Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

DOI article:
Dohrn, Wolf: Deutsche Werkstätten für Handwerkskunst
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0066
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
50

INN EN-DEKORATION

ENTWURF: PROF. NIEMEVER—MÜNCHEN AUSKUHRG.:
DEUTSCHE WERKSTÄTTEN FÜR HANDWERKSKUNST.

Kaminecke u. Kredenz in Eichenholz
aus nebenstehendem Speise-Zimmer.

je billiger mit anderen Worten das künstlerisch gute
Möbel wird, um so größer das Verdienst. Und auch
das ist der Betonung wert, daß dieses Verdienst zu
gleichen Teilen dem Künstler und der Firma zu-
fällt, denn in diesem Maschinenmöbel (vgl. Seite
53 und 54) steckt ebensoviel technischer Witz, als
künstlerischer Formengeist, ebensoviel geschäft-
licher Erfindungsgeist als künstlerisches Können.
Und wie sehr man bestrebt ist, den vorhandenen
Bedürfnissen entgegenzukommen, beweist das Jung-
gesellenzimmer (Seite 53, Preis Mk. 954.— ), das
auf der letztjährigen Studentenkunst-Ausstellung
in Stuttgart den ersten Preis davontrug.

Diese Bedarfsdeckung der gehobenen bürger-
lichen Schicht unseres Volkes verleiht der Pro-
duktion der Deutschen Werkstätten für Handwerks-
kunst ihr besonderes Gepräge. In allen Erzeug-
nissen steckt ein Geist tüchtig-heiterer Behaglich-
keit, jenes Behagens, das aus getaner Tages-
arbeit entspringt, das nicht erpicht ist auf den
Sinnenreiz einer exquisiten Eleganz, wohl aber auf
sichtbare Solidität der Arbeit, auf Zweckmäßigkeit
und Gediegenheit, auf Ruhe und Würde der Form.
In diesem Sinn ergänzen Riemerschmid und Nie-
meyer einander. Beiden ist eigentümlich ein starkes

Empfinden für Wohnlichkeit, eine heitere Natür-
lichkeit, beide arbeiten sicher und ohne Pose, beide
beherrschen das Material, das sie gestalten, und
beide sind über die Periode des Versuchens und
Erprobens hinaus: sie kennen ihre Mittel und wissen
ihre Wirkungen richtig zu verteilen. Aber Riemer-
schmid verleugnet nirgends seine bayrische und
Niemeyer nirgends seine rheinische Abkunft.
Riemerschmids Möbel stehen so fest und sicher,
fast trotzig und klotzig — niemals protzig — an
ihrem Platz wie das oberbayerische Dorf haus, sie
sind zumeist auf Rahmen und Füllung gearbeitet,
fest und solid, vielleicht manchmal etwas schwer
aber — man kann es nicht besser sagen — »ver-
dammt gemütlich«, richtige Haustiere. Anders
die Niemeyer'schen Möbel. Er arbeitet weniger
energisch die Konstruktion heraus, will es auch
nicht. Er arbeitet glatter, liebt ein sanftes Über-
gleiten eines Formelements in das andere, er rundet
ab, wo Riemerschmid gerne abkantet. Seine Möbel
sind leichter — oder sehen wenigstens so aus,
fügen sich auch leichter eines ans andere, sind aber
weniger energisch in der Form. Beide ergänzen
sich vortrefflich und sicherlich beruht ein Teil
des Erfolges der Deutschen Werkstätten auf
 
Annotationen