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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Mayreder, Friedrich: Mensch, Haus und Landschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0165
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INNEN-DEKORATION

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»ZIMMER DER TOCHTER«

BLICK ZUR FENSTERECKE

zeigtem Wohnhause in den Salzburger Alpen sind
vielleicht zunächst ähnliche Forderungen gestellt
worden. Der Architekt hätte es bei dem Kompromiß
bewenden lassen können, die sogenannten schmük-
kenden Glieder auf ein Mindestmaß zu reduzieren,
ohne daß sich in den Proportionen und in der Grund-
haltung des Baues allzuviel geändert hätte. Max
Feilerer hat versucht, die Gestaltung der den länd-
lichen Bedürfnissen dienenden Dinge aus den ihnen
innewohnenden Funktionen nach den Gesetzen der
Gegenwart von neuem abzuleiten. Diese Funktionen
und Bedürfnisse können aber nicht schlechthin länd-
lich, sondern nur die einer bestimmten Landschaft,
eben einer der Salzburger Alpen, sein. Das Haus wird
dadurch stärker mit der Landschaft verbunden als
durch äußerlichen Anschluß an die Formen irgend-
einer vergangenen Zeit. So sei vor allem auf den
Balkon hingewiesen, der das Haus auf drei Seiten um-
gibt. Mit der biederen Holzgalerie von einst hat er nur
den Zweck gemein. Aber nicht nur die formale Ver-
schiedenheit bewirkt dies, sondern auch der Um-
stand, daß der Balkon auf dem Erker des Erdge-
schosses bündig aufsitzt. Dadurch fügt er sich dem Bau-
körper ein, und das Spielerische, absichtlich Anmutige
der alten Galerien weicht klar gegliederter Bindung.

Niemand wird behaupten können, daß sich dies
Haus der Formensprache alpenländischer Bauern-
häuser bedient, niemand aber auch, daß es in der
Landschaft als Fremdkörper wirke. Es gehört ihr
vielmehr als selbstverständlicher Teil an, weil es die
Bedürfnisse und Aufgaben, die die Bewohner und in
ihnen die Landschaft an ein Haus stellen, mit Sauber-
keit und Anmut zu erfüllen sucht.

Dieser Geist spricht aus der Außengestaltung des
Hauses, er ist auch im Inneren lebendig. In den
großen Wohnräumen des Erdgeschosses findet sich
allerlei in Landhäusern oft Gesehenes - der Erker-
platz, der mächtige Kachelofen -, aber der Be-
schauer kommt nicht in Versuchung, diese Dinge mit
jenen gewollt ungeschlachten Rustizismen zu ver-
gleichen, wie sie auch heute noch, mitunter gar mit
der Gebärde des Modernen, entstehen. Wie die bauliche
Gestaltung des Hauses, ist auch die Einrichtung länd-
lich und dennoch unbefangen im Heutigen wurzelnd.

Ganz der Gegenwart - ihren praktischen, ästheti-
schen und hygienischen Bedürfnissen entsprechend -
gehören die Schlafräume des Obergeschosses an, von
denen hier das Zimmer der Tochter gezeigt wird.
Schwerelos klingt in ihnen die behagliche Strenge der
Wohnräume aus. — Friedrich mayreder
 
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