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Seite 190.

Internationale Sammler-Zeitung.

Hummer 12.

rechte an das väterliche Erbteil geltend machen, und sie soll bereits
dahin zielende Anweisungen gegeben haben. Der belgische Thron-
folger aber dürfte unter diesen Umständen, wenn er einst den
Thron besteigen wird, die der Krone zur Verfügung gestellten
Schlösser ziemlich leer vorfinden.
(Eine interessante Porträtsammlung). Frau Hofraf
Kühnelt in Wien erbte uon ihrem Vater, dem einstigen Direktor
des reichsrätlichen Stenographenbureaus, Teopold Conn eine
Sammlung uon Photographien uon Abgeordneten aus den ersten
Zeiten des österreichischen Parlaments, die sie nun dem Abge-
ordnetenhause schenkte. Unter den Bildnissen findet man männer
aller Parfeischattierungen und manchen Abgeordneten, dessen Er-
innerung die Zeit seiner Wirksamkeit weit überdauert hat. Wir
nennen Dr. Herbst, Dr. Rieger, Hasner, Hein, Pratoberefo, Graf
Glam-)Tlartinic, Smolka, Graf Pofocki u. a. Jedes Bild ist mit der
llamensunterschrift des betreffenden Abgeordneten versehen.
(fucas Cranach und der Schwimmsport.) Dem „Berliner
Tageblatt“ wird geschrieben: Das bekannte Bild Cranachs des
älteren „Der Brunnen der Jugend“ aus dem Jahre 1546 hat
zu einer für wassersportliche Kreise interessanten Feststellung
geführt. Das Gemälde wird uon dem Direktor der königlichen
Üluseen in Berlin Geheimrat Wilhelm Bode folgendermaßen be-
schrieben : „Zu einem Wasserbecken, in dessen mitte ein Spring-
brunnen mit der Statue der Venus und Amor steht, werden uon
links aus einer felsigen Tandschaft alte Weiber herangefahren.
Durch die Wuiderkraft des Wassers verjüngt, steigen sie zur Rechten
aus dem Bassin heraus, werden in einem Zelte geschmückt und
vergnügen sich auf blumiger Wiese in Gesellschaft uon Rittern bei
Tanz und IHahl.“ Aahe der Venussfatue und ganz im Vordergründe
befinden sich nun zwei Frauengestalten, die schwimmend das neue
fand, in dem sie fürderhin in erneuter Jugendfrische wandeln
werden, zu erreichen suchen. Beide zeigen das charakteristische
neue Schwimmtempo des „crawling“ ((Kriechtempo oder Bein-
schlagtempo), das jüngst uon Amerika und Australien aus als eine
„neuerfundene Schwimmart“ seinen Einzug in die schwimmsport-
lichen Kreise genommen hat. Die Beine bleiben dabei bis zu den
Knien gesch'ossen, die Unterschenkel werden abwechselnd auf das
Wasser geschlagen, während die Arme nach uorn abwechselnd
übergreifen („tradgen“ oder „oyer-arm-stroke“). mit dieser neuen
Schwimmart wird eine außerordentliche Schnelligkeit ermöglicht.
Sie wird zurzeit im Ausland wie auch uon den besten deutschen
Schwimmern häufig angewandt. Es ist also klar bewiesen, daß
dieses Tempo früher allgemein bekannt war, aber durch die ITle-
thoden des preußischen Generals u. Pfuel und des Franzosen d Argy
in Vergessenheit geriet. In dieser Beziehung darf das Bild als ein
wertvolles Dokument zur Geschichte des Schwimmens, der ältesten
Deibesübung, angesehen werden.
(Heue Funde in Sparta.) Die diesjährigen Ausgrabungen
des Englischen Archäologischen Instituts im Temperbezirk der Artemis
Orthia zu Sparta am Ufer des Eurotas sind nunmehr beendet.
Sie haben eine große Anzahl verschiedenartiger archäologischer
Funde ergeben, die sämtlich im ITluseum uon Sparta untergebracht
werden sollen. Die kleinen Figürchen aus Blei, d e zutage gefördert
wurden, belaufen sich auf fast 70.000 Stück. Sie stellen zum Teil
gleich den in den drei Vorjahren aufgefundenen Bleifigürchen, die
Göttin Artemis, andere Göttinnen, spartanische Krieger und Bogen-
schüßen, Sphinxe, Kentauren, Gorgonen sowie Kränze, Zweige,
Schnallen, Spiegel, und zahheiche Gegenstände weiblichen Schmuckes
dar. In etwa 500 verschiedene Typen lassen sie sich einteilen, die
für die Geschichte der Kunst und der Religion reiches material
liefern. Auch die aufgefundenen Tonmasken und Stücke davon
beziffern sich auf mehrere Tausend; manche sind so klein, als
wenn sie für ein Puppentheater bestimmt gewesen wären. Heben
den ernsten JTlasken bilden die komischen, sehr realistisch gehal-
tenen die ITlehrzahl; sie sind interessante Beweise für den derben
Humor der Spartaner. Desgleichen wurden Tausende von Abbil-
dungen der Artemis Orthia und anderer Göttinnen in Ton sowie
von großen und kleinen Weihgeschenken vorgefunden. Einen sehr
wertvollen und prächtigen Teil der Funde bilden mehrere Hundert
beschriebene Vasenfeile, die nach der ITleinung englischer und
hiesiger Archäologen zu beweisen scheinen, daß die in europäischen
museen vorhandenen sogenannten kyrenaischen Vasen lakedämo-
nischen Ursprungs sind. Schließlich wurden gegen Tausend Bas-
reliefs verschiedener Art auf Knochen und Elfenbein sowie in Bronze
vorgefunden.
(Richard mut her.) Der am 29. v. 1TI. verstorbene Professor
der Kunstgeschichte in Breslau Dr. Richard ITluther hat eine her-
vorragende Sammlung von Werken der französischen JTlalerei vom
Ende des 19. Jahrhunderts bis in die neueste Zeit hinterlassen.
Schriftstellerisch hat JTlufher durch sein Erstlingswerk über die In-
kunabeln, sowie durch die „Geschichte der JTlalerei im 19. Jahrhundert“

