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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Vollert, Konrad: Persönlichkeit u. Innenarchitektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0139
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INNEN-DEKORATION

119

PERSÖNLICHKEIT
U. INNENARCHI-
TEKTUR. Seit ein be-
stimmtes Kunstgefühl sei-
ne Ansprüche in unserer
allgemeinen Lebenshal-
tung geltend macht, ist
diese um ein Bedeuten-
des komplizierter gewor-
den: denn neben einer
nicht zu unterschätzenden
Bereicherung, ist ihr dabei
auch die Gefahr erwach-
sen, auf Abwege zu ge-
raten, zu erstarren, ihre
natürlichen Elemente mit
künstlichen zu verwech-
seln. — Kunst und täg-
liches Leben bleiben eben
getrennte Bezirke mit
verschieden gelagerten
Schwerpunkten, wenn sie
einander auch berühren
und in gegenseitigem Aus-
tausch stehen. Selbst die
höchste Verfeinerung des
täglichen Lebens, die wir
mit Kultur bezeichnen,
wechselt und wandelt sich
nach Zeit und Ort und
verleugnet nie ihre Her-
kunft aus dem Bedürfnis
des Augenblicks. Anders
die Kunst, die nach end-
gültigem Ausdruck trach-
tet und das ewig Gesetz-
mäßige dem Wandel des
Vergänglichen entgegen-
stellt. — Ein irriger Glau-
be, daß die Kunst in der
Kultur restlos aufgehen
könne, wenn sie in der Tat
auch gerade ihre frucht-
barsten und lebensvollsten
Impulse aus ihr empfängt.

— Am deutlichsten neh-
men wir diese Befruchtung
durch den besonderen
Charakter, durch die Kul-
tur der Zeit an der bilden-
den Kunst wahr und in-
nerhalb dieser an der Ar-
chitektur, von der wir den
Begriff des Stils am rein-
sten abzuziehen vermögen

— des Stiles, der nichts
anderes ist, als eine Art
Grundriß des Zeitcharak-
ters. — Reichtum und
Repräsentationsbedürfnis
sind nun allerdings in ge-
wissem Sinne Vorbedin-
gungen der Architektur,
die damit gleichsam der

BELEUCHTUNGSKÖRPER FÜR INDIREKTE BELEUCHTUNG

RICHARD L.F. SCHULZ—BERLIN. »ELEKTR. BELEUCHTUNGSKÖRPER«

zusammengefaßteste Aus-
druck eines gehobenen
Lebensgefühls wird. Wo
sie sich auch des täglichen
Bedürfnisses bemächtigt,
da hebt sie es in eine
Sphäre, in der das per-
sönlich Bedingte durch
den höheren Anspruch des
künstlerischen Zwangs ge-
mildert , gewissermaßen
geadelt erscheint. — Erst
im Verlauf einer weiten
Entwickelung ist die Ar-
chitektur —man kann viel-
leicht sagen — als Reprä-
sentantin kirchlicher und
königlicher Macht und
Würde in das Gebiet des
bürgerlichen Daseins her-
abgedrungen und hat sich
da mit der Kleinarbeit
des Gewerbes vereinigt.
— Ihre Herkunft aber hat
sie auch da nicht zu ver-
leugnenvermocht, und mit
Erstaunen bemerkten wir
gerade in unseren Tagen,
wieWarenhäuser, Restau-
rationen und Kaffeewirt-
schaften in einem sakralen
Stil errichtet wurden, der
zu ihrem Beruf nicht eben
in rechtem Verhältnis zu
stehen schien. Aber wir
haben noch weiterhin be-
obachten können, wie der
Palast gleichsam zum Vor-
bild des Bürgerhauses
wurde. — Man braucht
dabei nicht so sehr an die
überladenen säulengetra-
genen Stukkaturportale so
vieler Berliner Mietshäu-
ser zu denken, mit ihren
marmorglänzenden »En-
trees«, hinter denen ja
schließlich eine enge knar-
rende Treppe zu höchst
alltäglichen Wohnstätten
führte — sie gehören schon
mehr oder weniger einer
vergangenen Zeit bürger-
lichen Ungeschmackes an
und bedürfen am wenig-
sten in diesen Blättern
einer nachträglichen Ver-
urteilung. —■ Aber wir
sehen, daß der kultivierte
Geschmack heute nach
einer Häuslichkeit trach-
tet, deren Grundzug in
einer Art künstlerischer
Repräsentation besteht.
 
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