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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Ulmer, Karl: Nationale Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0263

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NATIONALE KUNST

Im Kriege ist es verständlich, daß aus den Umwälzungen
heraus jeder einen Ausblick gewinnen möchte, um
festzustellen, wie sich die Lebensbedingungen und das
Dasein in der Zukunft gestalten werden. Hiermit aber
nicht zufrieden, möchte man noch wissen, welchen Ein-
fluß der Krieg auf das Geistesleben, auf Kunst- und
Weltanschauung haben wird. Aus diesem Bedürfnis
heraus erklären sich die vielen Vermutungen, denen wir
in der letzten Zeit begegnen und die nachzuweisen ver-
suchen, daß wir eine nationale Kunst zu erwarten haben.
Es ist aber fraglich, ob derartige Bestrebungen überhaupt
von Vorteil sind, und ob die Betrachtungen und Gründe,
die man zum Beweis für eine nationale Entwickelung heran-
zieht, auch von den richtigen Voraussetzungen ausgehen.

Stellt man sich auf den Standpunkt Schnaases und
Taines, die einen Zusammenhang nachzuweisen versuchen

zwischen dem gesamten Leben und den Erscheinungen
der Kunst, zwischen dem künstlerischen Ausdruck und
dem jeweiligen Volksgeist, so könnte man Schlüsse ziehen,
die den Anschein erwecken, als gingen wir tatsächlich
einer Zeit entgegen, die von den höchsten national-künst-
lerischen Leistungen erfüllt sei. — Ist aber die Voraus-
setzung für diese Schlußfolgerung richtig? Die Gefahr
für dieselbe liegt darin, daß sie leicht in eine Richtung
der phantastischen und willkürlichen Annahmen endigt.
Wir müssen uns darüber klar sein, daß der Grad der
künstlerischen Leistung wohl durch das gesamte nationale
Leben gefördert oder behindert werden kann, daß dieses
aber nie hervorbringend, nie produktiv ist, da nur das
Werk des Einzelnen die Produktion bedeutet. Der künst-
lerische Trieb ist das Suchen nach Erkenntnis, welches
darauf hinausläuft, sich die Welt in ihrer gesamten Er-

PROF. JOSEF HOFFMANN-WIEN. »SCHREIBTISCH« IN DUNKEL MATT NUSSBAUMHOLZ AUS EINER WIENER WOHNUNG
 
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