Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Internationale Sammlerzeitung: Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde — 1.1909

DOI Heft:
Nummer 5 (1. April)
Zitierlink: 
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/internationale_sammlerzeitung1909/0084
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seife 78.

Internationale Sammler-Zeitung.

Hummer 5.

(Die Herzogsburg) Ulan berichtet aus Braunau: Durch
die Gründung eines iTlusealnereines und Vereines für Heimat-
forschung rnurde das Interesse für die engere Heimat immer mehr
gemerkt und man fing an, sich in der Stadt umzusehen, was alles
noch Erhaltenswertes zu finden und zu Schüßen wäre. Herr
o. Preen machte aufmerksam auf die alte Herzogsburg, die
ihm schon lange bekannt war und wo er uor kurzem Wand-
malereien aus dem 16. Jahrhundert freigelegt hat. In der leßlen
lllusealausschußsißung stellte Bürgermeister Vink den Antrag, die
Erwerbung des Schlosses durch die Stadt ins Auge zu fassen, um
einer Deoastierung des Baues oorzugreifen. Jetjt, da der Kaufpreis
sehr niedrig angeseßt ist, wäre der richtige Zeitpunkt, dem Bau
der Stadt und überhaupt dem fände zu erhalten Die Burg be-
findet sich in der sogenannten Altstadt. Die Front, schon bemerkbar
durch die schönen gotischen Fensteröffnungen, macht einen statt-
lichen Eindruck. Das Erdgeschoß birgt mehrere Gewölbe und eine
Vorhalle, wie geschaffen für die Aufnahme der schweren und
größeren Gegenstände des ntuseums. hn ersten und zweiten Stock
sind je zwei größere Räume und Kammern, zum Teil gewölbt, eine
mit Tramdecken aus ferchenholz »ersehen. Einige dieser Zimmer
und Säle sind nach Reinigung sofort zu beziehen. Jm zweiten
Stock befinden sich die ornamentalen ITlalereien und Wappen-
schilder an der der Gasse zugekehrten Fensterwand. Jm Hausflur
führt eine Treppe in den Keller und uon da zum Vorgarten. Hier,
sowie uon den Fenstern der alten malerischen Wasserseite der Burg
aus, hat man eine entzückende Aussicht auf die Auen des Jnns,
aufwärts des Englbaches und die uon den Salzburger Bergen be-
grenzte herrliche fandschaff. Der Bau, wie er sich jetjt darbietet,
hat ein gotisches Gepräge. Jm 17. Jahrhundert wurde der Bau
noch als Residenz benußt und zeitweilig bewohnt. Jetjf dient er
dem Bräuer Vital Schattenfroh als Aufbewahrungsort uon Heu,
Stroh, Fässern und Gis. Schon zur uorrömischen Zeit war die
Stelle, an der jeßt die Altstadt mit der alten Burg sich erhebt, be-
siedelt. Jm 11., 12. und 13. Jahrhundert erhielten die Herren uon
Braunau ein TRinisterialgeschlecht. Herzog fudwig I. uon Bayern
erhob das Rittergut der Braunauer zur Stadt und uerlegte die
JTlaut und das fandgerichf non Ranshofen nach Braunau. Hier
wurde die Hochzeit fudwig I. mit der uerwitweten Gräfin uon Bogen,
einer Tochter fadislaus uon Böhmen, (1204), gefeiert. Churfürst Rlaxi-
milian I., welcher uom 29 ITlai bis 5. Juni 1648 in Braunau weilte,
ließ sich uon da in einer Sänfte nach Burghausen tragen, uon wo er
alsbald nach Salzburg flüchtete. 1652 erfolgte der Besuch der
uerwitweten Churfürstin JTlaria Anna, des jungen Churfürsten und
seiner Gemahlin Henriette Adelheid, welche sich mehrere Tage hier
auf hielten. 1674 Besuch des Kurfürsten Ferdinand ITlaria, der die
neuen Befestigungen besichtigte. Jm 18. Jahrhundert kommt die
alte Burg als Baumgartnersches und später als linkisches Bräu-
haus uor.
(Der ffledici-Palast zu Florenz in Gefahr.) Der Kunst-
schriftsteller Ugo Ojetti macht im „Corriere delle 5era’ darauf
aufmerksam, daß eine berühmte und namhafte Bibliothek Italiens
und mit ihr zugleich ein ehrwürdiges und köstliches Bauwerk in
steter Gefahr schwebt. Es handelt sich um den berühmten Palast
der ITledici zu Florenz, der heute Palazzo Riccardi genannt wird,
und der die Riccardiana genannte Bibliothek beherbergt. Die
Riccardiana uon Riccardo Riccardo im 17. Jahrhundert begründet,
1813 uom Staate erworben, umfaßt etwa 30.000 Bände und 3800
Handschriften, unter denen sich ein uon Benozzo Gazzoli illustrierter
Virgil, sowie uiele ITlanuskripte uon Dante, Petrarca, fflacchiauelli
und Galilei befinden. Unmittelbar unter dieser Bibliothek nun ist
die Zentralquästur uon Florenz mit ihren Speise- und Schlafsälen,
ihren Küchen und ihren Heizungsanlagen. Dafj diese Einrichtung
eine ständige Gefahr bedeutet, ist um so weniger zu leugnen, als,
wie jeder Kenner italienischen Volkswesens weif], in italienischen
Ämtern mit Neuerung und dergleichen keineswegs uorsichtig um-
gegangen wird Der Palast ist ja jedem Besucher uon Florenz als
eine der architektonischen Kostbarkeiten der Stadt bekannt. Gr
stammt noch uom alten Cosimo. Zuerst hatte ihm Brunellesko
einen Entwurf geliefert; den aber hatte Cosimo abgelehnt, weil er
fürchtete, der Bau könnte durch zu große Kostbarkeit den Heid
der Florentiner erregen. So wurde Rlichelozzo der Baumeister des
Palastes, der ja dann durch seine plastische Kraft mit Zierlichkeit
uereinigenten Formen für die weitere Entwicklung der florentinischen
Baukunst bedeutend geworden ist.

