Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 53.1942

DOI Artikel:
Errungenschaft, nicht Geschenk!
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10968#0113
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
105

ERRUNGENSCHAFT, NICHT GESCHENK!

Kulturformen der Vergangenheit reden uns mit
einem eigenartigen Zauber an. Sie erregen in uns
den Gedanken: Wie schön wäre es gewesen, in den
Zeiten zu leben, die solche großen Leistungen hervor-
brachten - und die sie nicht nur als vereinzelte Taten
erzeugten, sondern in beträchtlicher Zahl und Tag für
Tag, so daß man mit Händen glaubt greifen zu kön-
nen, wie das Geniale fast an jedem Herde heimisch
war und sich mühelos allen schenkte! Ist es nicht zu
gewissen Zeiten der mittelalterlichen deutschen Holz-
bildnerei, als sei es den Meistern damals unmöglich
gewesen, etwas Schlechtes zu machen — oder, wie
man von den griechischen Schriftstellern des 6. und
5. Jahrhunderts gesagt hat, sie hätten gar nicht an-
ders gekonnt als gut schreiben? Und gegenüber sol-

chen Einflüsterungen unsrer Phantasie stellt sich
dann die Lage der Gegenwart beinahe als ärmlich
und bedrängt dar, ungesegnet gleichsam, weil jede
Gegenwart sich in das mühselige Ringen um die gute
Qualität verstrickt sieht.

Nun trifft es sicherlich zu, daß es eine Begnadung
einzelner Epochen mit einem bestimmten Können
gibt, dergestalt, daß sie auf manchen Gebieten der
Gestaltung sich besonders schön und glücklich aus-
drücken. So haben Strecken des 18. Jahrhunderts ihre
besondere Gabe für das Porzellankunstwerk, den go-
tischen Jahrhunderten strömen mächtige Baugedan-
ken zu, im alten Griechenland gibt es eine kurze Zeit
lang auffallend günstige Lebensbedingungen für die
Tragödiendichtung. Aber keiner von diesen Zeiten

Aufnahmen
Willi Moegle
Stuttgart

KÜCHENSCHRANK MIT ANGESTELLTEM TOPF- UND BESENSCHRANK
 
Annotationen