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Imbert, Barthélemy; Gutsch, Christian Friedrich [Oth.]
Morgenzeitvertreib, oder kleine Erzählungen (2. Bändchen) — Breslau und Leipzig: bey Christian Friedrich Gutsch, 1784 [VD18 90795121]

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https://doi.org/10.11588/diglit.50529#0052
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52

so entschloß er sich endlich, ein heftiges und wenig
gebräuchliches Mittel anzuwenden. Er ließ ihn
einsmal in eines derjenigen Hauser einführen, wel-
che zu nennen, geschweige zu besuchen, es nicht
leicht erlaubt ist: wo die Ennstbezeugungen der
Liebe eine Kaufmannswaare sind: wo man dem
Laster erlaubt, sich der Schamhaftigkeit eines frey-
rvilltgen Opfers zu bedienen, um die Leidenschaft
zu verhindern, ihr die Tugend selbst aufzuopfern;
wo man endlich die Tugend ihre Würde benimmt,
um derselben ihre Wuth zu benehmen.
Dies war das Schauspiel, welches Versr'eux
seinem Sohne vorstellen wollte. Er hatte gewust,
ohne sich zu zeigen, ihm das Verlangen und das
Mittel zu geben, es zu geniesten; er wollte kein
Zeuge davon seyn: aber indem er das Gold, die
einzige Göttin, welche in diesen Tempeln des Är-
gernisses angebetet wird, verschwendete: so hatte
er ihm selbst den Auftritt verschafft, den man spielte,
wie er ihn angeordnet hatte.
Sainclair beobachtete alles mit den Augen dee
grossen Neugierde: daselbss war es, wo er den
Angriff anstatt des Verlangens, die Liederlichkeit
anstatt der Wollust sähe: er sähe endlich die Liebe,
ungcstalt durch ihre Blöße, nichts als Verachtung
anstatt der Früchte erndten.
Es würde schwer seyn, hier alle den Eindruck
zu beschreiben, den dieses Schauspiel auf die Sinne
des jungen Sainclairs machte: er war so beschaffen,
daß
 
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