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Hummer 6.

internationale Sammler-Zeitung.

Seite 93.

den napoleonischen Bienen übersäet. Jn einer sieht man das „11“
mit der Krone. Die Prinzessin Mathilde, Tante Hapoleons L
uermachte dem Museum ein kostbares Chorhemd des Kardinals
Fesch. fluch dies ist mit Kreuzen der Ehrenlegion bestreut. Ein
wunderbares Stück Spifje aus dem 18. Jahrhundert) Blumen und
Bänder darstellend, aus Point d’ flrgentan, haben das ausstellende
ITluseum und das der Ironischen Gewebe gemeinschaftlich ange-
kauft. Ein anderes Chorhemd aus der Zeit Eudwig XIV. aus Point
de France ist uon geradezu bezaubernder Schönheit. Herrliche
Point d’ flngleterre, Point de Burouso, Malines, Brüsseler, irländische
und spanische Spitzen sind in kostbaren mustern uertreten. Ein
großer Wandschmuck aus abschattierter, spanischen Filef-Guipure
stellt die Krönung der Jungfrau uon Orleans dar. Echt spanische
Arbeit ist die Spitje mit dem Kruzifix, in der die Blutstropfen des
Gekreuzigten mit roten Fäden eingesfickt sind. Zu den Kuriositäten
gehört ein kleiner Fächer aus Ha arsp itjen. Die dazu uerwendeten
Härchen gehörten einem kleinen Knaben; sie waren nicht länger
als 10 Zentimeter und muijfen aneinandergeknüpff werden, beuor
man sie auf die Röllchen brachte.

Uerscbieöenes.
(Tragisches Ende einer Sammlerin.) Aus Güns wird
uns berichtet: flm 2. d. M. ist hier die Witwe eines heruorragenden
Beamten namens Foltanek durch Umfallen einer brennenden
Petroleumlampe oerunglückt. Die Kleider der Frau fingen Feuer
und trat; rascher Hilfe erlitt sie so schwere Verlegungen, dafj sie
bald darauf starb. Frau Foltanek war eine leidenschaftliche flnti-
quitätensammlerin. In ihrer Wohnung fand man fünfzehn luxuriös
mit Altertümern, Reliquien und wertvollen Gegenständen ausge-
stattete Zimmer.
(Preisausschreiben für ein Trinkgefäfj.) DasWürtfem-
bergische Eandes-Gewerbemuseum (Stuttgart, Kanzleistr. 19) erläfjt
ein Preisausschreiben <600, 300 und 100 Mk.) für ein Trink-
gefäß aus Keramik oder aus Glas. Bedingung ist ein selbständiger,
künstlerischer Entwurf und eine technisch einwandfreie Ausführung.
Gefordert werden fertig ausgeführte Objekte. Der Endtermin für
die Einsendungen ist der 1. Aouember d. J.
(Die neue vatikanische Pinakothek.) Aus Rom wird
uns berichtet: An der Spiße eines glänzenden Gefolges hat am
26. v. M. der Papst die neue uatikanische Pinakothek eröffnet.
Die alte Gemäldegalerie, deren Werke nun in den Räumen der
völlig umgebauten ehemaligen Floreria in der Südwesfecke des
Beluederehofes neugeordnet, durch zahlreiche, bisher unbekannt
gebliebene Gemälde ergänzt, die neue uatikanische Pinakothek bilden,
ist uor noch nicht hundert Jahren gegründet worden. Jn den Bor-
gia-Sälen wurden damals uon Pius VII. die Gemälde aufgehängf,
die die Franzosen 1797 aus den Kirchen entführt hatten, und die
1815 dem Papst zurückgegeben wurden. Aus den Borgia-Sälen
wurde die Sammlung dann in die Säle der Raffaelschen Stanzen
überführt und endlich 1857 in den oier Sälen bei der dritten Eoggia
untergebracht, wo sie bis uor kurzem uereinigt war. Schon oft war
darüber Klage geführt worden, dafj diese Sammlung einer neuen
kunstwissenschaftlichen Aachprüfung entbehrt. Die uielfach zweifel-
haften Bezeichnungen der Bilder uerlangten eine kritische Ergänzung,
die zugleich die zahlreichen in den Bibliothekssälen uerstreuten
Gemälde in die Sammlung einordnen sollte. Mit der Eröffnung der
neuen Pinakothek ist dies bedeutungsuolle Werk glücklich uollendet.
Während die alte Pinakothek im ganzen 56 Gemälde um-
fafßte, uereinigt die neue jetjt 277 mit kritischem Sinn ausgewählte
Werke, die übersichtlich nach Schulen geordnet sind, und unter
denen eine Reihe uon Bildern auftauchen, die bisher so gut wie
unbekannt geblieben waren. Im ersten Saale die Primitiven, die
zum größten Teile dem Eateran-lTluseum entstammen; neu darunter
sind ein schönes Tryptichon des Florentiners Bonsi, das D’Achiardi
auf seinen Streifzügen durch die JTlagazine des Vatikans auffand,
und eine Reihe kleiner, grotesker Tafelbilder, sowie eine Geburt Christi
uon Eorenzo IRonaco und andere Bilder aus dem Trecento wenig
bekannter Künstler. Im zweiten Saale, wo die übrigen Werke der
Trecentisfen nach Schulen geordnet sind, dominiert das berühmte

