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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Fred, W.: Die Wiener Sezession: VIII. Ausstellung
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Reformatorische Bestrebungen im Württemb. Kunst-Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0052
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Februar-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. ZeitschHftJürJnn^

Seite 39.

Und nun das letzte Wort: über den »Clou« der Aus-
stellung. Man schimpft und entrüstet sich, andere lieben,
die dritten erkennen einfach Qualitäten. Es handelt sich um
eine dekorative Plastik von Georg Minne (ebenfalls aus der
»Maison Moderne«). Minne ist ein Belgier aus Laethen. Sein
Brunnen zeigt fünf abgemagerte Jünglinge, die sich im Wasser
spiegeln. Ein Jeder umfasst mit eng an den Leib gezogenen
Armen seinen Oberkörper, die Blicke gehen starr ins Wasser.
Das ist ein Anblick der Verzweiflung. Die »Fontaine« hat
keinen Namen. Vielleicht würden die Beschauer ihren Sinn
besser verstehen, wenn man ihnen durch den Titel sagte, es
sei ein Bild von jungen Menschen, die vor ihrem eigenen
Anblick verzagt sind, verzweifelt ob der eigenen Nichtigkeit.
Die Beschauer schreckt hier die brutale Anatomie, die rest-
lose Wiedergabe hässlicher Jünglings - Körper. Eine Holz-
Plastik Minne's, »Die drei heiligen Frauen«, zeigt seine Kunst,
den Faltenwurf, die Bewegungen in diesem sprödesten
Material auszudrücken. —

Die Sezession hat wieder einmal ihr Werk gethan. Sauer-
teig ist unters Publikum gekommen. Lob und Tadel werden
unmässig sein. Von beiden werden die künstlerischen Werke
ihren Nutzen haben. _

Reformatorische bestrebungen im württemb.
Kunst-Gewerbe. Unter diesem Titel veröffentlicht
die »Deutsche Kunst und Dekoration« an leitender Stelle eine
Ausführung, die allenthalben in kunstgewerblichen Kreisen
lebhafte Antheilnahme finden dürfte. Wir entnehmen derselben
folgendes Thatsächliche über diese Vorgänge. Eine Gruppe
hochangesehener und hervorragender Maler, die jedoch erst
vor Jahresfrist nach der schwäbischen Hauptstadt berufen
worden ist, richtete eine Eingabe an das Kultus-Ministerium,
in welcher mit Recht betont wurde, dass das technisch so hoch
entwickelte württembergische Kunstgewerbe einer ideellen
Neu-Befruchtung durch bedeutende, moderne Künstler dringend
bedürftig sei. Zu diesem Zwecke wäre es wünschenswerth,
wenn in Stuttgart Künstler-Werkstätten ins Leben gerufen
würden und es wurde darauf hingewiesen, dass die » Ver-
einigten Werkstätten«, in München bereit seien, mit ihrem
Fabrik-Betriebe nach Stuttgart überzusiedeln, wobei sich eine
Reihe ihrer angesehensten künstlerischen Mitarbeiter an-
schliessen würde. — Nun ergriffen aber auch die Nächst-
betheiligten, nämlich die Vertreter des, wie unser Dezember-
Heft der »Deutschen Kunst und Dekoration« ja in allseitig



0

i

C. r. u. M. Mackintosh, Glasgow.

Stand-Lampe u. Noten-Schrank.

Pr°f-J. Hoffman

n, Wien.

Salon-Schrank fausgef. von Portois & Fix).

anerkannter Weise zu erkennen gab, so hoch entwickelten
württembergischen Kunst-Handwerkes und der Kunstgewerbe-
Industrie das Wort, indem sie zwei Eingaben an die Königl.
Zentral - Stelle richteten, in welchen eingehend begründet
wurde, warum das Kunstgewerbe die Uebersiedelung bezw.
Neugründung der »Vereinigten Werkstätten« nicht als eine
zweckmässige Massregel betrachten könne. Mit Recht wurde
betont, dass die Künstler, welche die Uebersiedelung der
Münchener Vereinigten Werkstätten angeregt, »erst kurze Zeit
in Württemberg ansässig sind, die württembergischen Ver-
hältnisse kaum, die in Württemberg bereits bestehenden Werk-
stätten gar nicht kennen«. Ferner hiess es: »Wir halten es
für unnöthig belastend für den Staat, dass neben der bereits
bestehenden Kunstgewerbe-Schule und der Kunst-Schule ein
drittes Glied eingeführt werden soll. Wir halten es für un-
richtig, dass der Staat einem Unternehmen, das einen Fabrik-
Betrieb anstreben muss (also »Konkurrenz« wird! D. Red.),
Zuwendungen macht. — Wir bestreiten, dass die Fabriken
durch die Berufung der Werkstätten ihre Muster - Zeichner
abschaffen können. Wir wollen uns die künstlerische Fürsorge
gar nicht aus der Hand nehmen lassen. — Zu unserem Be-
dauern wird durch das ganze Projekt der Glaube erweckt,
dass bis jetzt in Württemberg nichts geleistet worden ist,
dass hier ein Import von künstlerischen Kräften und eine
Neugründung von Betrieben nothwendig ist, wie in Darmstadt.«
Im Wesentlichen thut in Stuttgart genau das Gleiche noth wie
in Darmstadt noth that und sonst überall im lieben Deutschen
Reich noch sehr noth thut — ausgenommen München, Berlin,
Wien und Dresden, wo genügend Künstler ansässig sind —:
eine frei schaffende Gemeinde hervorragender Künstler, die
nicht nur Maler oder Bildhauer, sondern auch bereits im
Gewerbe, in der Technik geschult und so zu einer kunst-
gewerblich-reformatorischen Thätigkeit vorgebildet sind. —
 
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