Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

DOI Artikel:
Neue Arbeiten des Architekten Otto Zollinger
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0203

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INNEN-DEKORATION

183

ARCHITEKT OTTO ZOLLINGER—ZÜRICH, MITARBEITER ARCH. OTTO SCHWER1. »ENTWURF FÜR DIE KANTOROW1TZ-L1KORSTUBEN«

NEUE ARBEITEN DES ARCHITEKTEN OTTO ZOLLINGER

Die neuen Arbeiten des Züricher Architekten Otto
Zollinger beweisen die konsequente Weiterent-
wicklung der persönlichen Note dieses jungen Künstlers
in den Bahnen zeitgemäßer Stilbildung. Die barocken
Einschläge, die in seinem vielfach noch klassizistisch
streng sich haltenden Pfarrhaus Hohl als lebendigste
Regung auffielen, ihnen ist jetzt breiterer Raum gegönnt,
sodaß die strenge Gradlinigkeit und nüchterne Sachlich-
keit — ohne doch gänzlich aufgegeben zu werden —
einer farbigen phantasievollen Saftigkeit Platz macht. Ja
man könnte fast fürchten, daß diese Hinneigung zum
Üppigen in den Projekten, wie z.B. dem oben abgebildeten
Entwurf zu einer Likörstube, aus einer gewissen Mode-
laune zu weit getrieben wird, empfände man nicht in dem
auf Seite 190 nachfolgenden Gartenhaus die wurzelfeste
Bodenständigkeit des Künstlers. Es gibt wohl wenig
derartige architektonische Kleinbauten, die sich ohne
naturalistische Mätzchen so harmonisch dem Garten ein-
fügen wie jener Pavillon. Das achtzehnte Jahrhundert
hatte noch diese in der Beherrschtheit sich wirksam ent-
faltende Phantasie, durch die auch derartige Elemente
der Landschaftsgestaltung reizvoll und unaufdringlich zu-
gleich wurden. Schließlich ist auch für den Architekten
die Natur Ausgangspunkt und Prüfstein seines Schaffens.
Maßgeblicher als für den Maler oder Bildhauer ist ihm
aber die formale Ausprägung des Gesamtkomplexes der
Lebensbedingungen, die Tradition. Ohne Zweifel ist es
eine solche in der Schweiz niemals aus den Geleisen ge-

Mi7. v. a.

hobene Folgerichtigkeit des Überlieferten, die auch diesem
Künstler Rückhalt gewährt. Das, was in Deutschland
als Rückschlag wiederum gegen das stürmische Vorwärts-
wollen empfunden wird, das erneute Fühlungnehmen mit
Vergangenheiten, hier wird es zum steten, bedachtsamen,
doch immer konsequenten Fortschritt.

So ist denn das Bodenständige auch bei dem Archi-
tekten Zollinger das Primäre, in das sich nur allmählich
das Neue einfügt. Zweifellos hat dem heranreifenden
Architekten die kraftvolle Prägnanz eines Behrens im-
poniert, an dem hier abgebildeten Doppelschreibtisch
erkennt man dies deutlich; auch in der Formfülle Lucian
Bernhards spürte er Verwandtes. Das Eigene entfaltet
sich aber zunächst vorwiegend im Ornament, im Sonder-
leben der Schmuckform, auch hierin von der Lebendig-
keit des Barock überschattet. Die Gesamtform der Möbel
dagegen ist, dank jener der Wohnkultur des Landes ent-
sprechenden Übereinkömmlichkeit, ihm nicht Problem.
Gerade dadurch ist diese moderne Ausprägung schwei-
zerischer Raumkunst so verwandt der holländischen, die
sich gleichfalls dieser rückschlagsfreien Entwicklung rüh-
men kann. Eine gewisse Breite und Behäbigkeit ist beiden
eigen, der Schweizer aber zeichnet sich aus durch eine
im Farbigen liegende Lebendigkeit. Diese äußert sich
nicht schwungvoll, eher stoßartig, mit manchen Ecken
und Kanten im Wesen, dem doch bisweilen ein gutturales
Lachen gut ansteht. Im Ganzen jedoch eine Gebunden-
heit, die der Architekt auch in dem Flächenornament, in
 
Annotationen