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Seite 84.

Internationale Sammler-Zeitung.

Hummer 6.

an dieser Kleinkunst Darüber. Hur der Sammler soll sein
Auge bilden und trainieren. Es sind ihm oiele Genüsse
bescheert. Ich rate daher jedem Sammler oon Siegelabdrücken
auch an der Hand des Kenners den Unterschied zwischen
dem Abdruck einer Steingraoierung und der Graoierung
auf Wetall: Stahl, Bronze oder Silber kennen zu lernen.
Ich habe mir seit 50 Jahren ITlühe gegeben, Arbeiten unserer
Steinschneider zu sammeln, toelche leider in der Jetztzeit keine
bedeutenden Aufträge mehr haben, da die Steingraoierung
beinahe ganz aus der Diode ist. Die alten Stanzierungen
haben in figuralem fache, im Schnitt oon Graouren Herr-
liches geleistet und man findet diese Arbeiten noch in



die Graoierung oon Wappen auf Ringen angetoiesen. Wie
kam dies? Auch in Wappengraouren, socoohl beim Stein-
schneider als Graoeur, ist der Dlangel an Aufträgen fühlbar,
zum Teile heroorgerufen durch die kaiserliche Verordnung,
dafj zu dem Orden der Eisernen Krone und des Teopold-
ordens die obligate Erhebung in den Adelstand aufgehoben
rourde. Jeder dieser Glücklichen hat sich ein Wappen
malen lassen und erhielt oom Dlinistenium die Erlaubnis
durch das Adelsdiplom zur führung seines Wappens. Die
Graoierung eines Siegels, eines Steinrings, eines Stempels,
der Stanzen für Eioreenknöpfe usro., toar das Geringste,
roas oon den Heugeadelten oerlangt rourde. Von Brief-
papieren, der Silbergraoierung, abgesehen, gibt es eine
Wenge Gegenstände, roo das Wappen durch den Graoeur
angebracht wird. Wir hatten in Wien im Jahre 1848
folgende Steingraoeure: Schroarz, Singer, Johann und Ignaz
Steinschneider, Stern, Grabmann, franz und Adolf Gabik,
Schateri der Ältere und der Jüngere, Jauner, Horoak,
Dörflinger und noch mehrere. Am Teben und bei der
Arbeit sind oon den genannten Weistern nur mehr drei,
alle anderen sind nicht mehr. Da die Steinschneider keine
Lehrlinge heranbilden, ist auch kein Hachrouchs da. Es
werden daher die Arbeiten dieser Teufe kaum mehr dem
Sammler in die Hände kommen. Teider gibt es weder
in Wien noch in Paris, Tondon und Berlin Sammlungen
oon Graoeurarbeiten; nur in Einz ist eine solche und in
den Benediktinerstiften Welk, Herzogenburg, Admont,

wunderschönen Gipsabdrücken. Am“Anfang bis in die
Witte des oorigen Jahrhunderts, noch oor 1848, waren
Prioatpersonen bemüht, sich Sammlungen oon Gipsabdrücken
anzulegen, welche man oon den Gipsgiefjern in Wien, besser
oder schlechter gegossen, beziehen konnte. Ich bin im
Besitze oon einigen dieser Sammlungen, die noch oermehrt
wurden durch Abdrücke oon Wünzen und Wedaillen. An
diesen Abdrücken konnte der Graoeur studieren und lernen.
Und lebende Weister werden zugeben müssen, dafj diese
Art der Sammlung ihnen nützlich gewesen ist. freilich
der „Woderne“ kennt diese Arbeiten nicht und wirft sie,
wie alles Schöne, auf den Wist. Aber dem Sammler
wächst die freude, Dinge zu besitzen, welche einer Zeit
angehörten, roo die Kleinkunst ihre freunde hatte. Es ist
traurig, zu sehen, wie die Diode herrliche Dinge oer-
schlingt. Die Vertreter des Steinschnitts und der heral-
dischen Graoierung müssen es sich gefallen lassen, dafj



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sie keinen Auftrag erhalten, der ihrem Können Verdienst
gibt. Sie müssen sehen, wie ihre Arbeiten als Anti-
quitäten behandelt werden, denn die Steinschneidearbeit
überdauert Jahrhunderte, ja Jahrtausende, roie wir in den
Sammlungen der egyptischen Wuseen sehen können.
Eine Kleinkunst, die sich auf Kindeskinder oererbt,
ja unzähligen Generationen freude bereitet, ist heute auf

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Zwettl und Klosterneuburg sind Abdrücke alter Siegel
zu finden. Auch kleine Wuseen, roie das in Eggenburg
und in Krems in Hiederösterreich haben Abdrücke oon
derlei Arbeiten, es sind jedoch nicht heroorragende Arbeiten
zu sehen. Im Kunsthistorischen Hofmuseum zu Wien sind
zwar immer Abdrücke gesammelt worden, aber ob sie dem
Publikum zugänglich sind, roeifj ich nicht. Das österreichische
ITluseum für Kunst und Industrie hat 200 Stück oon
Abraham Schroarz aus meiner Sammlung und die grolje
Sammlung oon den Siegeln der Kaiser und Könige in
einem grofjen Kasten — ein Geschenk des Sammlers
Saba, welcher die Siegel des österreichischen Kaiser-
hauses in zwei Bänden herausgab.
Den Sammlern oon solchen Abdrücken, die alte und
moderne Weister repräsentieren, will ich einige Hamen
nennen. Die schönsten Arbeiten der Renaissanze sind
oon Riehl in Augsburg, oon Abraham Schroarz und
seinen Söhnen, oon Anton Hofmann, einem Schüler
oon -Schwarz. Von anderen Weistern des oergangenen
Jahrhunderts sind zu erwähnen: frau Greiner, Hagel,
einer der Schüler oon ihr, fischer und Reyroöger,
Radniljky in zwei Generationen, Jauner in heroorragen-
der Weise, Kleinert, Walmbek; oon Auslande: Bien-
bock in Wünchen und sein Schüler, der leider jung ge-
storbene Otto in Berlin. Berühmte Steinschneider sind:
Haferoth und Äcklann in Berlin, Schuppan und
[Quintus in Eger, Braun in Prag u. a. m.
 
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