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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Umbau eines alten Herrensitzes
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0096

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76 INNEN-DEKORATION

»LANDSCHAFT-AUFNAHME«

WESTERBRAK BEI KIRCHBRAK

UMBAU EINES ALTEN HERRENSITZES

Der Besitzer schreibt uns zu den Abbildungen: Da
wo die Weser ihren östlichsten Bogen durch ein
fruchtbares Tal schlingt, breitet sich seitab ein bergisches
Stück Braunschweiger Land, ein liebliches Fleckchen Erde.
Der Wald ist dicht und weit und birgt zerklüftetes Fels-
gestein, und tut sich auf, um uns einen Blick zu schenken
ins weite, urdeutsche Land.

Hier nun ist vor etwa 500 Jahren ein Edelhof errichtet;
im Anfang des 18. Jahrhunderts neu mit schönen, hoch-
giebeligen Wirtschaftsgebäuden bebaut, nur dem Guts-
hause ist es, wie so manchen seinesgleichen ergangen:
der jeweilige Besitzer drückte ihm mehr oder weniger
kräftig sein Gepräge auf. Im Garten ist dieser indivi-
duelle Geschmack eines perückenbehafteten Vorfahren
sehr zum Genuß der Nachwelt z. T. noch bis heute er-
halten in seiner Terrassenanlage, mit Treppen, Mauern,
schönem Tor und Törchen und einer herrlichen Linden-
allee, die zu Haus und Hof hinführt. — Dieses Gutshaus
selbst ist jedoch in späterer Zeit umgebaut in romanisch-
italienischen Stil. Innerhalb der meterdicken Wände zog
man Gänge ohne Licht und Luft, zerteilte schönen Raum
in allerhand Gelasse. Der Eindruck war dumpf und eng.

Gerade auf dem Land muß unser Haus uns alles sein,
eine Stätte der Arbeit und Konzentration, aber auch
der Ablenkung, Zerstreuung, Gastlichkeit und Freude.

— Die »Romanik« des Gutshauses besteht noch von
außen, im Innern jedoch mußte im heutigen Sinne ge-
ändert werden. Ein einfacher, tüchtiger, einsichtiger
Maurermeister ging ans Werk mit nur hiesigen Hand-
werkern, um nach unsern genauen Angaben, innerhalb
der gegebenen Grenzen, enge Treppen, Gänge und Winkel
verschwinden zu lassen, und dafür Wohnlichkeit an die
Stelle zu setzen. So entstand auch die Halle, die das
Treppenhaus in sich schließt; an der breiten bequemen
Eichentreppe wurde ein uraltes Geländer wiederverwandt.
Den Raum schmückt ein Mahagonieschrank mit Nußbaum-
und bunter Rosenholzeinlage, der Kamin ist aus schlichten
weißen Kacheln, Fürstenberger Porzellan steht auf dem
Sims. Die Wände in Treppenhaus und Halle sind sonnen-
gelb, Läufer und Teppich sind dunkelgrün. An den
Wänden hängen Ahnenbilder und Stiche. Altes und
Neues ist hier, so wie es die Stimmung des Raumes ge-
bietet, keck nebeneinandergestellt, ohne nach Stil, Form,
Farbe, Stoff und Holz allzu ängstlich zu fragen.

Das ist der Segen der heute schaffenden Architekten,
daß sie den Laien das Sehen lehren und ihm dadurch
zeigen, wie er seine Persönlichkeit in der Schönheit seiner
Umgebung ausprägen kann, wie er sich nicht beherrschen
lassen braucht von einem Stil, der seiner Wesensart
vielleicht nicht entspricht................. v. GR.
 
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