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Internationale Sammlerzeitung: Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde — 1.1909

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Nummer 1 (1. Februar)
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Tnfernatiönale
$ammler-2eifunjj
Zenfralblaff für Sammler, Eiebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Harbert Ehrlich und J. Hans Prosl.
1. Jahrgang. Wien, 1. Februar 1909. Hummer 1.

Zum Geleite.

it der „ Internationalen Sammler-Zeitung“ wird
zum erstenmale auf breiter Basis der Versuch
gemacht, den einzelnen Gebieten des Sammler-
tums Zusammenhänge zu geben, das ästhetische
Jnteresse an der edlen Eiebhaberei zu oertiefen
und eine alles interessante und Einschlägige
berührende Berichterstattung in einer bisher
nicht geübten Weise zu pflegen. Die „inter-
nationale Sammler-Zeitung“ will ein Zentral-
organ sein, das gestützt auf die ITlitarbeiter-
schaft heroorragender Fachmänner und Sammler
und auf eine Fülle illustrierten fflaterials den
Eesern ein aus Einzelheiten zusammengesetztes
des Sammelsports bietet, dessen Dielfache Be-
deutung noch nicht genug gewürdigt ist.
Ulan kann gleich wie bei dem Spiel, auch non den
lleigungen, Eiebhabereien und Eeidenschaften des Sammlers
sagen, dalj sie über das müfjige Dileftieren hinaus, einem
natürlichen Triebe entsprechen. Schon dem Kinde eignet
dieser Trieb, das die unscheinbarsten Dinge einsammelt
und mit ihnen ein Spiel treibt, oon dem es heifjt, dafj in
ihm ein höherer Sinn ist. Der Knabe sammelt ITlineralien,
sammelt Schmetterlinge, Bildchen, Bücher, marken, stellt
Herbarien zusammen und gelangt so ooll Eiebe zu einer
Wissensfülle, die ein unoerlierbares Gut bis in die späteren
Jahre bleibt. Beim JTlanne gibt sich geistiger Überschuß
beim Sammeln aus oder er schafft sich in einer Eiebhaberei
die ihm sonst fehlende Konzentration, eine Ablenkung
oon den Einseitigkeiten des deneroierenden Berufes, Ersatj
für die Eleigung oder Veranlagung, der er durch die Hat-
wendigkeit der Verhältnisse entzogen wurde.
Der Sammelsport hat seine Psychologie, die ooll
interessanter Einblicke noch ihres Forschers harrt. Jn all
diesem scheinbar Spielerischen ist oft ein tieferer Drang,
der aus oerborgenen Gefühlskräften, aus geheimen Be-
gabungen, aus dem Sinn oder der Sehnsucht nach Ver-
gangenheiten sich nährt. Die Freude an der Seltenheit

ist nicht bloij der snobistische Stolz auf einen auch oon
anderen begehrten Besifj. Wie oiel tiefer Sinn und oft
wehmütiger Genufj wird in dem Sammler geweckt, wenn
er die Anmut einer oergangenen Epoche, einer entschwun-
denen Kultur in all den seltenen Gegenständen, ihren
Formen und ihrer Pracht sich oergegenroärtigt. Sie sind
ihm lebendige Zeugen, die sich über Zerstörung, Zeit und
Tod hinaus erhalten konnten, sind ihm eine stumme und
doch beredsame Sprache aus Dämmerungen, aus Tagen
des Glanzes oder niederganges, und besitjt er die Phantasie
des heimlichen Künstlers, so wird er aus toten Dingen
sich Eebendiges wieder schaffen, ITlenschen schauen, die
mit einer unnachahmlichen Grazie aus diesem wunder-
oollen Kelch genippt, jenes stolze Schwert gegriffen, diese
kostbare münze in der Hand gehalten haben. Auch aus
papiernen Dokumenten, aus einem selten gewordenen Buch,
aus einer alten Flugschrift, aus einem oergilbten Gewand
ersteht ihm eine ganze Welt.
Durch den Fleifj, die ITlühsale und durch den luxu-
riösen Sinn des Prioatsammlers sind jene ITluseen, Archioe
und Bibliotheken in ihrer Vielfältigkeit ermöglicht worden,
ohne welche es uns uersagt geblieben wäre, historisch ge-
wordene Zeiten zu rekonstruieren mit jenen Details, über
welche die Geschichte heute oerfügt. Welch fruchtbare
Arbeit wurde da oom Einzelnen geleistet! Die Zusammen-
fassung unscheinbarster Gegenstände, alter Plakate, Visit-
karten, Partezette), Gebrauchsgegenstände gewährten schon
Einblicke in die Eebensart, in die Sitten und in all die
Elüancen abgeschlossener Zeiten, sie wurden zum Zeichen
einer Kultur, die man jetjt ganz übersieht, weil man ihr
feinstes Geäder kennt.
lieben der hier heruorgehobenen kulturgeschichtlichen
Bedeutung des Sammlertums kann auch seine kultur-
fördernde und kommerzielle betont werden. Der Freude
am Sammeln enfsprofj jenes edle niäcenatentum, das die
Entstehung unoergänglicher Kunstwerke, die materielle
Existenz des Künstlers ermöglichte. Durch den sich stei-

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