtiert. Daß es sich bei ihm in der Tat weniger um eine Entwicklung als um
Schwankungen in der Leistung handelt, lehrt der Vergleich zweier Medaillen auf Giovanni Gastone, von denen die
erste vor 1723 gearbeitet worden sein muß, die andere das Datum 1731 trägt *56 Wäre nicht das verschiedene Lebensalter
des Dargestellten zu bemerken, so würde man schwerlich die eine später als die andere ansetzen. Daß die signierten
Medaillen Montautis andererseits für die Bestimmung großformatiger Skulpturen herangezogen werden können,
darauf ist bei der Besprechung der Marmorbüsten des Bildhauers hingewiesen worden.
Eine Medaille des FoHiw hat uns nicht nur die Zuschreibung einer Büste ermöglicht, sondern auch die
Identihzierung der dargestellten Persönlichkeit *53. Es ist die auf den Marchese Fabio Feroni. Mit der Jahreszahl 1702
die früheste des Künstlers überhaupt, weist sie Fortini doch als geschulten Praktiker aus. Seine datierten Stücke
umspannen mehr als eineinhalb Jahrzehnte. Wie bei Montauti kann man auch bei ihm während dieser Periode kaum

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