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DAS DECKENGEMÄLDE DER DIV!NA SAP!ENZA
„Divina Sapienza" schmückte (Abb. 8). Das geräumige, etwa zehn Meter
im Geviert messende Gemach, das ebenso wie der anstoßende Raum mit
Camassei's „Engeischöpfung" durch einen Umbau der Sala vecchia des
aiten Palastes der Sforza entstanden war, ist erst im 19. Jahrhundert durch
eine in zweidrittei Höhe eingezogene Zwischendecke zerstört worden. Zwei
Fenster, von denen eines als Türe auf den Mittelbalkon der Seitenfassade
führt, blicken nach Westen auf die Piazza Barberini, den Fenstern gegen-
über führt eine Türe in die Hauskapelle (Cappella nuova del piano nobile).
Gegen die flachgewölbte Decke werden die Wände von einem in Weiß und
Gold gehaltenen Gesims abgeschlossen, dessen Fries ein Gerank sphinx-
artiger Wesen in vergoldetem Stukkorelief füllt. Einen zweiten Fries
darüber überragen in den vier Ecken in Stukko nachahmender Malerei
ebensoviele Sirenen, die über den gekrönten Häuptern die goldene Sonne
des barberinischen Wappens emporhalten.
Der Gegenstand des Deckenfreskos entstammt demselben Gedanken-
kreise wie Cortonas Malerei im großen Saal, für die Francesco Bracciolini
das Programm entworfen hat. Den Schlüssel zur Deutung des allegorischen
Sinnes bietet das biblische „Liber Sapientiae". Die göttliche Weisheit als
Urgrund aller Tugenden bildet das Hauptmotiv mit Beziehung auf den
Papst und seine Familie, „che e nata et eletta in luogo d' Iddio, per !i
primi governi della Chiesa, cosi con divina Sapienza, parimente amata e
riverita, la governa"*). Weisheit ist das höchste Gut, mehr als jedem
anderen ist sie dem Herrscher vonnöten, ihr Besitz wird ihm ewigen Ruhm
verleihen^).
Die Wölbung des Plafonds stellt den Himmelsraum dar. Über lichten
Wolken, auf goldenem Thron, von goldenen Löwen als Sinnbildern der
Wachsamkeit behütet, sitzt eine Jungfrau in azurblauer Gewandung und
schimmerndem weißem Mantel, dessen Farbe ihre Rlarheit verkündet. Ein
Sternenkranz umgibt das gekrönte Haupt, eine strahlende Glorie geht von
ihr aus (candor lucis aeternae). Auf ihrer Brust leuchtet die Sonne (est
speciosior sole et super omnem dispositionem stellarum), das Sinnbild
schöpferischer Rraft der Gottheit und zugleich das Wappenzeichen der
9 Bibüoteca Vaticana: Cod. Barberini Lat. 6529, 52. Camera deiia Divina Sapienza. —
G. incisa deiia Rocchetta (L'Arte XXVH, 64) ist geneigt, den Maier selbst für den Ver-
fasser dieses Programms zu halten, das präziser als die Beschreibungen Tetis und
Passeris ist. — Passeri, 314 und Tetius, Aedes Barberinae, 83.
3) Si ergo delectamini sedibus et sceptris, o reges popuii, diiigite sapientiam et in
perpetuum regnatis (Lib. Sap. VI, 22).
DAS DECKENGEMÄLDE DER DIV!NA SAP!ENZA
„Divina Sapienza" schmückte (Abb. 8). Das geräumige, etwa zehn Meter
im Geviert messende Gemach, das ebenso wie der anstoßende Raum mit
Camassei's „Engeischöpfung" durch einen Umbau der Sala vecchia des
aiten Palastes der Sforza entstanden war, ist erst im 19. Jahrhundert durch
eine in zweidrittei Höhe eingezogene Zwischendecke zerstört worden. Zwei
Fenster, von denen eines als Türe auf den Mittelbalkon der Seitenfassade
führt, blicken nach Westen auf die Piazza Barberini, den Fenstern gegen-
über führt eine Türe in die Hauskapelle (Cappella nuova del piano nobile).
Gegen die flachgewölbte Decke werden die Wände von einem in Weiß und
Gold gehaltenen Gesims abgeschlossen, dessen Fries ein Gerank sphinx-
artiger Wesen in vergoldetem Stukkorelief füllt. Einen zweiten Fries
darüber überragen in den vier Ecken in Stukko nachahmender Malerei
ebensoviele Sirenen, die über den gekrönten Häuptern die goldene Sonne
des barberinischen Wappens emporhalten.
Der Gegenstand des Deckenfreskos entstammt demselben Gedanken-
kreise wie Cortonas Malerei im großen Saal, für die Francesco Bracciolini
das Programm entworfen hat. Den Schlüssel zur Deutung des allegorischen
Sinnes bietet das biblische „Liber Sapientiae". Die göttliche Weisheit als
Urgrund aller Tugenden bildet das Hauptmotiv mit Beziehung auf den
Papst und seine Familie, „che e nata et eletta in luogo d' Iddio, per !i
primi governi della Chiesa, cosi con divina Sapienza, parimente amata e
riverita, la governa"*). Weisheit ist das höchste Gut, mehr als jedem
anderen ist sie dem Herrscher vonnöten, ihr Besitz wird ihm ewigen Ruhm
verleihen^).
Die Wölbung des Plafonds stellt den Himmelsraum dar. Über lichten
Wolken, auf goldenem Thron, von goldenen Löwen als Sinnbildern der
Wachsamkeit behütet, sitzt eine Jungfrau in azurblauer Gewandung und
schimmerndem weißem Mantel, dessen Farbe ihre Rlarheit verkündet. Ein
Sternenkranz umgibt das gekrönte Haupt, eine strahlende Glorie geht von
ihr aus (candor lucis aeternae). Auf ihrer Brust leuchtet die Sonne (est
speciosior sole et super omnem dispositionem stellarum), das Sinnbild
schöpferischer Rraft der Gottheit und zugleich das Wappenzeichen der
9 Bibüoteca Vaticana: Cod. Barberini Lat. 6529, 52. Camera deiia Divina Sapienza. —
G. incisa deiia Rocchetta (L'Arte XXVH, 64) ist geneigt, den Maier selbst für den Ver-
fasser dieses Programms zu halten, das präziser als die Beschreibungen Tetis und
Passeris ist. — Passeri, 314 und Tetius, Aedes Barberinae, 83.
3) Si ergo delectamini sedibus et sceptris, o reges popuii, diiigite sapientiam et in
perpetuum regnatis (Lib. Sap. VI, 22).