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Hummer 7.

internationale Sammler-Zeitung.

Seite 109.

(Cine der ältesten sächsischen Skulpturarbeiten)
wurde bei dem Abbruch des Schiffs der Kirche zu Coll men
(Amtshauptmannschaft Grimma) in einem Grabdenkmal als Roch-
lifjer Porphyr aufgefunden. Cs handelt sich, wie mir den Berichten
der Kommission zur Erhaltung der Kunstdenkmäler im Königreich
Sachsen entnehmen, um eine 192 Zentimeter hohe und 65 Zenti-
meter breite Platte, auf der im Relief ein gepanzerter Ritter dar-
gestellt ist. Oben und unten auf der Platte befinden sich nach Art
der Holzschnittechnik ausgeführte Rundscheiben, während in der
mitte zwischen diesen breitbeinig der Gerüstete steht, der in der
erhobenen Cinken ein schweres Kreuz hält. Der Kopf des Alannes
ist roh gegliedert, den £eib deckt völlig ein dreieckiges Schild und
ein langes, breites Schwert; man erkennt das Panzerhemd und
die anscheinend umwickelten Unterschenkel mit schweren Schuhen.
Sowohl die Art der künstlerischen Behandlung wie auch der
Bewaffnung verweisen das Bildwerk in eine sehr frühe Zeit, in
das beginnende zwölfte, wenn nicht bereits in das Ende des
elften Jahrhunderts. Der Grabstein ist, nachdem er gereinigt und
instand gesetzt wurde, in einem Pfeiler der Collmener Kirche ein-
gemauert worden.
(Die Entdeckung eines alten Gobelins.) Aus Berlin
wird gemeldet: Die Entdeckung eines kostbaren Gobelins aus
kaiserlichem Besitze wurde kürzlich in einem Schlößchen bei Kassel
gemacht. Es handelt sich um einen äußerst wertvollen Gobelin, der
früher als Schlummerrolle verwendet wurde. Dieses JTleisterstück
Altbrüsseler Kunst mit seiner wunderbaren Reichhaltigkeit an
mustern und Verwertung uon Goldfäden zeigt maria mit dem
Kinde in einer lieblichen Candschaft. Dem Werke liegt der Entwurf
eines niederländischen llleisfers vom Anfang des 15. Jahrhunderts
zugrunde.
(Eine Spielzeug-Ausstellung.) Aus Condon wird
berichtet: Jn der Flewman-Galerie wird am Donnerstag eine Aus-
stellung uon Spielzeugen eröffnet, die bestimmt ist, ein anschau-
liches Bild uon der Entwicklungsgeschichte des Spielzeuges uon d n
ältesten Zeiten bis zur Gegenwart zu geben. Das interessanteste
Stück und zugleich das älteste ist eine kleine Puppenküche aus
rauhem uon den Jahrtausenden zermürbten Holze; es blickt auf
ein Alter uon 3000 Jahren zurück und wurde in einem ägyptischen
Grabe gefunden. Die Küche war wahrscheinlich das Spielgerät
einer ägyptischen Prinzessin, der die Eltern ihr Cieblingsspielzeug
mit in das Grab gaben, damit sie auch in ihrem künftigen £eben
ihre kleine Küche nicht vermisse. Die Ausstellung, deren Arran-
gement Frau llevill Jackson übernommen hat, führt aus diesen
fernen Zeiten bis zur Gegenwart; besonders interessant sind die
von armen Kindern selbst ersonnenen Spielgeräte, die uon der
regen Phantasietätigkeit der Kindesseele Zeugnis geben, und in
ihrer äußeren Dürftigkeit einen ergreifenden Kontrast bilden zu
den luxuriösen modernen Puppenhäusern, in denen elektrische
Glocken rasseln, Glühlampen leuchten und selbst kleine Telephon-
apparate nicht fehlen.
(Eine amüsante Szene) hat sich kürzlich im Berliner
Kaiser-Friedrich-museurn ereignet. Vor einem FTleisterwerke des
Quattrocento steht ein biederes älteres Ehepaar. Die Frau, ein wenig
unsicher, gern bereit, sich zu begeistern, der mann mit dem ruhigen
Selbstbewußtsein des nüchternen Bürgers, der sich kein X für ein U
vormachen lassen will und sein Kunsterleben mit praktischer Er-
fahrung durchtränkt. „Sieh doch“, sagt die Frau, „wie sorgsam
dies alles gemalt ist, die Bäume, die Blumen, alles ganz genau,
es ist doch sehr hübsch.“ Aber der mann will sich uon der Kunst
nicht so ohne weiters übermannen lassen und schließlich findet er
die alles erklärenden Worte: „Ja, aber so ein Algier hat doch auch
sonst nichts zu tun . . .“
(Eine Itledaillen-Ausstellung.) Aus Ulailand wird uns
berichtet: Giovanni Cariati, bekannter unter seinem Künstlernamen
Gicar, einer der ersten Pariser Plakettenschneider, der auch als
Dichter hervorgetreten ist, veranstaltet zur Zeit hier eine Ausstellung
sener Arbeiten, tRedaillen und Plaketten, die lebhaften Anklang findet.