Fresko ITlelozzos „Sixtus IV. ernennt Platina zum Präfekten der Vati-
kansbibliothek“, das so durch das Schicksal in die nächste Höhe des
Ortes zurückkehrt, wo es 1447 gemalt wurde. Jn demselben Saale
sind auch einige Werke der uenezianischen Schule untergebracht,
und eine Reihe interessanter kleiner Tafeln eines unbekannten
Meisters, die Szenen aus dem Eeben der Salome darstellen und
dabei ein reizuolles Abbild des trecentisfischen Eebens geben.
Besonderes Interesse erregt eine neu aufgefundene llladonna,
die Corrado Ricci dem Gian Battista Utili aus Faenza zuschreibf.
Daneben fesselt eine schöne llladonna uon Eorenzo da Credi und
ein lllännerbildnis, wahrscheinlich uon IRorone. Der dritte Saal
enthält 37 Werke venezianischer Schule, darunter auch die Krönung
Mariä uon Pinfuricchio, die bereits in der alten Pinakothek zu
sehen war. Der uierte Saal ist das „Heiligtum“ der Galerie: der
Saal Raffaels. Hier beherrscht die Transfiguratioh den Raum ; in
machtuoller Einsamkeit löst sich das Farbenwunder uon der dunkel
olivgrünen Seide der Wandbespannung ab. Der Krönung ITlariä,
der Predella mit den kirchlichen Tugenden und der ITladonna uon
Foligno Raffaels sind der heilige Hieronymus uon Giovanni Sanzi,
der bisher im Eateran-lTluseum war, und die Auferstehung Christi
uon Raffaels Eehrer Perugino beigesellt. Jn demselben Saale hängt
auch die llladonna uon JTlonteluce, die Giulio Romano nach der
Zeichnung Raffaels uollendet. Jn einem benachbarten Raume sind
gegen hundert Werke geringeren Interesses untergebracht. Die
übrigen drei Säle bilden den linken Flügel der Pinakothek. Jm
ersten ist eine Auswahl oenezianischer Werke aufgestellt, darunter
die schöne ITladonna mit dem Kinde uon Criuelli, aus dem Eaferan,
und der heilige Georg im Kampfe mit dem Drachen uon Paris-Bor-
done, der bisher in den Priuatgemächern des Vatikans uerschlossen
war. Die beiden leßten Säle enthalten 18 ausgewählte Gemälde
des siebzehnten Jahrhunderts und die Werke der fremden Künstler.
Darunter befinden sich einige prachtuolle Stücke des Carrauaggio,
die bisher der Pinakothek nicht angehörten, und ein neu ausge-
stelltes Werk des Baroccio, das D’Achiardi in den Gemächern des
Kardinals Merry del Val entdeckte. Jm letjten Saal fällt das pracht-
uolle Porträt Gregors IV. auf, ein Meisterwerk uon Eawrence, das
bisher im Eaferan so gut wie unbeachtet hing.
(Eine schwimmende Kunst-Ausstel 1 ung.) Aus St. Pe-
tersburg wird berichtet: Eine eigenartige Ausstellung ist jeßt auf
den Fluten der Wolga feierlich eröffnet worden. Eine Petersburger
Künstlergenossenschaft hatte den Plan gefaßt, an Bord eines Fluß-
dampfers einen eigenen Salon einzurichten, in dem sowohl Ge-
mälde und Skulpturen, als auch Zeichnungen und Gegenstände des
Kunstgewerbes aufgestellt werden sollten. Das Fahrzeug sollte dann,
dem laufe der Wolga folgend, an allen Städten und Dörfern Sta-
tion machen, um so der Beuölkerung des inneren Rußlands Gele-
genheit zu geben, an den Werken moderner Künstler ihren Ge-
schmack und ihr Kunstuersfändnis zu bilden. Der Plan wurde mit
großem Beifall aufgenommen, die Vorbereitungen mit Energie be-
trieben und heute durchfurcht das Ausstelkmgsschiff bereits die
Wogen der Wolga, um das Evangelium der Kunst im Herzen des
russischen Reiches zu predigen. Auf allen Stationen werden an Bord
des Schiffes Vorträge gehalten, die die Besucher auf die Schönheiten
der Werke und auf die Bestrebungen des modernen Kunstgewerbes
aufmerksam machen. Wenn das Unternehmen uon dem erhofften
Erfolge gekrönt ist, wird das Ausstellungsschiff alljährlich seine
Fahrten wiederholen.
(Eine Sammlung uon Totenmasken.) Der Bildhauer
C. A. Zinsler in Wien hat, wie die „11. fr. Pr.“ berichtet, eine
Kollektion uon Totenmasken angelegt, wie sie so reichhaltig gewiß
kein anderer Priuate, vielleicht kaum ein öffentliches Museum auf-
zuweisen hat. Die Sammlung ist aber nicht blofj quantitativ be-
deutend, sondern weit bemerkenswerter noch durch die Persönlich-
keiten, die durch das leßte Abbild ihres Antlitzes uertreten sind.
Es handelt sich hiebei fast durchwegs um Originale. Die Abgüsse sind
in der Minderzahl und auch sie nehmen die Stelle uon Originalen
ein, die bei oerschiedenen Anlässen vielfach durch Schenkung aus
den Händen des Sammlers in den Besiß der Gemeinde Wien ge-
wandert sind. Den Grundstock der Sammlung hat Zinsler aus
dem llachlasse Tilgners käuflich erworben. Manche Maske
hatte er selbst Gelegenheit abzunehmen, das eine oder andere
interessante Stück wurde ihm uon befreundeten Bildhauern über-
lassen. Jm allgemeinen ist die Sammelkonkurrenz auf diesem
 
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