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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Jaumann, Anton: Eine Berliner Wohnungs-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0350
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Schwung der Treppe, die eigenartige massige Tür-
brüstung, die der dunklen Treppe in heller Farbig-
keit gegenübertritt und so mit Kontrasten den Raum
bereichern und gliedern hilft. Merkwürdig ist die
Decke, wo auf goldnen Balken eine grelle grün-
rotschwarze Buntheit glüht. Heiße Farbenleiden-
schaften in Rankengeschlingen und rätselhaften
Formfragmenten, von starker Künstlerdisziplin eben
noch im Zaum gehalten. Man hat an dem heftigen
Temperament der Malereien Anstoß genommen,
es gibt immer Leute, die das Gesunde, Starke,
Ursprüngliche nicht vertragen können, weil ihm
die Abgetöntheit, die »vornehme Ruhe«, wie mans
heißt, fehlt. Wir haben nur zuviel von dieser vor-
nehmen Ruhe und zu wenig von diesen wilden,
gährenden Temperamenten, die die Anstöße zu
allem Fortschritt geben. Schon daß hier Pechstein
einmal in aller Unbekümmertheit ein Beispiel naivster
Farbenlust und urtümlichster Farbenkraft gegeben
hat, ist ein Verdienst und wird nicht ohne Folgen
bleiben. Gewiß hat er manches von Dresden aus
der Gußmannschule mitgebracht, auch »Jung-Paris«
mit seiner revolutionären Farbe hat ihn beeinflußt.
Aber sein aufreizend heißes Temperament, das nicht
vorsichtig wählen und rechnen kann, seine sinnliche
Kraft und kindliche Ungeniertheit bestimmen sein
Schaffen unbewußt viel mehr als alle Einflüsse von
außen. Von den ganz eigenartigen Glasmosaiks,

die auch nur als Temperamentausbruch zu verstehen
sind, geben unsere Abbildungen keine rechte Vor-
stellung. Wie bei den Glasmalereien in den ältesten
Kirchen sind da die Scherben ganz nach dem zu-
fälligen Bruch zusammengesetzt, sie folgen nicht
wie sonst den Muskeln und Falten; so haben die
scharfkantigen Splitter einen eigentümlichen Ein-
druck von leidenschaftlicher Zerrissenheit hervor-
gebracht. Die spröde, splitterige Eigenschaft des
Glases ist damit zum künstlerischen Charakter er-
hoben worden. Das starke Talent findet seinen
Ausdruck in jedem Material.

Neben diesen außerordentlichen Stücken ist auch
sonst die Glasmalerei in der Ausstellung gut ver-
treten. Heinersdorff hat eine Reihe von Räumen
mit seinen reizenden Fensterbildern geschmückt,
die er nach Kartons von Cesar Klein, Lehmann,
Pfuhle, Geßner und andern ausgeführt hat, teils
in Verbleiung, teils in zartgestrichelter Malerei. Sie
sind immer von feinstem dekorativen Schmuckwert,
die Blumenstücke von Lehmann entbrennen auf
geringem Raum das intensivste Farbenfeuerwerk.
Vielleicht geben diese schönen Fenstereinsätze
Architekten und Privaten die Möglichkeit, edle
Glaskunst als Zimmerzier häufiger heranzuziehen.

Interessante Einzelheiten gabs in der Ausstellung
noch mancherlei. Da ist ein Kamin von Robert
Schirmer, ausgeführt in Trudelit, einem plastischen
 
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