fDuseen.
(Aeuerwerbungen des Berliner Kupferstichkabi-
netts.) Das Berliner Kupferstichkabinett hat in jüngster Zeit zwei
bedeutende Holzschnitte vom Anfang des 16. Jahrhunderts erworben,
die den reichen Bestand der Sammlung gerade auf diesem Gebiete
sehr glücklich ergänzen. Der eine Holzschnitt ist ein bisher unbe-
kanntes ITleisterwerk des Augsburgers Hans Burgkmair, der
italienische Formschönheit mit deuscher Empfindung ueretnt: eine
entzückende ITladonna, die in einer Weinlaube sißt. Der andere
Holzschnitt wurde uon Professor W. £. Schreiber in Potsdam für
ein Jugendwerk des Fucas Cranach gehalten, scheint aber eher
ein Werk des jungverstorbenen Amsterdamer Künstlers Jacob
Cornelisz zu sein. Das Blatt, das den Apostel Philippus dar-
stellt, ist nur auf einer braunen Platte gedruckt und damit für die
Entstehung des Farbenholzschniftes von großer Bedeutung. Die
Anfänge dieser Technik sind demnach vielleicht in den niederlanden
zu suchen.

(nassauisches ITlilitärmuseum.) In dem neuen JTlu-
seumsgebäude zu Wiesbaden wird auch ein eigenes nassauisches
ITlilitärmuseum errichtet werden. Uniformen, Ausrüstungsstücke,
Waffen, Bilder, Pläne, kurz alles, was sich auf die Geschichte der
nassauischen Truppen bezieht, soll zur Ausstellung gelangen.
(Das Balzac-niuseum in Paris.) Es ist aller Welt
bekannt, wie der arme große Balzac sein Eebenlang in schwerer
Geldsorgen steckte und von einer Koppel unerbittlicher Gläubigen
buchstäblich zu Tode geheßt wurde. Gr mußte sich, um nur die
allergierigsten von ihnen zu befriedigen, in eine maßlose Über-
arbeit stürzen, die ihn Tag und Flacht in Anspruch nahm und so-
gar seine Riesenkräfte aufzehrte, im „niercadet“ hat er bekannt-
lich seine traurigen Erfahrungen mit Geldmenschen jeder Art, mit
Darleihern, Vermittlern, Wucherern und hochprozentigen menschen-
freunden aller Schattierungen, ins Humoristische zu wenden ver-
sucht. Unzähligemale ist der Dichter geklagt, gepfändet, auf die
Straße geseßt worden, oft genug mußte er im alten Schuldgefängnis
uon Clichy seinen Aufenthalt nehmen, und nicht minder off hielt
er sich bei Freunden uor den Späherblicken der ihn gierig um-
lauernden Häscher verborgen. Aber sein Schicksal scheint nicht
einmal jeßt, 59 Jahre nach seinem Tode, erfüllt zu sein, denn sein
Schatten, das Andenken seines Ruhmes macht noch heutzutage,
wie wir im „Journal des Debats“ lesen, den Gerichtsvollziehern
und Pfändungskommissären zu schaffen. Gin Komitee uon Schrift-
stellern und ßteraturfreunden hatte uor Jahresfrist etwa den
Paoilion der Rue Raynouard in Paris gemietet, wo Balzac seinen
„Cesar Birotteau“ und seine „Paysans“ geschrieben hatte, um dort
ein Balzac-FAuseum einzurichten, etwa in der Art des Viktor Hugo-
Aluseums auf dem Place des Vosges, ebenfalls mit allerlei per-
sönlichen Erinnerungen an den großen Dichter, mit JTlanuskripten
und ersten Drucken, mit Gegenständen seines häuslichen Gebrauches.
Aber der Schatten Balzacs ging um in diesen Räumen, und der
tote Balzac vermochte ebensowenig für die miete aufzukommen,
wie ehedem der lebende. Wieder einmal wurde das ITlobiliar
gepfändet und, da dessen Wert — der Commissaire priseur war
kein „Balzacien“ und keine poetische llatur! — den Betrag des
schuldigen, längst fälligen Zinses nicht, deckte, so wäre es beinahe
zur Konkurserklärung gekommen Aber der Richter war zum Glück
ein Eiteraturfreund und gewährte einen kurzen Aufschub. Das
Journal „£es Rouoelles“ interviewte nun Air. de Royaumont,
den Konservator des verkrachten Balzac-JTluseums, in dieser
traurigen Angelegenheit, der sich bitter darüber beklagte, ent-
weder gar keine oder bloß lächerlich geringe Subventionen zur
Erhaltung seines kleinen llluseums bewilligt zu bekommen. Er
will sich nach Weimar und Stratford-on Avon bittlich wenden
Vielleicht tun die Verwalter uon Goethes und Shakespeares Ruhm
etwas für den armen Kollegen Balzac I
(Ein Whistler-museum.) Whistlers Geburtshaus soll
jeßt zu einem Whistler-museum eingerichtet werden. Das
Whistler-JTlemorial-Komitee kaufte das hölzerne Haus in £owell
mass., und wird es nun der Erinnerung für den ITlaler bestimmen’

