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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Utitz, Emil: STIL. Eine ästhetische Betrachtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0190
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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT ALFRED AI.THERK—ELBERFELD.

in unseren Tagen der Weg dennoch nach oben führt,
also zu Kunstwerken, in denen der Stil ihrer Gattung
zu klarem Ausdruck gelangt.

3. Häufig hört man von dem Stil eines Meisters
sprechen, etwa .Rubensstil, Makartstil usw.; darin haben
wir nun nichts anderes zu erblicken, als den peisön-
lichen Einschlag, die individuelle Note, das, was man
gewöhnlich die »Handschrift des Künstlers« nennt.
In diesem Sinn bildet Stil gerade das Gegenteil von
etwas Zeitlosem und Allgemeinem, ist er ja doch die
allerpersönlichste Sache. Deswegen kann man da von
»neuem Stil« auch schwer reden; denn so verstanden
schafft sich jeder bedeutendere Künstler einen neuen
Stil. Denn hier wird unter Stil nicht das einigende
Moment gemeint, sondern im Gegenteil die Besonderheit.
Rembrandtstil z. B. bedeutet die eigentümliche Art seiner
Werke und durchaus nicht das, was sie mit der Kunst
ihrer Zeit gemein haben. Wenn nun Epigonenkunst,
der die persönliche Note abgeht, diesen »Stil des
Meisters« nachahmt, ja zu Tode hetzt, liegt nur eine
unerquickliche Erscheinung vor und kein Anlaß, vom
Sich-aus-wirken eines Stils zu sprechen. Das ureigenste
künstlerische Moment des anderen, das aus dunklen
Tiefen seines Wesens ersteht und aus dem sprühenden
Reichtum seines Erlebens quillt, nachäffen, ist ein
trauriger Maskenscherz. Denn hinter diesen Masken
gähnt die Leere schaffender Impotenz oder lacht die
Frechheit seelenloser Routine. In diesem Sinne gibt
es immer Stil, denn die Kunstmacher ohne Eigenart

Kinderspielzimmer. Eichenholz. Ans/.: Fr. Dahmann
in Elberfeld. Matten und Tapetoi: K. IV. Schröder.

bilden stets eine große Anzahl, die blind hinter den
Größeren und Stärkeren herläuft.

4. Der letzte Bedeutungstypus offenbart uns nun
jene Erscheinung, die als Stil im eigentlichen und
echtesten Sinne bezeichnet werden kann. Was meinen
wir, wenn wir von Stilepochen sprechen, von byzan-
tinischem und romanischem Stil usw. r Zweifellos gewisse
charakteristische Eigentümlichkeiten, die sich in einer
zeitlich und örtlich bestimmten Kunst ausprägen. Woher
rühren nun diese Eigentümlichkeiten r Die Antwort
fällt nicht schwer: aus den zeitlichen und örtlichen
Voraussetzungen. Und damit ist natürlich schon gesagt,
daß Stil in diesem eigentlichen Sinne eine zeitlichen und
örtlichen Veränderungen unterworfene Erscheinung dar-
stellt. Ja diese Wandlungen gehören zu seinem Wesen.
Von ihnen soll nun die Rede sein! Jede Zeit weist einen
gewissen Kulturzustand auf. Er bildet nun für das
Kunstleben durchaus keine gleichgiltige Sache, ist er
doch gleichsam der Boden, auf dem es aufsprießt.
So spiegeln sich in der Kunst die Freuden und Leiden,
Sehnsüchte und Hoffnungen einer Zeit; ihre Stellung
zu Welt und Gott. Wenn daher des Lebens Formen
und Inhalte wechseln, ändert sich auch sein künst-
lerischer Ausdruck. Oft ist es ja gesagt worden, wie
sehr der Religion der alten Ägypter, die eine Religion
des Todes war, ihre ernste, getragene Kunst entspricht,
deren düsteren, feierlichen Hintergrund der Todes-
gedanke bildet. Lnd ebenso bekannt ist es, daß die
Weltanschauung der griechischen Antike, deren Wurzeln
 
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