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Imkamp, Wilhelm; Schlichtenmaier, Bert [Editor]; Schlichtenmaier, Harry [Editor]; Schlichtenmaier, Kuno [Editor]; Galerie Schlichtenmaier [Editor]
Wilhelm Imkamp: geboren 1906 in Münster/Westfalen : 28. Mai bis 24. Juni 1989, Galerie Schlichtenmaier, Schloss Dätzingen — Grafenau: Edition Schlichtenmaier, 1989

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.53439#0010
License: Creative Commons - Attribution - NonCommercial
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vorgefaßte inhaltliche Absicht exi-
stierte, diese vielmehr erst im Gestal-
tungsvorgang automatisch eingeflos-
sen ist. Eine ruhende Kreisscheibe
inmitten einer rhythmisch bewegten,
von Elementen des Lebendigen be-
stimmten Komposition läßt an ein
Gestirn denken. Auf einigen Gemäl-
den von Imkamp bildet ein solches
kreisförmig gestaltetes Gebilde mit
beleuchtetem oder verschattetem
Kranz nicht nur den Gegenpol zur
Dynamik des Bildes, sondern wird
darüber hinaus zum heimlichen Zen-
trum des Bildes erhoben. Andere
Bildformen, zum Beispiel in einer
Dreierbeziehung stehende Formkon-
stellationen assoziieren, obgleich sie
nicht beschreibend sein wollen und
ihre Bedeutung nur aus der Bildfunk-
tion heraus gewinnen, Vater, Mutter
und Kind. Die vom Künstler erst
nachträglich gefundenen Bildtitel sind
nicht verbindlich, sondern stehen als
Vorschlag des Malers für die Interpre-
tation seiner vieldeutigen Farbfor-
men-Gefüge. Die bildnerischen »Hie-
roglyphen«, wie sie Werner Sumowski
in einem Vortrag einmal genannt hat,
»fordern die Phantasie durch ihre Un-
bestimmtheit heraus, in Assoziatio-
nen produktiv zu werden« und »sind
auf subjektive Weise in Empfindun-
gen zu übersetzen«. (Anm. 7)
Auffällig ist der große Reichtum bild-
licher Einfälle. Der Umfang von Im-
kamps wundervollen Färb- und Form-
klängen reicht vom Spielerischen,
über das Heiter-Skurrile, gelegent-
lich auch Hintersinnig-Gespenstische
bis zum Dramatischen. Es gibt Kom-
positionen, die statisch ruhend, sta-
tisch-dynamisch und dynamisch-rich-
tungsweisend sind. Gegensätzliche
Formen - das Spitz-Aggressive des
Dreiecks und die Ruhe des Kreises,

das Gespannte eines Bogens und das
Gleichmaß waagerechter Linien - be-
gegnen sich, kämpfen miteinander
und bringen Konflikte ins Spiel. Trotz
aller eingebauten Spannungen sind
seine Bilder immer im Gleichgewicht.
Aus einer beliebigen, zufälligen Farb-
situation schafft Imkamp eine dyna-
mische und statische Ganzheit, eine
Formkonstellation, bei der sich Statik
und Bewegung in einem System von
Gegengewichten vereinen und in Ba-
lance gehalten werden.
Die Dialoge entfalten sich nicht nur
durch heftige Formbewegungen in der
Bildfläche, sondern auch im Bild-
raum, der ihm von allem Anfang an
von Bedeutung war. Beginnend mit
den vierziger Jahren malt Imkamp
verschachtelte Räume und läßt die
Formkonstellationen sich in einer un-
absehbaren Raumtiefe durchdringen.
Gleiche Farben können je nach Zu-
sammenhang entweder vorne oder
hinten stehen. Auch die farbigen, oft
schwarzen Gründe, die seine Form-
gebilde später hinterfangen, sind
räumlich empfunden. Ihre Raumbe-
deutung ist gleichbedeutend wie die
Wirksamkeit ihrer Flächen. Beson-
ders bei den Gemälden der vierziger
Jahre besitzen die Flächenformen
etwas Durchlässiges und Transparen-
tes. Später, in den fünfziger Jahren
werden die Formgebilde vor den farbi-
gen Gründen schwerer, um sich spä-
terhin wieder mehr aufzulösen. Die
weitere Entwicklung geht insgesamt
vom Konstruktiven und Monumenta-
len zu malerischer Subtilität und zu
kleinteiligem Formenreichtum mit
einer komplizierten Verschlingung
von Farbenmassen, die von heftig
durcheinanderlaufenden Linien durch-
setzt sind. Neben dem temperament-
vollen, dynamischen und freirhythmi-

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