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Posse, Hans
Der römische Maler Andrea Sacchi: ein Beitrag zur Geschichte der klassizistischen Bewegung im Barock — Italienische Forschungen, Neue Folge, Band 1: Leipzig, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.34605#0181
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ZUSAMMENHÄNGE MIT DER KLASSISCHEN TRADITION

die Farbe, für deren Melodik Sacchi, wie schon seine Teilnahme an Baroc-
cis Kunst bezeugti), ein feines Gefühl besitzt, dient denselben Absichten.
Die Technik seiner Bilder ist nicht fest und vertrieben nach carracceskem
Schulbrauch, sondern lockerer und flüssiger, sie trägt dem Reiz des leichten
Pinselstrichs, der malerischen Materie Rechnung. Pascoli nennt ihn „mae-
stro di color", Scaramuccia rühmt seine weiche Malweise und noch Lanzi
feiert ihn als den bedeutendsten Koloristen, dessen sich die römische Schule
seit ihrem Hauptmeister Raffael rühmen könne, ln der lockeren und siche*
ren Breite seines Vortrags, der ,,Bravur seines Pinsels" fand Passeri einen
der Hauptvorzüge dieses Malers, und er spricht anläßlich des Antonius-
wunders bei den Cappuccini voll ehrlicher Bewunderung über jenen male-
rischen Stil der 30er Jahre und seine weiche Harmonie des goldbraunen
Tones, aus dem wenige klarfarbige Akzente aufleuchten und Sinn und
Führung des kompositionellen Aufbaus klären helfen. Auch auf d-iesem
Gebiete nimmt Sacchi eine Mittelstellung ein, zwischen den mit starken Licht-
und Schattenkontrasten arbeitenden Tenebrosi und der Schönfarbigkeit der
Hellmaler, gegen die er sich in der Lektion wendet, weil sie der Forderung
plastischer Wirkung nicht Genüge leisteten. Trotzdem unter den Eindrücken
der oberitalienischen Reise in den Arbeiten um 1640 die Geschlossenheit
des malerischen Tons sich zunächst noch steigert, klärt sich doch schon
bald die Palette zu reicherer Farbigkeit auf, zu einer zarten Harmonisie-
rung schöner, mit eigenartigem Geschmack zusammengestellter Farben, die
in ein weiches und doch kräftiges Helldunkel gebettet sind. Fast immer
baut sich die farbige Konzeption auf Weiß und Grau auf, die den reichen
Zwischentönen ihren zarten Klang, den ungebrochenen Hauptfarben ihre
Leuchtkraft geben. Aber auch die Farbe hat bei Sacchi nie rein dekora-
tive Bedeutung, sondern sie ist dem Sinn und dem Aufbau der dargestellten
Aktion streng untergeordnet. Wie im ,,Transito di S. Anna", dem „Dädalus"
oder der ,,Verkündigung Johannis" leiten entsprechend der kompositioneilen
Linienführung gebrochene Töne in reichen Übergängen auf den durch einen
klingenden Hauptakzent betonten Kern des dargestellten Gegenstandes.
Luigi Scaramuccia, in dessen „Finezze de' pennelli italiani" von 1674
der ,,Genius Raffaels" selbst die Rolle des Führers durch die Hauptkunst-
stätten Italiens übernommen hat, stellt Andrea Sacchi unter die ersten
neueren Maler Italiens, ,,il quäle investigando sempre con que! buon gusto

h Dagegen nennt Bernini den Barocci ,,einen Btender, einen billigen Schönfärber"
(Tagebuch des Herrn von Chanteiou, München 1919 [bearb. von H. Rose], 15).
 
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