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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 8.1922

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VIII. 1
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Furrer, Albert: Tagphantasie eines sechseinhalbjährigen Mädchens
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82

Aibert Furrer

Tagphantasie eines sechseinhaibjährigen Mäd&ens.
Von ALBERT FURRER, Zürich.

*T^\ie von meinem seAseinhalbjährigen TöAterAen produzierte Tag^
)_y phantasie und deren Analyse werden dem erfahrenen Praktiker
kaum etwas Neues zu bieten imstande sein. Wenn ich die Phantasie
dennoch veröffentliche, so tue ich es einmal deswegen, wei! sie mir einen
kasuistischen Beitrag zur Augensymbolik zu tiefem scheint, und sodann
aus der Erwägung heraus, daß es auch für den Routinier immer wieder
lehrreich und vor allem erfrischend sein wird, Produkte der kindlichen
Phantasietätigkeit und die bald naiven, bald witzigen und tollen Einfälle
eines Kindes zur Kenntnis zu nehmen.
Die Situation, welche mein Töchterchen Heidi anregte, mir seine
»DiAtungc vorzutragen, war folgende: Ich lag grippekrank zu Bette,- da
kam — es war am 6. März 1920 — mein Kind zu mir ins Zimmer auf
Krankenbesuch. Wie es ans Bett trat, sagte es gleich: »Gelt dir ist fang^
weilig, soll ich dir eine schöne Geschichte erzählen?^ »O ja, sehr gernec,
gab ich zur Antwort. Augenblicklich hub Heidi zu erzählen anL
Einmal sind drei Buben gewesen und ein Mägdelein. Die Buben
sind an einer Hagedke (Zaun) gestanden und weiter vorn hat es ein
Gebüsch gehabt. Dort drin ist ein LoA gewesen, in dem ist früher mal
ein Tier gewesen. Das Mägdelein hat niAt mit den Buben spielen dürfen.
Da ist das MädAen in jenes GebüsA gegangen zu jenem LoA und da
sind viele, viele SAlangen gekommen und sie sind in dieses LoA hinein^
gegangen. Und das MädAen ist fest ersAro&en und hinausgesprungen aus
dem GebüsA. Und es ist eine böse SAlange gekommen und hat es am
RöAlein gepa&t mit dem Maul. Es hat davon ein LoA gehabt am
Rö&lein. Aber das MädAen ist gleiAwohl noA davon gekommen. Es ist
zur Mutter gerannt. Die hat gesagt: s*Was hast auA du da für ein LoA?<s
Da hat das MädAen gesagt: »IA habe es ja niAt gemaAt, eine böse
SAlange hat es gemaAt.c Da hat die Mutter gesagt: »Wir haben doA
keine SAlangen, Donnerwetter, du hast doA das LoA selber gemaAt. c
Lind die Mutter hat gesagt: »Dann wollen wir mal naAsehen.<c Da sind
sie miteinander gegangen und das Mägdelein hat ein LoA gezeigt, wo
i Ich werde mich bemühen, bei der Übersetzung das SAriftdeutsche
möglichst getreu dem mundartiichen Wortlaut anzupassen.
 
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