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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 10.1924

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Heft 1
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Giese, Fritz: Psychoanalytische Psychotechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.36527#0122
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Dr. Fritz Giese

gewisser Beziehung zu den vorlustbetonten und auch erotisierten Beispielen
rechnen dürfte. Es liegt mir fern, dies sogleich zu behaupten, man muß
aber auf des Tierproblem hindeuten. Die Ausdeutung in Symbolik selber —
in Analogie zur Schlange, Giraffe usw. — halte ich für weniger fruchtbar,
da nur sehr wenige Symbole Allgemeinverständlichkeit und unterbewußte
Gleichförmigkeit erweisen. Etwas anders ist dagegen die kulturelle Symbolik,
wie wir sie in Darstellung der Nationen finden. Wenn ein gegenwärtiges
Plakat im deutschen Ruhrkampf Frankreich in einer Frauengestalt ver-
körperte, die mimisch aufreizend wirkt, so ist diese Symbolik klar. (Ich
bemerke, daß das fragliche Plakat jedoch abirrte, indem es zur Mimik
sadistischer Gesichtszüge einen libidinös anklingenden nackten Frauen-
körper fügte.) In ähnlicher Weise hat Frankreich im Kriege durch die
dortigen Aufrufe zum Schützengrabenkampf die Tragödie des Schlachtfeldes
verniedlicht, indem vielfach der von Frauenhuld belohnte Held oder die
hübsche Amazone im Stahlhelm dem Publikum veranschaulicht ward. Die
französische Reklame ist überhaupt in dieser Beziehung viel offener erotisch,
als unterbewußt erotisierend.
Ich möchte die Betrachtung nicht schließen, ohne auf einen weiteren
interessanten Sachverhalt hinzudeuten, der teilweise herüberführt in einen
wirtschaftspsychologischen Begriff, dessen Besprechung ich im Zusammen-
hang mit dem Taylorsystem noch geben werde. Nämlich die Sinnfälligkeit
von Darstellungen.
Bei der Reklame bedeutet Sinnfälligkeit soviel wie sofortiges Verstehen
und unmittelbares In-den-Sinn-kommen eines Reklameinhalts. Wissenschaft-
lich heißt es apperzeptive Unterstützung des Betrachters. Hiebei sind ver-
schiedene Wege möglich, um eine Darstellung sinnfällig zu machen. Die
Sinnfälligkeit kann durch logische Assoziationen und perzeptive Hilfsmittel
zustande kommen. So bei sachlicher Aufteilung von Schaufenstern in Gebiets-
gruppen, durch Abbau überladener Schaumengen, durch optische Kontrast-
gebungen in Farbe oder Helligkeit, durch Auflösung einer Gesamtgestalt
oder Gesamtsituation aus der Simultaneität der Darstellung in sukzessive Dar-
stellung (Entstehenlassen eines Ganzen im Trickfilm oder dem Leuchtplakat),
durch sogenannte Blickfanglinien und vieles mehr. Es wäre gut, wenn ich
diese Fälle einer logisiert gebotenen Sinnfälligkeit im Bilde vorführen könnte,
denn um so klarer würde die nachstehend bezeichnete emotionale Sinn-
fälligkeit werden, und zudem würde manchen Lesern verständlich, weshalb
ich ausdrücklich sage, daß eine allgemeinste Psychoanalysierung der Reklame-
psychologie nicht am Platze sein kann. Auch dann, wenn man zugibt, daß
 
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