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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Lübbecke, Fried: Das Haus Albert in Wiesbaden: erbaut von Architekt Prof. Max Läuger
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0025

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XXVU1. JAHRGANG.

DARMSTADT.

JAN.-FEBR. 1917.

DAS HAUS ALBERT IN WIESBADEN

ERBAUT VON ARCHITEKT PROF. MAX LÄUGER

Kaum eine Stadt Deutschlands trägt schwerer
an dem Erbe architektonischer Unkultur als
Wiesbaden. Der mächtige Aufstieg des Bäder-
wesens innerhalb der letzten vierzig Jahre ließ
hier ganze Viertel neu erstehen, deren Häuser
und Straßen zum größten Teil eine Anklage gegen
den Ungeschmack der Bauherren und die Sorg-
losigkeit der Stadtverwaltung bedeuten. Als ein-
ziges Beispiel sei nur die jammervolle Verunstaltung
des Kaiser Friedrich-Platzes gegenüber dem Kur-
haus angeführt. Man fragt sich immer wieder,
welcher Architekt es verantworten konnte, an
diesen Platz, dessen bescheidenem Ausmaß das
links gelagerte Hotel »Vier Jahreszeiten« aus den
fünfziger Jahren so wundervoll sich einfügt, den
Bau des »Nassauischen Hofes« zu stellen. In
seiner wüsten Überladenheit und den Platz völlig
erdrückenden Massigkeit mutet er wie eine Schöp-
fung überhitzter Hausknechts-Phantasie an, zu dem
allerdings das den Platz vollends spaltende Kaiser
Friedrich-Denkmal eigens hinzukomponiert er-
scheint. Und dabei bezeugt das gegenüberliegende
Vier Jahreszeiten-Hotel, dem man manchen anderen
älteren Bau Wiesbadens anreihen könnte, daß Wies-
baden wie alle Städte Deutschlands bis in die sech-

ziger Jahre eine Baugesinnung besaß, die dem Geiste
der Bäderstadt in besondererWeise gerecht wurde :
Stille, nicht allzuhohe, quadratische Bauten mit
glatten Putzflächen.f lachen Dächern, bescheidenem
klassizistischen Schmuck, umstellt von zierlich ge-
stützten Altanen und Loggien, Bauten von einer
eigen zurückhaltenden Grazie und Vornehmheit,
von leicht französischem Unterklange, passend zu
Herren und Damen im Stile Gavarnis und Beau-
monts, von denen dieser mit Vorliebe seine An-
regungen aus dem Bäderleben des Taunus schöpfte.
Die Sehnsuchtnach Erholungund diskretemLebens-
genuß scheint für die Baumeister noch der ganzen
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Leitmotiv
gebildet zu haben. Unterstützt wurden sie durch
die wundervolle Tektonik der ringsum in Terrassen
ansteigenden Flächen des üppig bewaldeten, weit
sich dehnenden Gebirgskessels, dessen warme,
weiche Durchschnittstemperatur zu einer gestei-
gerten Gartenbildung von selbst aufforderte.
Reisehandbücher aus der Zeit der frühen Rhein-
romantik geben in ihren sauberen Stahlstichen
noch oft Gelegenheit, diese so beklagenswert
rasch aufgegebene Bautradition Wiesbadens zu
studieren. Angesichts dieser Bilder scheinen einem

1917. I./II. I.
 
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