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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Levin, Julius: Die Pariser Salons 1901
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0139

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I

Juli-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite

117.

Ostfront des Gebäudes.

Paul Zeroch, Regierungs-Bauführer, Coblenz.

Wettbewerb: Wohnhaus eines Kunst-Freundes. Ein Preis von 1200 M. Motto »Und?«

hat, und sofort wird alle Welt wissen, dass seine Herren
ebenso falsch gezeichnet, wie von jener Blässe sind, der keine
Frau widersteht, und dass seine Damen, ebenso falsch
gezeichnet wie seine Männer, Toiletten tragen, die Alles
bisher Dagewesene übertreffen. Gut von de la Gandara ist
eine sieghaft um sich blickende Kokotte, die von ihrer lesenden
Mutter »beschützt«, im Schatten der Champs Elysees Kühlung
und Beschäftigung sucht.

L. Me'nard bringt wieder dekorativ gedachte, stimmungs-
volle Landschaften, Anders Zorn ein ausgezeichnet, kräftig
gemaltes, auf Grau, Rosa und Gelb eingestimmtes Damen-
Porträt, das nur leider ein wenig kreidig wirkt. Ausser-
ordentlich erfasst ist die Haltung der jungen Person, voll
graziöser, lebenathmender Lässigkeit.

Wohl die beste Arbeit, die der »Champ de Mars« enthält,
ist Ignacio Zuloaga's »Spaziergang nach dem Stiergefechte«.
Damen zu Fuss und eine zu Pferde treffen sich nach Been-
digung der blutigen Festlichkeit vor der Arena. Alle Fuss-
gängerinnen haben rote Kleider an, während die reitende,
neben der ein Mohr auf einem Theebrette präsentierte Früchte
zum Kaufe anbietet, braune trägt. Hinter der Gruppe weitet
sich eine hügelige Landschaft, deren fast horizontale Linien
gegen die starr abfallenden der Figuren wie ein beruhigender
Gegensatz wirken. Zuloaga, der erst seit wenigen Tahren
in Paris ausstellt, ist ein ausserordentlich begabter, unter
Manet'schem Einflüsse sich bethätigender Maler, in dem alle
guten Eigenschaften der alten spanischen Kunst, Einfachheit
der Auffassung, kräftiger Strich, Lebhaftigkeit und Vornehm-
heit der Farbe und Sachlichkeit der Darstellung neu erweckt
sind. Das letzte Werk Zuloaga's bedeutet insofern einen
Fortschritt des Künstlers, als er sich bisher mit einer ziemlich
stillen, dem Grau benachbarten Farbe begnügt hat, aber in
dem »Spaziergange nach dem Stiergefechte« ein lebhaftes,

je nach dem Stoff verschieden schillerndes Rot zur Grund-
lage der Harmonie macht.

Ein Landsmann Zuloaga's Francesco Ytiurino, den seiner
Zeit der zu früh verstorbene Belgier Evenepoel so lebensvoll
dargestellt hat, ist mit einem »Bettler« vertreten, dessen aus-
gezeichneten malerischen Eigenschaften an die erste Periode
Ignacio Zuloaga's denken lassen. Auch Ytturino, dessen
Kunst deutlich spanischen Karakter im besten Wortessinne
zeigt, hat sich an Manet'schem Geiste genährt, ist aber weiter
als dieser, nämlich auf Velasquez zurückgegangen, dessen
klare, wie selbstverständlich wirkende Technik immer weiter
befruchtend auf die Leute von Geschmack wirkt, die allein
für sie eigentliches Verständnis haben können.

Bei aller Tüchtigkeit der Arbeit kommen gegen Werke,
wie diejenigen Zuloaga's und Ytturino's, weder diejenigen
Anquetin's auf, der mit einem Doppel-Porträt des brüder-
lichen Schriftsteller-Paares Paul und Victor Margueritte, noch
diejenigen [acques Blanche's, der mit einer Porträt-Gruppe
von Freunden und anderen, kleineren Dingen vertreten ist.

Zieht man aus der Gesamtheit der malerischen Werke
des »Champ de Mars« eine Art leitenden Gedanken aus, so
ist es der, dass die französische Kunst und die ihr folgende,
moderne der anderen Länder die Farbe über Alles liebt. Die
Zeit des matten Grau scheint völlig zu Ende. Die gebrochenen
Töne klingen nur noch leise wehmütig nach, und es soll
nicht geleugnet werden, dass sie auf Instrumenten, wie dem-
jenigen Carrieres, einen eigenen, edlen Reiz haben. Aber es
ist nicht mehr der Wunsch der jungen Künstler, ein Instru-
ment dieser Art zu erwerben, oder die eigenen, ganz anders
veranlagten, zu jenem Timbre herabzumindern. Die jungen
Künstler wollen volle, ja schrille, harte Klänge, wenn sie nur
weit tragen und in der Weite einen schönen Karakter be-
kommen. Sie malen gewissermassen für Menschen, deren
 
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