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Seite 188.

Internationale Sammler-Zeitung.

Hummer 12.

die hl. Katharina mit dem Rad, zu ihrer linken die hl. Barbara
mit dem Kelch, An den Enden folgen St. Sebastian und St.
Johannes, der letztere mit der Bibel, auf der das tamm ruht.
Die gewundenen Säulen an den Seiten sowie der bekrönende Auf-
salj sind Zutaten einer barocken Bauernkunst, die sich nicht ohne
Geschick wenigstens in den Verhältnissen dem Bitar anpafjt. Die
drei gotischen Figuren, die in die Bekrönung gestellt wurden, ge-
hören einer späteren Zeit an und sind jedenfalls zufällig zusammen
gefunden worden, in der mitte ein Sebastian, der aber diesmal
tiefbetrübt dreinschaut, und zu seinen Seiten Christophorus mit dem
Jesuskind auf der Schulter und Papst Gregor 1 fln diesen wesent-
lich kleineren Figuren bleibt nichts uon Belang, wenn man sie mit
der ruhigen Vornehmheit des Hauptwerkes vergleicht. Ganz lustig
aber nehmen sich zwei pauspäckige Putten aus, die ihre dicken
Beinchen über das Rahmengesims baumeln lassen. Fln der Rück-
wand ist ein bis jefjt übersehenes Gemälde zum Vorschein ge-
kommen; das jüngste Gericht in der üblichen Dreiteilung, ohne
grolje Bedeutung.
Bibliophilie.
(Cine Bibliotheksgrotte.'' Im Jahre 1900 hat der Taoist
Wang in den Grotten der tausend Buddhas zu Tuen-huan in
Kan-su eine Biblioth eksg rotte aufgefunden, die, wie man mit
Sicherheit annehmen kann, in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts
n. Chr., wahrscheinlich um das Jahr 1035, zugemauert worden ist
und somit einen fast 900jährigen Dornröschenschlaf geschlafen
hat. Über ihren Inhalt ist seitdem manches bekannt geworden;
Aurel Stein hatte auch während dreier Tage in der Bibliotheks-
grotte gearbeitet und eine Anzahl ITlanuskripte mit Wissen des
lokalen Hlandarinen gekauft, hn übrigen Jahre hat der französische
Sinologe Pelliot nach manchen Hindernissen diese Grotte wieder
aufgeschlossen bekommen, und sein Erstaunen über die massen
der darin enthaltenen Schriften, trofjdem sie schon seif acht Jahren
ausgeraubt wird, war gewaltig. Er berichtet nunmehr in einem
ausführlichen, 30 Druckseiten umfassenden Aufsatje in dem letzten
Heft des in Hanoi erscheinenden Bulletin de 1’EcoIe frangaisc
d’extreme o' ion über diese Bibliothek, uon der er in drei Wochen
ein prouisorisches Inventar aufnehmen konnte. Er schä t die An-
zahl der ITlanuskripte, die in dem ungefähr 21/, Bieter im Quadrat
haltenden Raum in doppelter bis dreifacher Tiefe an drei Seiten
aufgehäuft sind, auf 15 000 bis 20 000 Rollen. Jm einzelnen
bemerkt Pelliots Jnuentar: Brahmi; Uigurisches; Tibetanisches;
chinesische buddhistische ITlanuskripte, darunter uier auf Seide;
taoitische Texte aus den Jahren 580 bis 750 n. Chr., die uon
höchster Wichtigkeit für die Chronologie des Taoismus sind; ITlani-
chäer- und nestorianische Texte, darunter eine Aufzählung uon 35
nestorianischen Werken, durch den berühmten JTlönch King-tsing
in das Chinesische übersetjt; ferner sind lokale, für die Kultur-
geschichte und das häusliche Eeben der Bewohner wichtige Doku-
mente, pädagogische Bücher, chinesische Klassiker, Wörterbücher,
Routenbeschreibungen und die ältesten bis jefjt bekannten Drucke
uorhanden. Auch Stiche, religiöse Bilder auf Seide, feinwand und
Papier, illustrierte ITlanuskripte fehlen nicht, und endlich sind in
der vermauerten Bibliothek auch Stickereien, buddhistische Bronzen
und Silhouettenvorlagen gefunden worden. Als wichtigste Ent-
deckung bezeichnet Pelliot Fragmente eines bis jefjt unbekannten
buddhistischen Pilgerwerkes, das den Titel „Reise des Huei-tch’ao
nach den fünf indischen Reichen“ trägt. Die ganze Bibliothek ist
übrigens von größter Bedeutung für die Geschichte der verschieden-
artigen Religionen in diesen Gebieten. Pelliot hat eine grolje An-
zahl ITlanuskripte und Bücher gekauft und sich reservieren lassen.
ßilöer.
(Böcklins „Poesie und ITlalerei,“) eines der hervor-
ragendsten Gemälde des Kleisters, ist als Vermächtnis des ver-
storbenen Stadtältesfen Heinrich von Korn dem Schlesischen Pro-
vinzialmuseum der bildenden Künste in Breslau überwiesen
worden und hat dort im Böcklinsaal Aufstellung gefunden.
(Die Zwetkow sehe Gemäldegalerie in ITloskau.) Jwan
Zwetkow, einer der vier Direktoren der berühmten Galerie Tret-
jakow in ITloskau, hat kürzlich sein am ITloskworezkaja-Kai ge-
legenes Haus mit der darin befindlichen grofjen Gemäldesammlung

