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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Prellwitz, K.: Künstler und Auftraggeber
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0197

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INNEN-DEKORATION

177

HAUS MOOG-WIESBADEN

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KÜNSTLER UND AUFTRAGGEBER

Bei dem Staunen über die Vollkommenheit alter Werke
der Kunst oder des Kunsthandwerkes, das zumeist
verbunden ist mit einem Bedauern über das Unzulängliche
des heute Geschaffenen und das sehr gern endigt bei
einer Herabsetzung alles gegenwärtigen Schaffens, wird
fast immer vergessen, wie sehr die Voraussetzungen für das
Entstehen vollgültiger Leistungen sich gewandelt haben.
Der Künstler in seiner Wesenheit hat sich vielleicht nicht
so sehr verändert wie die Bedingungen, unter denen zu
schaffen er gezwungen ist. Der Auftraggeber — wenn
man davon überhaupt noch reden kann — ist anders
geworden und damit mußte notwendigerweise auch das
Endprodukt, das aus Auftrag und Ausführung entsteht,
ein verändertes Gepräge haben.

Das Verhältnis zwischen dem Künstler alter Zeit
und seinem Gönner war ein sehr individuelles; die Laune
des Einzelnen spielte eine viel größere Rolle, als wir
anzunehmen gewohnt sind. Künstler gehörten selbstver-
ständlich an einen Hof, so selbstverständlich wie die
Frauen. In ihnen bespiegelte man sich, seine Größe, seine
Kultiviertheit. Wie so viele Institutionen des klassischen
Altertums hielt man sich verpflichtet, auch die Rolle des
Mäcenas zu tragieren. An vielen Orten, wie man weiß,
mit allergrößtem Verständnis. An anderen Stellen aber

auch nur aus einer gewissen Ruhmsucht, nur weil es so
der Brauch war und gelegentlich auch nur, wie deutsche
Landesväter sich Hofnarren und Luftspringer zu halten
pflegten. Gar oft weiß man nicht, aus welchen Quellen
die Kunstpassionen der Großen fließen. Der Künstler
kümmerte sich wenig darum, wenn ihm nur die Schaffens-
möglichkeiten geboten wurden. Er verwirklichte seine
Ideen oder ein kühnstrebiger Auftraggeber riß ihn mit
sich zu ungeheueren Kraftentladungen.

Je selbstherrlicher, je autokratischer die fürstliche
Gewalt sich konsolidiert, umso mehr wird es Aufgabe
des Künstlers, diesen Höfen Glanz zu geben. Gelingt es
ihm nicht da irgendwie Verwendung zu finden, so fristet
er ein kümmerliches Dasein, es gibt für ihn keine großen
Aufgaben. Im ancien regime wird er also wirtschaftlich
genommen ein Glied des Hofstaates. Das Verhältnis ist
eine Art lockeren Beamtentums. Der Künstler genießt
alle Vorteile des Beamten, hat eine gesicherte Existenz,
regelmäßiges Einkommen, Versorgung usw. und anderer-
seits verbleiben ihm doch immer eine gewisse Freiheit
und Freizügigkeit. Es ist erklärlich, daß dieses Verhältnis
zwischen Fürst und Künstler verschieden sein mußte, je
nach den Anlagen des Fürsten, für den der Künstler zu
schaffen hatte, auch je nach der Veranlagung des Künst-
 
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