DOI Artikel:
Jaumann, Anton: Eine Berliner Wohnungs-Ausstellung
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0349
INNEN-DEKORATION
325
ARCHITEKTEN
HELMKE &
FRIEDE-BER-
LIN. AUSF.:
M. WOLLNER.
DIELE IN GE-
RÄUCHERTEM
RÜSTERN-
HOLZ. SAF-
FIAN-BEZÜGE.
nen Linienflüsse der Malerei mit den emailartigen
Medaillons in dem breiten und reichen Fries heraus.
— Für die Ausstellung der Tapetenhandlung Ge-
brüder Hildebrandt hat Gustav Goerke einen
sehr effektvollen Raum geschaffen. Es waren Farben
zu zeigen, Farben von Tapeten und Wandstoffen,
und sie waren zur Einheit zusammenzufassen. Das
ist famos gelungen. Auf einem schwarzweißroten
Akkord (schwarzes Holz, weiße Kerzen, rote Kugeln)
steht in wohlgeordneter Kontrastharmonie die Bunt-
heit der ausgestellten Tapeten und Dekorations-
Stoffe. Für Ausstellungen ein lehrsames Vorbild.
Das ovale Eßzimmer von Friedmann bietet
zu Bemerkungen wenig Anlaß. Es ist eine süße
Schwermut darin, Draperien und zierliche Decken
geben etwas biedermeierliche Stimmung und über
den weichgerundeten Vitrinen kokettieren dunkel-
bunte Flecken. Ganz das Genre, das die Firma,
wie sie dutzendmal bewiesen, virtuos beherrscht.
— Die Firma A. S. Ball, die unter künstlerischer
Leitung schon so oft geglänzt hat, versagt diesmal.
Ihr Herrenzimmer ist ein Bastard aus Künstler-
und Firmenstil, ein Schulbeispiel dafür, wie ursprüng-
lich gute Formgedanken in fremden Händen ihren
Charakter, ihren Ausdruck, ihr Leben einbüßen.
Flüchtig hinsehend hält mans für eine Künstlerarbeit,
das geräumige Herrenzimmer hat einige Gebärden,
die man vielleicht bei Grenander sah, aber der
innere Puls, der die Gebärden zur Sprache einer
Persönlichkeit macht, ist nicht da.
Gerade das hat die Treppenhalle von Wünsche
und Pechstein im höchsten Maße. Nach Anlage
und Ausmaßen ein düstrer Schacht, haben sie die
beiden Künstler zum interessantesten Raum der
Ausstellung gemacht. Der Architekt Wünsche gab
die großen Formen, die klare Aufteilung, den edlen
1909. ]X. 4
325
ARCHITEKTEN
HELMKE &
FRIEDE-BER-
LIN. AUSF.:
M. WOLLNER.
DIELE IN GE-
RÄUCHERTEM
RÜSTERN-
HOLZ. SAF-
FIAN-BEZÜGE.
nen Linienflüsse der Malerei mit den emailartigen
Medaillons in dem breiten und reichen Fries heraus.
— Für die Ausstellung der Tapetenhandlung Ge-
brüder Hildebrandt hat Gustav Goerke einen
sehr effektvollen Raum geschaffen. Es waren Farben
zu zeigen, Farben von Tapeten und Wandstoffen,
und sie waren zur Einheit zusammenzufassen. Das
ist famos gelungen. Auf einem schwarzweißroten
Akkord (schwarzes Holz, weiße Kerzen, rote Kugeln)
steht in wohlgeordneter Kontrastharmonie die Bunt-
heit der ausgestellten Tapeten und Dekorations-
Stoffe. Für Ausstellungen ein lehrsames Vorbild.
Das ovale Eßzimmer von Friedmann bietet
zu Bemerkungen wenig Anlaß. Es ist eine süße
Schwermut darin, Draperien und zierliche Decken
geben etwas biedermeierliche Stimmung und über
den weichgerundeten Vitrinen kokettieren dunkel-
bunte Flecken. Ganz das Genre, das die Firma,
wie sie dutzendmal bewiesen, virtuos beherrscht.
— Die Firma A. S. Ball, die unter künstlerischer
Leitung schon so oft geglänzt hat, versagt diesmal.
Ihr Herrenzimmer ist ein Bastard aus Künstler-
und Firmenstil, ein Schulbeispiel dafür, wie ursprüng-
lich gute Formgedanken in fremden Händen ihren
Charakter, ihren Ausdruck, ihr Leben einbüßen.
Flüchtig hinsehend hält mans für eine Künstlerarbeit,
das geräumige Herrenzimmer hat einige Gebärden,
die man vielleicht bei Grenander sah, aber der
innere Puls, der die Gebärden zur Sprache einer
Persönlichkeit macht, ist nicht da.
Gerade das hat die Treppenhalle von Wünsche
und Pechstein im höchsten Maße. Nach Anlage
und Ausmaßen ein düstrer Schacht, haben sie die
beiden Künstler zum interessantesten Raum der
Ausstellung gemacht. Der Architekt Wünsche gab
die großen Formen, die klare Aufteilung, den edlen
1909. ]X. 4