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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Levin, Julius: Die Pariser Salons 1901
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0138
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Seite 116.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Juli-Heft.

Pie Pariser Salons 1901.

Von Julius Lkvin, Paris.

A. Der Salon du Champ de Mars.

Beim Durchschreiten der prachtvollen Säle des »Grand
Palais«, das endgiltig zur Aufnahme der beiden noch immer
feindlichen »Salons« bestimmt ist, fragt man sich, unter welchem
Gesichtspunkte man die Veranstaltung der französischen
Künstler betrachten soll. Haben sie noch Recht, sich von-
einander getrennt zu halten, weil ihr Zusammentreffen, gleich
dem von Feuer und Wasser, eine Alles zerschmetternde
Dampfspannung hervorrufen müsste? Wäre es nicht möglich,
einen modus vivendi zu schaffen, unter dessen Einwirkung
alle Welt zufrieden sein könnte?

Diese Erwägung ist erstens zwecklos, da die »Salons«
ein für allemale alle Versöhnungs-Versuche abgelehnt haben,
zweitens aber unbegründet, da in der That die Grundsätze
der beiden Künstler-Vereinigungen, der jungen »Societe na-
tionale des Beaux Arts« und der alten »Societe des Artistes
Francais«, völlig verschieden sind. Der alte Salon will immer
noch durch die Masse wirken, und diesem Bestreben entsprach,
dass er selbst im Weltausstellungs-Jahre geöffnet war, ob-
wohl selbstverständlich alle Künstler ihr Bestes in die Kunst-
Abteilung ihres Landes zu senden sich bestrebten. Trotzdem
hatte man mehrere tausend Nummern zusammengebracht,
unter denen kaum eine irgendwelches Interesse hatte. Der
»Champ de Mars« hält dagegen an der kleinen Zahl der
Ausstellungs-Objekte fest und könnte sogar noch strenger
vorgehen, da auch er dem Ideale noch lange nicht nahe genug
zu kommen pflegt und manches beherbergt, das er kurzweg
abweisen sollte, selbst auf die Gefahr hin, sich noch ein paar
Feinde mehr, als er schon hat, zu machen.

Man sieht deutlich, dass es zwischen den beiden ange-

führten Methoden keine Einigung gibt. Der letzteren, zweifellos
künstlerischen, folgend, führe ich allein die wenigen Werke
der Salons von igoi an, die allgemeines Interesse haben und
übergehe das korrekte Mittelgut vollkommen.

Allerwärts ist die Malerei-Abteilung die grösste.

In derjenigen des »Champ de Mars« sehen wir vielleicht
dreissig Werke, die unter den neunhundertzweiunddreissig
ausgestellten hervorragen. Viel zu wenig; denn unter jenen
dreissig sind solche von Künstlern, deren Art endgiltig fest-
steht, und die eigentlich nur noch formell, aber nicht mehr
inhaltlich Neues sagen.

Landschaften von Thaulow, Porträts von Lavery sind
fast immer gleich hinsichtlich der Auffassung. Wir haben
in ihnen stets abgeklärte, nach bewährter Methode, mit immer
gleicher Sorgfalt gemalte Werke, die uns stets interessieren,
auch nachdem sie den Reiz unbedingter Neuheit verloren
haben. Dasselbe ist es mit Figuren und Gruppenbilden von
Eugene Carriere, dem Meister der durch das »Sfumato« ver-
schleierten, die Farbe ganz aufgebenden, durch die karakte-
ristische Linie wirkenden Zeichnung.

Solange Meister von der Art der genannten ihre Quali-
täten behalten und die Gegenstände in ihrer eigenen Weise
durchdringen, bleiben sie was sie sind, und man hat nur
nötig, zu sagen, dass sie vertreten sind, um auch gesagt zu
haben, was sie bieten.

In einem anderen Sinne brauchte man nur'vonZa Gandara,
dem allerkrankhaftesten Maler allerkrankhaftester Menschen
zu sprechen, um aller weiteren Auseinandersetzungen über
seine Arbeiten sich enthalten zu können. Man hat nur nötig
mitzuteilen, ob er sogenannte Männer oder Frauen gemalt
 
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