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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Pabst, A.: Die Erziehung zur Form, eine Forderung des Tages
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0138

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118

INNEN-DEKORATIÖN

geschehen, die im Men-
schen selbst liegen. Mit
der Kultur der Sprache,
des Körpers und der Le-
bensführung müssen wir
beginnen. Wer in einem
dieser Punkte nachlässig
ist, wird bald auch auf
den andern Gebieten den
Schaden spüren. Wir
brauchen nur den gebil-
deten Deutschen in seinen
Haupttypen, so wie wir
ihn bisher kannten, an
unserem geistigen Auge
vorüberziehen zu lassen:
der Gelehrte und der
Lehrer, der Beamte und
der Offizier sind Bei-
spiele. Alfred Lichtwark
hat in einem Vortrage,
den er 1901 auf dem
Kunsterziehungstage in
Dresden hielt und der
den »Deutschen der Zu-
kunft« zeichnet, bemer-
kenswerte Ausführungen
hierzu gegeben. In den
15 Jahren, die seitdem
verflossen sind, sind wir
in der Ausprägung eines
reinen Deutschtums we-
sentlich fortgeschritten.
Mit Hermann Muthesius,
der ebenso wie Lichtwark
ein Führer unseres Volkes
auf dem Gebiete der
künstlerischen Kultur ist,
dürfen wir jetzt ohne
weiteres behaupten: Wir
sind nicht nur in der
Lage, die deutsche Form
zu schaffen, sondern wir
haben sie bereits auf den
allermeisten Gebieten der
kulturellen Betätigung.
Der gewaltige wirtschaft-
liche Aufschwung, den
unser Volk bis zum Aus-
bruch des Krieges erleb-
te, berechtigte zu kühnen
Hoffnungen in dieser Be-
ziehung, und das Neue
und Uberraschende, was
uns auf dem Gebiete der
Volkswirtschaft derKrieg
gebracht hat, ist keines-
wegs geeignet, dieseHoff-
nungen wesentlich herab-
zudrücken. Die überra-
schende Leichtigkeit und
Sicherheit, mit der sich
unsere Volkswirtschaft
den neuen und oft sehr

RICHARD L. F. SCHULZ—BERLIN. »BELEUCHTUNGSKÖRPER«

RICHARD L.F. SCHULZ-BERLIN. »ELEKTR. BELEUCHTUNGSKÖRPER«

schwierigen Verhältnis-
sen angepaßt hat, die
durch den Krieg entstan-
den sind, gibt uns viel-
mehr die Gewähr, daß
wir auch nach dem Kriege
die neuen, gewaltigen
Aufgaben, die unserem
Volke bevorstehen, mit
bestem Erfolge lösen wer-
den. Notwendig ist nur
vor allem, daß wir unsere
Jugend in der richtigen
Weise für die ihr bevor-
stehenden Aufgaben vor-
bereiten. Damit ist die
Hauptaufgabe der Erzieh-
ung und der Schule be-
zeichnet, die nicht in der
Ansammlung von Wissen
bestehen darf, also in
dem, was man bisher als
gelehrte Bildung bezeich-
nete, sondern in der Ent-
wicklung der Kräfte, die
die Natur jedem begab-
ten Menschenkinde auf
seinen Lebensweg mit-
gibt. Diese schöpferi-
schen, gestaltenden, zur
Ausprägung bestimmter
Form drängenden Kräfte
treten in der Regel in der
Jugend des einzelnen
Menschen mit Allgewalt
zutage. »Da wendet die
Natur mit der geheimnis-
vollen Gesetzmäßigkeit
all ihres Schaffens die
erwachende physische
SchöpferkraftinsGeistige
und treibt alle geistigen
Fähigkeiten ins Produk-
tive. Der Knabe fängt an
zu wandern, er sucht Ka-
meraden und wählt Freun-
de, er zeichnet, model-
liert, baut, malt, dichtet
— kurz er wird schöpfe-
risch und sucht in allem
eigene Wege.« Hier muß
nun die Erziehung mit der
richtigen Methode ein-
setzen und »unbesiegbar
werden wir dann daste-
hen, wenn jeder Einzelne
in jeder Stunde, bei jedem
Werk, an jedem Ort, wo-
hin ihn Mut und Schicksal
gestellt haben, das höch-
ste Maß seines Willens
und seiner Kraft entfalten
lernt« (Alfred Lichtwark).

PROF. DR. A. PABST-WEIMAR.
 
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