Die Pubertätsriten der Wilden
205
in die Männergemeinsdiart durch zwei Prozesse erkauft: werden:
durch die Kastration <deren Äquivalent die Beschneidung ist) und
durch Qualen und Martern anderer Art, Eine Beziehung dieser
beiden Vorgänge wurde von uns schon in der Sühnung der in-
zestuösen und feindseligen Impulse gefunden, Eine zweite ergibt
sich durch folgende Tatsachen: zwischen den jungen Leuten, welche
gemeinsam an einer Pubertätsweihe teilnahmen, besteht ein festes
Kameradschaftsverhältnis/ zwischen diesen Knaben und den älteren,
bereits eingeweihten Männern, findet anläßlich der Pubertätsriten eine
Zeremonie der Blutsbrüderschaft statt.
IX.
Bei den meisten Australnegerstämmen werden die gleichzeitig
Beschnittenen als besonders eng verbunden betrachtet,- dieNarrin-
yeri benennen dieses Verhältnis mit einem eigenen Namen <wirake>.
Bei den Hereros gelten diese jungen Leute als Freunde,- man wartet
mit dem Beschneidungsfest, bis eine größere Anzahl Knaben heran-
gewachsen ist, die nun eine Art Altersklasse bildet. Bei den Negern
bilden die gleichzeitig Beschnittenen eine Gefolgschaft unter Führung
des Häuptlingssohnes. Die Kaffern warten oft jahrelang, bis ein
Häuptlingssohn herangewachsen ist, mit der Beschneidung der Jüng-
linge, welche nun dem jungen Prinzen untergeben sind1. Der Freund-
schaftsbund, der die zur selben Zeit Beschnittenen umfaßt, hat für
das ganze fernere Leben Bestand.
Vielleicht noch wichtiger als das Schließen dieser Bündnisse
sind die Zeremonien, durch welche die älteren Männer des Stammes
<also die Vätergeneration) mit den jungen Leuten verbündet werden
sollen. So berichten Spencer und Gillen von der Kuntamarazere-
monie in Zentralaustralien2. Alle Männer des Stammes sammeln
sich bei dieser Gelegenheit im Bette des Baches, wo die Jugend
lagert. Jeder Mann nimmt ein scharfes Messer und schneidet sich
selbst, bis reichlich Blut fließt,- die eben subinzisierten Jünglinge fol-
gen nun dem Beispiele der älteren Männer. Diese Zeremonie, welche
die längst eingeweihten Männer und die eben introzisierte Jugend
des Stammes vereinigt, wird fortgesetzt, indem der beschnittene
Jüngling den Kopf seines Vaters mit ein wenig Blut und mit einem
grünen Zweig das Haupt eines alten Mannes, der zu ihm im Ver-
hältnis des Großvaters steht, berührt. Als Grund dieser Zeremonien
wird angeführt, sie diene dazu, die Heilung der Jugend zu unter-
stützen und den Bund unter den Männern des Stammes zu stärken.
Bei den Mara und Anula-Stämmen läßt man nach der Zirkum-
zision etwas Blut von der Wunde auf die Männer tröpfeln, auf
welche der zu Operierende gelegt wird — um eine besonders innige
' Diese Angaben entnehme ich Schurtz, Altersklassen und Männer-
bünde, p, 126,
2 The Northern Tribes of Central-Australia. p, 359 ff.
205
in die Männergemeinsdiart durch zwei Prozesse erkauft: werden:
durch die Kastration <deren Äquivalent die Beschneidung ist) und
durch Qualen und Martern anderer Art, Eine Beziehung dieser
beiden Vorgänge wurde von uns schon in der Sühnung der in-
zestuösen und feindseligen Impulse gefunden, Eine zweite ergibt
sich durch folgende Tatsachen: zwischen den jungen Leuten, welche
gemeinsam an einer Pubertätsweihe teilnahmen, besteht ein festes
Kameradschaftsverhältnis/ zwischen diesen Knaben und den älteren,
bereits eingeweihten Männern, findet anläßlich der Pubertätsriten eine
Zeremonie der Blutsbrüderschaft statt.
IX.
Bei den meisten Australnegerstämmen werden die gleichzeitig
Beschnittenen als besonders eng verbunden betrachtet,- dieNarrin-
yeri benennen dieses Verhältnis mit einem eigenen Namen <wirake>.
Bei den Hereros gelten diese jungen Leute als Freunde,- man wartet
mit dem Beschneidungsfest, bis eine größere Anzahl Knaben heran-
gewachsen ist, die nun eine Art Altersklasse bildet. Bei den Negern
bilden die gleichzeitig Beschnittenen eine Gefolgschaft unter Führung
des Häuptlingssohnes. Die Kaffern warten oft jahrelang, bis ein
Häuptlingssohn herangewachsen ist, mit der Beschneidung der Jüng-
linge, welche nun dem jungen Prinzen untergeben sind1. Der Freund-
schaftsbund, der die zur selben Zeit Beschnittenen umfaßt, hat für
das ganze fernere Leben Bestand.
Vielleicht noch wichtiger als das Schließen dieser Bündnisse
sind die Zeremonien, durch welche die älteren Männer des Stammes
<also die Vätergeneration) mit den jungen Leuten verbündet werden
sollen. So berichten Spencer und Gillen von der Kuntamarazere-
monie in Zentralaustralien2. Alle Männer des Stammes sammeln
sich bei dieser Gelegenheit im Bette des Baches, wo die Jugend
lagert. Jeder Mann nimmt ein scharfes Messer und schneidet sich
selbst, bis reichlich Blut fließt,- die eben subinzisierten Jünglinge fol-
gen nun dem Beispiele der älteren Männer. Diese Zeremonie, welche
die längst eingeweihten Männer und die eben introzisierte Jugend
des Stammes vereinigt, wird fortgesetzt, indem der beschnittene
Jüngling den Kopf seines Vaters mit ein wenig Blut und mit einem
grünen Zweig das Haupt eines alten Mannes, der zu ihm im Ver-
hältnis des Großvaters steht, berührt. Als Grund dieser Zeremonien
wird angeführt, sie diene dazu, die Heilung der Jugend zu unter-
stützen und den Bund unter den Männern des Stammes zu stärken.
Bei den Mara und Anula-Stämmen läßt man nach der Zirkum-
zision etwas Blut von der Wunde auf die Männer tröpfeln, auf
welche der zu Operierende gelegt wird — um eine besonders innige
' Diese Angaben entnehme ich Schurtz, Altersklassen und Männer-
bünde, p, 126,
2 The Northern Tribes of Central-Australia. p, 359 ff.