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Seife 4.

Internationale Sammler-Zeitung.

Hummer 1.


Über öas Ex libris unö Ex libris-Sammeln.
Von Karl Corenz.
Sekretär der „Österreichischen fix libris-Gesellschaft“, Wien.

Die Gepflogenheit, Ex libris zu sammeln, ist verhältnismäßig
neueren Datums; die Sitte, das Eigentum an einem bestimmten Buche
durch einen in dasselbe eingeklebten, mit einem Eigentumsvermerke
versehenen Zettel zu manifestieren, ist hingegen schon seit dem Ende
des fünfzehnten Jahrhunderts in Gebrauch, und fällt zeitlich fast
mit der sogenannten „Erfindung des Buchdruckes“, mie man die
durch Gutenberg eingeführten Heuerungen fälschlich bezeichnet, zu-
sammen. Bis jetjt kennt'man mehrere in der Zeit uor 1500 durch
mechanische Vervielfältigung entstandene Ex libris, uon denen das
Ex libris des manches Hildebrand Brandenburg, das des Kaplans
Hans Jgler und das des Junkers Wilhelm uon Zell, als die ältesten,
in Deutschland hergestellten Blätter gelten.
Viele Bücherbesißer, die kein Ex libris in Gebrauch haben,
kennzeichnen ihr Eigentum durch handschriftliche, auf die Innenseite
des Deckels oder auf das Titelblatt eingeschriebene forme! „Ex libris
Fl. 11.“; dieser formel, die meistens auch bei den in frage stehenden
Zetteln in Anwendung gebracht murde, uerdankt das Ex libris seinen
Hamen, nebenbei kommen, wenn auch seltener, andere Bezeich-
nungen ruie Buchzeichen, Bücherzeichen, Bibliothekszeichen, Buch-
eignerzeichen und ähnliche Ausdrücke uor, die sich aber bis heute
noch nicht eingebürgert haben.
Ein Ex libris besteht aus dem Bildträger, meistens Papier
und dem B Ide, welches entweder durch Zusammensein gegebener
Tettern und Typen, rein typographisch, oder durch Reproduktion
einer eigens für diesen Zweck geschaffenen, mehr oder minder künst-
lerischen Arbeit hergestellt wird. Von den frühesten Zeiten an haben
sich die größten meister in den Dienst dieses Zweiges der Klein-
graphik gestellt; alle klingenden Hamen uon Dürers Zeiten bis in
unsere Tage finden wir unter den fix libris-Künstlern vertreten.
In den ältesten Zeiten kommt ausschließlich der Holzschnitt
als Reproduktion in Betracht; heute gibt es wohl keinen Zweig der
Technik, der nicht für die Herstellung uon Ex libris herangezogen
würde, lieben dem Klischeedrucke, der nach einer Zeichnung in
Zink hergestellt wird und die billigste Art der Anfertigung ist, und
dem bereits erwähnten Holzschnitte, werden alle Reproduktions-
techniken in Anwendung, gebracht: Cithographie, Heliograuüre, Al-
graphie, (Aluminiumdruck), Steinäßung, Kupfer- und Stahlstich,
Radierung, Dreifarbendruck u. s. w. Sogar mit Schablonen her-
gestellte Ex libris wurden bekannt. für die künstlerische Bewertung
eines Blattes fällt die Technik natürlich nicht in die Wagschale; ein
von Aleisterhand herrührender Klischeedruck kann bedeutend höher
stehen, als eine von unkünsflerischer Hand geschaffene Radierung.
Bei gleicher künstlerischer Qualität wird man jedoch den vornehmeren,
sogen, originalgraphischen Arbeiten, bei denen zwischen Künstler
und Drucker kein mechanisches oder gewerbliches Verfahren ein-
geschaltet ist, den Vorzug geben.
Wenden wir uns nun der Zeichnung selbst zu, so finden wir
Ex libris, die entweder nur Schriftzeichen tragen oder nur mit einer
bildlichen Darstellung versehen sind; uon ersteren sprachen wir
bereits oben. Zwischen diesen Grenzen treffen wir, je nachdem
Schrift oder Bild vorherrscht, alle möglichen Kombinationen uer-
treten: Schrift von einem künstlerisch entworfenen Rahmen um-
geben ; Bild mit IHotto oder IHonogramm ohne Hennung des Eigner-
namens; Bild mit vollem Hamen; Bild mit ausdrücklicher Hennung
des Hamens unter Beigabe eines Spruches u. s. w. Jst der Haine
auf dem Ex libris verschwiegen, so sprechen wir uon einem ano-
nymen, ist er nur durch Buchstaben angedeutet, von einem
kryptonymen Blatte.
Zu bildlichen Darstellungen auf Ex libris wählte man mit
Vorliebe das Wappen als persönliches, nur einem bestimmten Wesen

