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Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung — 23.1875

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Heft 13
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https://doi.org/10.11588/diglit.62253#0321
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Zwölf Millionen.
Roman
von
Emil Golksriau.
(Fortsetzung.)
V.
Diese Geschichte des Herrn Vincenz, wie sie sich die beiden
ehrenwerthen Dienstgenossen erzählten, war in gewisser Art
die gewöhnliche Legende von dem Gelde Anderer, nach dem

man so gierig strebt und das man sich mit so großer Wuth
streitig macht. Was mit der Flöte gewonnen wird, geht mit
Pauken und Trompeten verloren. Das gestohlene Geld hat
verhängnißvolle Abgründe und wird unaufhaltsam im Spiel,
an Stallknechte, Dirnen, an alle zu Grunde richtenden
Launen und unreinen Begierden verschleudert. Selten sind
unter den frechen Plünderern der Spekulation Diejenigen,
welche wirklich vom Gute Anderer profitiren, so selten, daß
man sie mit Fingern bezeichnen und zählen kann, wie man
die Frauenzimmer zählt, die, von der Straße in eine Woh-
nung für fünfhundert Louis versetzt, sich zu halten wissen.
Das Schicksal aller Andern ist schon im Voraus festgestellt.

Ergriffen vom Zauber plötzlichen Reichthums, verlieren sie
alles Maß und alle Vorsicht, Sei es, daß sie ihre Ader für
unerschöpflich halten, oder daß sie einen jähen Umschlag
fürchten, sie leben rasch, genießen gewissermaßen doppelte
Bissen, wie die Schnellzug-Reisenden auf Stationen mit fünf
Minuten Aufenthalt.
Sie füllen die berühmten Restaurants, die großen Cafös,
die Theater, die Zirkel, die Rennbahnen mit dem Geräusch
ihrer unverschämten Persönlichkeiten, mit dem lauten Schall
ihrer Stimme, mit dem Luxus ihrer Liebhaberinnen, mit dem
Lärm ihrer Verschwendung und den Lächerlichkeiten ihrer Eitel-
keit . . . Und sie verschlaudern und verschleudern das geraubte

Ortginatzelchnung von H, Castelli.


Lllustr. Welt. XXIII. 13.

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