(Huseen.
(Arndf-lTluse um in Bonn.) Ulan schreibt uns aus Bonn:
Jn der idyllisch gelegenen Arndtruhe, dem Gasthaus an der Strafe
uon Friesdorf nach Godesberg, ist im Hlärz zur Erinnerung an
Ernst Rloriß Arndt ein JTluseum eröffnet worden, das zahlreiche
Bilder, Statuen, Büsten, Werke uon Arndt, sowie wertuolle Original-
briefe und hübsche Reliquien uereinigf. Jn einer besonderen Ab-

teilung sieht man die Porträts seiner Familienangehörigen, darunter
uon seinen Eltern und seiner Gattin Ranna ITlaria Schleiermacher.
Die Autographen bergen zahlreiche originelle Stücke, u. a. das
Schreiben uom 11. Rouember 1820 an den Konsisforialrat Gottlob
Christian Rlohnicke mit der JTlitfeilung, dafj er „wegen politischer
Umtriebe“ uom Amte suspendiert und „noch einer besonderen
Untersuchung unterstellt werden soll“. Das ITluseum schmücken auch
zahlreiche Bilder uon Dichtern und Schriftstellern, die diese mit
sinnigen Widmungen uersehen haben, so uon Baronin Gbner-
Gschenbach, Fr. Spielhagen, P. Rosegger, Wilhelm Raabe, ITlaurice
uon Stern, Detleo uon Tiliencron u. a. Die Anregung zu dem
ITluseum ging uom Dichter Josef Tauff aus, der für die Eröffnungs-
feier auch einen stimmungsuollen Prolog beigestellt hatte.
(Das Kaiser Friedrich-ITluseum in ITlagdeburg) er-
hielt als Geschenk die Serpentinstein-Statuette der „Judith“, uon
dem ITlünchener Bildhauer JTl. 0. ITlüller, uon dem bereits die
Rationalgalerie in Berlin und das Waimaraner ITluseum eine Angora-
kaße besißen. Diese Zuwendung gehört zu dem wertuollsten Zu-
wachs, den das ITluseum auf dem Gebiete der Plastik zu uer-
zeichnen hat; der strenge geschlossene Stil der Statuette und der
großartige Ausdruck des dämonischen Weibes, der an Hebbels
Judith erinnert, lassen in dem noch jungen Bildhauer einen sehr
hoffnungsuöllen Plastiker erkennen.
(Gin Rubens-fRuseum.) Wie aus Antwerpen berichtet
wird, plant die Stadtbehörde in dem uon Rubens errichteten Hause,
dem Gebäude in der heutigen Rubensstraße 7, die Errichtung eines
umfassenden IRuseums, das alle Andenken an den grofjen Kleister
uereinigen soll. Das Haus wird umgebaut und soll seine alte Form
wieder erhalten; zugleich soll hier der größte Teil der in Belgien
befindlichen Werke Rubens uereinigt werden, während uon den im
Auslande befindlichen berühmten Gemälden Kopien angetertigt und
hier aufgehängt werden.
(Schenkung Ramsays.) Die Sammlungen des Deutschen
Rluseums in ITlünchen wurden dieser Tage durch eine Stiftung
bereichert, die für die Geschichte der Raturwissenschaften uon
größter Bedeutung ist. Der berühmte Chemiker Sir W. Ramsay