der Stadt ITloskau zum Geschenk gemacht. Die Zwetkowsche
Galerie ist besonders reich an Werken neuerer russischer ITlaler;
sie enthält Gemälde von Rjepin, Korowi, Ssurikow, Porträts von
Kramskoi, Genrebilder von Wladimir und Konstantin ITlakowski,
Eandschaffen von Julius Kiener, Eewitan und Kryshizki, Waldland-
schaften von Schischkin und Seestücke von Aiwasowski. Von älteren
russischen IJlalern sind in der Sammlung Tropinin (f 1857), Boro-
wikowski (f 1826), Flawizki (f 1866) und Wenezianow (f 1847)
vertreten, von bekannteren neueren meistern noch Ssawifjki,
Ssudkowski, 111. Baron Clodt, Eagorio, Prjanischnikow, Viktor
Wassnezow u. a. m. Sehr grofj sind die Sammlungen von Zeich-
nungen. Es befinden sich darunter viele Bleistiftzeichnungen von
Wladimir ITlakowski. Bisher war die Zwetkowsche Galerie, die
neben der Botkinschen Gemäldesammlung die hervorragendste
Privatgalerie ITloskaus ist, dem Publikum nicht zugänglich.
(Ein berühmter Hogarth.) Die englische flationalgalerie
hat Hogarths berühmtes Werk „Eine Szene aus des Bettlers Eeben“,
das bisher im Besitje des Verlegers John ITlurray war, käuflich er-
worben. Ein ITloment im dritten Akt des im Jahre 1727 erstmalig
in Eincolns Inn Fields-Theater aufgeführten Stückes ist festgehalfen.
Die Szene spielt im llew Gate-Gefängnis, und es sind nicht allein
auf der Bühne eine Anzahl Schauspieler und Sänger, sondern auch
im Zuschauerraum Koryphäen der damaligen Gesellschaft gemalt.
Hogarth hat die gleiche Szene nochmals behandelt; sie befindet sich
im Besitje des Duke of Eeeds in Hornby Castle.
(Rembrandts „ITlühle“ geht nach Amerika? Der
Berliner Kunstbesitj ist um einen neuen bedeutenden Rembrandt
bereichert worden. Ein Berliner Sammler, der vorläufig noch in
Inkognito sich hüllt, hat das Illauerporträt des grofjen Holländers
aus der Sammlung Asch b urton erworben. Der Preis, der für
das Werk gezahlt worden ist, beträgt annähernd 400.000 ITlark.
Gleichzeitig kommt aus Eondon die llachricht, dafj Rembrandts
berühmtes Eandschaftsbild „Die ITlühle“ aus der Bowood-Sammlung
um ll/4 ITlillionen ITlark nach Amerika verkauft wurde. „Die
ITlühle“ ist um das Jahr 1650 entstanden und stellt eine Flufjland-
schaft dar, an deren Ufer sich eine Art Festung erhebt. Hoch oben
auf dem Bollwerk steht, von hellstem Eicht umflossen, die ITlühle.
Eine Gesellschaft pilgert eben dem Flusse zu, dessen Wasser ein
Kahn durchquert. Gegenüber dunkelt der Wald. - mit dem
Rembrandt-Bild wandert ein Porträt von Van Dyk über den grofjen
I Teich. Es ist aus englischem Privafbesifj um den Betrag von
; 920.000 lllark an einen nicht genannten Sammler in den Vereinigten
Staaten übergegangen. Die amerikanische Konkurrenz wird immer
fürchterlicher. — flach einer, uns knapp vor Schlufj der Redaktion
zugehenden JTlitfeilung soll „Die ITlühle“ von Herrn Hollitscher,
dem Präsidenten des Österreichischen Hilfsvereins in Berlin, er-
worben worden sein.
(Vandalismus), Aus Venedig wird uns geschrieben:
Entrüstung erregt allenthalben ein Bubenstreich, der in den lefjten
Tagen in der „Internationalen Kunstausstellung“ verübt wurde.
Ein noch unbekannter Täter hat eines der besten Bilder der Kollek-
tivausstellung P. Albert Besnards, das Porträt des Herrn Francois
Jourdain, zerschnitten. Ulan wird nun daran denken müssen,
geeignete maßregeln zu treffen, um derartige Bubenstreiche in
Zukunft zu verhüten.
Dumismatik.
Eine pharmazeutisch e llledaille.) Eine der größten
Auszeichnungen, die für Forschungen im Gebiete der Pharmazie
verliehen werden, ist die goldene Hanbury-JUedaille der Bri-
tischen Pharmazeutischen Gesellschaft. Sie wird alle zwei Jahre
für besondere Teistungen in der Verfolgung oder Förderung origineller
Forschungen in der Chemie und llaturgeschichte der Arzneimittel
vergeben und ist besonders oft ausländischen, darunter auch deutschen
Gelehrten zugesprochen worden. Auch in diesem Jahre ist die
Verleihung an einen Ausländer erfolgt, nämlich an den Professor
der Pharmakognosie und praktischen Chemie an der Universität
Bern, Wilhelm Oswald Alexander Ts durch, der schon seit 1896
Ehrenmitglied der genannten Gesellschaft ist.
(Eine seltene llledaille.) Ein Eisenbahnbeamter in Wien
stellt uns in liebenswürdiger Weise ein interessantes Erbstück zur
 
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