Uom Kunstmarkte.
(Auktion Bethmann und Kalister.) Aus Alünchen
wird uns berichtet: tm weiteren Verlaufe dieser in der Galerie
Helbing abgehaltenen Versteigerung wurden folgende Preise erzielt:
Europäische Porzellane: Tudwigsburger Seroice, de-
koriert mit großen Fandschaftsmalereien und ITlündungsrändern,
mit marke, besteht aus Kaffee-, Tee- und ITlilchkanne und Zucker-
dose, sämtlich mit Deckel, Spülnapf, kleine, ovale, geschweifte Ge-
bäckschale, 12 Henkeltassen, 12 Untertassen, 900 Alk.; Aapoleon I.
und Josefine, zwei Biskuitbüsten, Seures, 50 Alk.; sißende männ-
liche Figur, Pagode, in violettem Gewände mit Rosettendekor und
weißer Halskrause, auf achteckigem, goldgeränderfen Sockel, marke
meißen, 320 mk.; Porzellangemälde, Hafenszene, ohne marke,
19 cm Fänge, 15 cm breit, 250 mk.; Wiener Dejeuner, viereckige
Tablette mit durchbrochenem Rande, gedeckeltes Kännchen, unge-
deckeltes, kleineres Kännchen, korbförmige Zuckerschale, zwei
Henkeltassen mit Untertassen; Dekoration: Antikisierende Götter-
bilder, gemmenartig, weiß auf violettem Fond mit mündungsrändern,
500 Alk ; Bouillontasse, meißen, mit Deckel und 2 Henkeln, mit
Untertasse, bemalt mit hübschen Watteauszenen, Höhe der Tasse
13’5 cm, Durchmesser der Untertasse 17 5 cm, 315 111k.; Teekessel
mit Rocaille-Untersaß, meißen, Untersaß auf 3 Volutenfüßen mit
gitterartig durchbrochenen Seitenfeldern; Kessel von gedrückter
Kugelform, flacher Deckel, £eibung mit freiliegendem Blumenbukett
bemalt, 550 mk.; gedeckelte terrine mit Unferteller, meißen,
Schwertermarke, mit Blüten, Vögeln und Insekten; als Deckel durch-
brochen gearbeitetes Rocailleroerk, 200 mk.; große meißner Vase
mit Schwertermarke, 46 cm hoch mit en relief gearbeitetem Vergiß-
meinichtdekor, in vier ausgesparten Feldern Watteaumalereien: Dame
und Kavalier, dahinter junger mann; tanzendes Paar und Dudel-
sackbläser; zwei Herren und Dame mit Hund; tanzendes Paar und
 
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