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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Unser Wettbewerb: Wohnhaus eines Kunst-Freundes, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0133
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Bauführer Paul Zeroch in Coblenz ist. Zur Erläuterung der
durchaus tüchtigen Arbeit lassen wir den jungen Künstler
selbst das Wort ergreifen.

Zum Entwürfe mit dem Kennwort „Und?"

»Bei der Behandlung der in dem Preis-Ausschreiben für
das herrschaftliche Wohnhaus eines Kunst-Freundes gestellten
Aufgabe kamen zunächst die Gesichtspunkte in Betracht, die
das Programm dem Entwerfenden anwies. Moderne Eigenart
sollte Grundriss und Form beherrschen; doch war auf eine
zweckmässige Anordnung der Räume besonderes Gewicht
gelegt. Damit lag es nahe, eine Gruppierung zu wählen, wie
sie sich im Laufe der Entwickelung als bequem und zweck-
mässig bewährt hatte; d. h. von etwas gesucht Neuem abzu-
sehen. In diesem Sinne aufgefasst, ergab sich eine einfache und
klare Lösung der Grundriss-Aufgabe und damit waren auch
der äusseren Formgebung schon Grenzen gesteckt. Zudem
war auch die Bestimmung des Gebäudes von grosser Wich-
tigkeit: Es sollte das Wohnhaus eines Kunst-Freundes sein und
als solches hatte es den Karakter des gemütlichen Heims mit
dem eines höheren Zwecken geweihten Tempels zu vereinigen.

Die Phantasie des Architekten hat beim Gestalten oft
den Weg der ausgeführten Wirklichkeit zu wandeln und wer
den Architekten recht verstehen will, mache einmal mit ihm
und dem gedachten Besitzer einen Spaziergang nach dessen
gedachtem Heim. Er wohnt vor der Stadt und ein weiter,
schattiger Park umgibt das Haus des begüterten Mannes.
Von weitem winken ihm neben den hohen, weissen Giebeln
die ernsten Gipfel dunkler Cypressen und Pappeln. Ein Gitter,
stark, aus Eisen und Stein, doch mit heiterem Grün umrankt,
kündet die Grenzen seines Besitzes. Das Thor nimmt ihn
auf; schwer und gedrungen sind seine Formen, stark, wie
das Gefühl des Eigentums. Und nun steht es da vor ihm
mit seinem rundlichen Giebel, der weissen Wandfläche, dem
Erker und dem dämmerigen Eingang; Ernst und Gemütlich-

keit schwebt um Wand und Dach und flattert hinein mit
ihm, dem Herrn, über die Freitreppe hinein, an den starken
Thürpfeilern vorbei, die mächtig dastehen wie die Wächter
des Hauses. Durch den Flur betritt er die Diele; über die
behaglich breite Haustreppe fällt Licht in gedämpften Farben
i weit hinein, und zeigt links die Thüren der Zimmer, die sein
und der Herrin eigenstes kleines Reich sind; dem Eingange
gerade gegenüber zwei hohe Schiebe - Thüren, mit durch-
schimmernden Glas-Füllungen geziert, wie mit Blütenzweigen,
die das Haus seinen Gästen als Willkomm reicht. Dahinter
liegen die Empfangsräume. Doch überlassen wir es jetzt
unserem »Kunst-Freunde«, unbelauscht seinen Weg weiter
fortzusetzen.

Es soll noch Einiges zur Beantwortung praktischer Fragen
gesagt sein, über die Stoffe und Mittel, die der ausführende
Baumeister gegebenen Falles anzuwenden hätte, um den Ent-
j wurf auszuführen. Das Gebäude ist als geputzter Ziegelbau
gedacht unter Verwendung von hellem, dem Putze im Farben-
ton gleichendem Sandstein für die Ornament-Teile an Portal
und Giebeln, die Ecken-Quadern, Gesimse und Fenster-Ein-
fassungen. Das Mauerwerk des Keller-Geschosses könnte
aus Bruchsteinen hergestellt und an der Gartenseite mit Sand-
stein verblendet werden. Zur Eindeckung des Daches wären
Falzziegel von violett-rötlichem Tone zu verwenden.

Die Heizung soll durch erwärmte Luft erfolgen; ein
Raum für die dazu nötige Heizkammer ist im Keller-Geschoss
vorgesehen. Zu Lüftungszwecken müssten Wandkanäle her-
gestellt werden. Durch diese würde die abzuführende Luft
ihren Weg in den Dachraum und von hier aus durch die
am First entlang laufenden Oeffnungen ins Freie nehmen.

Die Beleuchtung geschieht durch elektrisches Glühlicht,
und es sollen die Glühlichtkörper mit ihren Einfassungen aus
Schmiedeeisen oder Bronze, ähnlich wie an der Decke der
j Diele, in allen übrigen Räumen auch der Einrichtung der
Räume dekorativ angepasst werden.
 
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