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i4§
Constantia
oder
die tugendhafte Neue,
Anekdote.
Eonstantia wurde zu Paris von sehr armen Eltern
gebohren. Es schien als hatte sie die Natur wegen
des Vermögens entschädigen wollen; sie gab ihr
Schönheit. Aber dieses kostbare Geschenk verschaft
einer jungen Person zwar Mittel zum Wohlstände;
allein es vermehrt auch die Gefahren um sie her.
Sie war in der Armuth gebohren, ihre Erziehung
war daher vernachlaßigt worden: sie war artig,
folglich dem Angaffen und Nachlaufen ausgesetzt;
sie lebte zu Paris, das heißt mitten unter allen
Verführungen, auf einem weiten Schauplatz, wo
<inem bey dem Anblick des Genusses die Entbeh-
rung desto empfindlicher ist. Man kann sich leicht
vorstellen, wie viel Muth, in einer solchen Lage
dazu gehört, um nicht nach Reichthum begierig zu
seyn, oder wie viel Glück, um ihn auf eine unschul-
dige Art zu erwerben. Dieser Muth und dies
Glück fehlten Constantien: Sie konnte so viele
Klippen nicht vermeiden: oder sie wurde sie viel-
mehr erst nach ihrem Schiffbruche gewahr. Die
üblen Folgen der ersten Schwachheit nöthigen zu
einer zwepten; und gar bald achtet man nicht mehr
 
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