zugehöriges Zeichen. Später erst verwendete man freie Kompositionen
und heute werden auf Ex libris, dem Geschmacke des Bestellers
Rechnung tragend, alle möglichen Zeichnungen angebracht, auch
wenn sie zu dem Besißer in gar keiner Beziehung stehen. Off ist
der Haine des Eigentümers durch die Zeichnung rebusartig angedeufet,
zum Beispiel der Haine „Beer“ durch einen Bären, der Harne
„Häusler“ durch eine uor einem Häuschen stehende Person; solche
Blätter nennt man mit einem der Wappenkunde entlehnten Ausdrucke
„redende Ex libris“.
Häufig tritt zu Zeichnung und Hamen noch irgend ein Spruch
hinzu, entweder der Wappenspruch des Besißers oder ein IHotto,
welches des Eigentümers Gesinnung oder Tebensanschauung zum
Ausdrucke bringt Sinn- und Wahlsprüche) oder endlich eine an
den Entlehner eines mit einem derartigen Ex libris versehenen
Buches für den fall der Hichtzurückgabe gerichtete Drohung. Teßtere
Sprüche, auch „Bücherflüche“ genannt, sprechen meist in derberer
oder feinerer Art eine gar eindringliche Sprache mit dem Entlehner.
Es sei gestattet, einige Proben solcher Poesie hier mitzuteilen:
„Gibst Du das Buch mir nicht zurück,
So wartet Dein des Henkers Strick!“
Wieviel Arbeit hätte der Scharfrichter, wenn er jeden säumigen
Entlehner justifizieren müßte!
Hicht minder grausam ist folgender, einem Virgil des Klosters
St. Gallen entnommener Bücherfluch:
„Wer dies Buch wegträgt, den sollen tausend
Peitschenhiebe treffen und Aussaß und Eähmung dazu.“
Den Ton der Resignation schlagen folgende Verse an:
„Geliehene Bücher wiedergeben
Wird oft versäumt von Jungen und Alten,
Denn leichter ist’s, die Bücher selbst
Als was darin steht, zu behalten.“
Johanna Kefper, 1895.)
Ein reizender Spruch steht auf dem von Doepler d. J. ge-
zeichneten Ex libris des Berliner Verlegers francken-Schwann:
„Es kann aus meinem Buchverlag
Zum Eigentume Tag um Tag
Sich Werke schaffen jedermann
IHit meinem firmazeichen „Schwann.“
Doch dieses Buch, wenn nimmer dein,
Denn ich entnahm’s dem eignen Schrein.
Hast du’s gelesen mil Bedacht,
So werd' es hübsch zurückgebracht.“
fassen wir die wesentlichen Bestandteile eines Bucheigner-
zeichens zusammen. Dasselbe soll die Worte „Ex libris“ oder eine
ähnliche Bezeichnung tragen; Vor- und Zuname des Eigentümers
sollen ausgeschrieben sein; die bildlichen Darstellungen sollen zu
der Person, der das fix libris zugehört, sowie zu dem Zweck, dem
es dient, in Beziehung stehen; endlich soll der Künstler sein Signum
unter die Zeichnung setzen und sein Werk datieren. Ein Blatt,
dem das eine oder andere aufgezählte ITlerkmal fehlt, wird nicht
vollkommen seinem Zwecke entsprechen.
Die Tradition der fix libris-Siffe hat sich ununterbrochen
bis auf unsere Tage erhalten; es gab wohl Zeiten des nieder-
ganges, ein Stillstand ist aber niemals eingetreten. Die Geschmack-
losigkeit, die durch den größten Teil des neunzehnten Jahrhunderts
auf allen Gebiete i herrschte, verschonte auch die Kunst nicht; die
nichfsagendsten, künstlerisch unbedeutendsten fix libris gehören
dieser fipoche an und erst, als durch die großen Taten unserer
 
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