überwies dem Rluseum Proben der uon ihm entdeckten gasförmigen
Elemente Argon, Helium, Kripton, Reon und Xenon. Die Proben
wurden uon ihm mit großer lllühe selbst hergestellf und in Spek-
tralröhren gefüllt dem Rluseum übersandt.
(Ein Tschechew-IRuseum in IRoskau.) Der Verein uon
Freunden der russischen Titeratur in ffloskau hat die Errichtung
eines Tschechow-JRuseums beschlossen. Es sollen da der literarische
Rachlaß des im Sommer 1904 in Badenweiler uersforbenen Schrift-
stellers, ITlanuskripte, Briefe, Bilder uon ihm, Photographien seiner
Wohnungen und Gegenstände, die auf ihn Bezug haben, uereinigt
werden.
(Erweiterung des Rluseums in Salzburg.) Aus Salz-
burg wird uns berichtet: Das Stiegelbräu-Gasthaus ist uon der
Sfadtgemeinde zum Zwecke der Erweiterung des fRuseums um den
Preis uon 78.000 K angekauft worden. Gin Teil des Gebäudes wird
um einen ansehnlichen Kaufpreis an das benachbarte Ursulinnen-
kloster abgetreten, so dafj sich die Transaktion für die Stadtgemeinde
ziemlich günstig stellt. Es besteht die Absicht, den riaupteingang
zum Rluseum beim jeßigen Stiegelbräu-Gasthaus einzurichfen und
das ehemalige Tinzer Tor beim Rluseumeingang wieder aufzurichten.
(Reuerwerbungen der Berliner Rationalgalerie.)
Die Berliner Rationalgalerie wurde, wie man uns uon dort schreibt,
durch eine Reihe wertuoller Reuerwerbungen bereichert. Von Bern-
hard Plockhorst, dem uor zwei Jahren uerstorbenen Berliner
Künstler, erhielt die Galerie ols Geschenk der Frau Plockhorst eine
Grablegung. Zwei andere Erwerbungen führen in den Anfang des
19. Jahrhunderts zurück. Der Kölner Benedikt Bechenkamp
(1747—1828) porträtierte den Tandschaftsmaler Georg Schüß. Es
ist ein ernster, geschlossener Kopf mit grauer Tockenperücke, die
Halbfigur in oiolettem Sammt auf bräunlichem Grund. Das andere
Bildnis ist uon der Hand Friedrich Burys (1763 - 1823) und gibt
die Züge des Tandschaffsmalers James Gerelli, des Vaters der
Bonawentura, der Burys Schüler wurde. Der Kopf steht auf
grauem Grund über einem grofjen, dunkelblauen, hochgeknöpften
Werterrock.
(Van Dyck in der londoner Rational-Gallery.) IRan
schreibt uns aus Tondon: Reun große Porträts und Gruppenbilder
»an Dycks gelangten soeben in die Rational Gallery. Es ist eine
Teihgabe des Tord Tucas, der sie für die Dauer uon zwei Jahren
der Sammlung überwies, troßdem diese erst uor kurzem aus Ge-
nueser Priuatbesiß für mehrere Hunderffausende Bildnisse uan Dycks
erworben hat. Die Perle der Sammlung ist die 1622 ebenfalls in
Genua entstandene Gruppe der Kinder aus der Familie Balbi.
 
Annotationen