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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Fred, W.: Die Wiener Sezession: VIII. Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0051

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Seite 38.

Illustr. kunstgewerbl.

Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Februar-Heft.

Prof. J. Hoffmann, Wien. Zerlegbares Möbel.

Ausgef. von Portois & Fix. VIII. Ausstellung der Sezession in Wien.

Schattenreich der Gespenster auch Japan ist. Diese Figurinen
sind in Glaserkitt und allerhand anderem Material — Jetperlen,
Spagatschnüren, Blechplättchen usw. — recht geistreich an
die Wand geklebt. In die Lamberien ist mancherlei eingebaut,
so ein famoser, schmaler Toilette-Spiegel mit allerhand Lädchen,
sehr graziös konstruirt und ungemein praktisch. Den Schmuck
der anderen Möbelstücke — ein dunkler Kasten fällt durch
gute Form auf — bilden in Silber oder Messing ganz flach
getriebene Paneele vorzüglicher Art. Sie sind das Werk von
Frau Margaret Mackintosh und weisen, wie alles in diesem
Räume, einen ans Karrikaturistische grenzenden Trieb zum
Originellen auf. Daneben bemerkt man auf diesen Paneelen
ebenso wie auf den hingewischten Aquarellen von Mac Nair
einen seltsam religiösen Mysticismus. — Die Formen sind
sehr einfach. Ein Paar Leuchter aus Eisen haben geradezu
puritanische Allüren; weissblinkende Nägel auf dem dunkelen
Eisengrunde sind der einzige Schmuck. Sonst aber gibt es
noch mancherlei Applikations-Arbeit in Stoff, Zwirn, Messing-
draht und ähnlichem mehr. — Der fünfte Schotte ist Talwin
Morris, dessen in Kupfer getriebener Spiegel eine hohe
Fähigkeit zeigt. Er und Mrs. Mackintosh scheinen zur Zeit
die besten Metallkünstler Gross-Britanniens zu sein.

Es gäbe natürlich noch allerlei aus dem Bereiche der
Kleinkunst zu nennen: Fayencen von Mutz in Hamburg,
Töpfe von Haider, Gewebe von Backhausen, Fauteuils der
Prag-Rudnicker Korbwaaren-Gesellschaft usw. — Es müssen
jedoch trotz des vorgeschrittenen Umfanges dieses Aufsatzes
noch einige Worte über die Bilder auf der Ausstellung
gesagt werden. Das Oelbild ist diesmal durch das Programm
von vornherein ausgeschlossen gewesen. Aquarell, Gouache,
Pastell und Zeichnung meist dekorativer Art herrschen vor.
All diese Werke haben den Reiz der Unmittelbarkeit für sich.
Von dem Geiste eines künstlerischen Einfalles ist eben nichts
durch lange künstlerische Arbeit und komplizirte Technik

verloren gegangen. Auch konnte jeder Künstler bei solcher
Arbeit mehr wagen als bei immerhin grösser angelegten
Werken. Es liegt keineswegs in der Absicht dieses Artikels,
auf die Kunstwerke näher einzugehen; auch kann mit der
Nennung des einen keine herabsetzende Kritik des anderen
beabsichtigt sein.

Von Ausländern ist Khnopf ein guter Bekannter, doch
ist er diesmal weniger sentimental, sicherer als je. Die Akte
und Landschaften Th. v. Rysselberghe's bedürfen für den
Kenner keines besonderen Wortes. Besonders in den Land-
schaften ist durch geringe Mittel — in Wasserfarben — eine
famose dekorative Wirkung, wenn auch nur für kleine intime
Räume erzielt. Die Pastelle Aman Jean's — witzige Be-
wegungs-Studien —, Balleteusen von Degas und Piet, Menschen
von Raffaelli — das Alles sind werthvolle, doch nicht allzu
seltene Ausstellungs-Gäste. Ein besonderer Dank gebührt
der Sezession für die Ausstellung zweier Werke von Nico
Jungmann, einem holländischen Engländer, die beide einen
unerhörten Ton haben, ruhig, dekorativ, beinahe altmeisterlich.
Nico Jungmann hat manche Beziehung zu vlämischen und
italienischen Primitiven. Seine »Wallfahrt nach Kevlaar«, ein
grosses Bild, das den mächtigen Zug der Wallenden in einer
grünenden Landschaft zeigt, wirkt insbesondere durch die Lichter
der vielen Lampions. Eine Madonna — vielleicht auch nur
eine Bäuerin mit dem Kinde — erfreut durch den harmonischen
Anschluss von Natur und Kunst. Von deutschen Künstlern
ist u. a. Menzel, Liebermann und Klinger, sowie der Dresdener
Spiro mit einem reizenden Bilde »Begegnung« vertreten.

Von den Oesterreichern Genaueres zu sagen, bleibt wohl
einer besonderen Maler-Ausstellung vorbehalten. Doch soll
nicht verschwiegen werden, dass der Bauern-Maler Andri,
der Poet Stöhr, dann Kurzweil, dessen Naturstudien mehr
versprechen als ein etwas französisirendes Damen-Porträt, dann
fettet mit wundervoll hellen und kräftigen Landschaften von
Tag zu Tag sich entwickeln. Manchmal ist ein Schritt vor-
wärts, manchmal auch rückwärts; wenn nur keine Stagnation
eintritt. Ein neuer Mann ist dazu gekommen, Leopold
Stolba; er hat farbige Zeichnungen ausgestellt, die höhnisch
Menschen zeigen. Nichts scheint diesem Satyriker zu ent-
gehen; Bauern, Götter, Kinder und mondaine Menschen —
alle verspottet er, indem er sie in Situationen zeigt, die zu
ihrer Lebenspose nicht stimmen, oder indem er die Ele-
mente komplizirter Gefühle — der Sehnsucht, der Liebe etc. —
zertheilt und so die Kluft in den einzelnen Menschen zeigt.

C. R. Ashisee, London. Sekretär mit Intarsien.
 
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