den Sammlern wichtige Anregungen und Belehrungen gegeben: ein-
zelne Schulen und Richtungen erhielten erst durch ihn ihre ent-
sprechende Würdigung. Gr war es, der zuerst in Deutschland für
die englischen Präraffaeliten eintrat. ITluther hatte die Cenugtung,
daß sich die kunstliebende Welt bald den Hauptmeistern dieser
Richtung mit größtem Interesse zuwandte.
(Römische Bauten.) In Hetersheim (Giffel) ist man bei
Ausgrabungen auf umfangreiche römische Bauten gestoßen. Das
Bonner Provinzialmuseum läßt sie zur Zeit bloßlegen. Es handelt
sich dabei um einen Benefiziarenposten; die bis jeßf gefun-
denen Inschriften sind von großem Interesse.

(Tluseen.
(Der Stil im ITluseum.) Die Heuordnung des Berliner
Kunstgewerbemuseums gibt dessen Direktor, Professor Dr. Otto
von Falke Anlaß, sich im „Berl. Tagebl.“ über den JTluseumsfil zu
verbreiten. Wir entnehmen den Ausführungen des Gelehrten:
„Es gibt für kunstgewerbliche Sammlungen zwei verschiedene
Systeme der Aufstellung. Früher, so lange derartige llluseen als
unmittelbar verwendbare fflobiliarquellen für das in den historischen
Stilformen arbeitende Kunstgewerbe betrachtet wurden, galt die
Aufteilung der Sammlungen in technische Gruppen als die zweck-
mäßigste Tösung. Sie ist weniger für das große Publikum als
vielmehr für den mustersuchenden Kunsthandwerker berechnet. In
dem ältesten und größten Kunstgewerbemuseum von South Kensing-
ton in Tondon, dessen neue Gebäude dieser Tage durch König
Eduard eröffnet werden, ist das technische System in konsequenter
Durchführung noch einmal zu Ehren gekommen. Das wird ein
vereinzelter Rückfall bleiben, denn auf dem Kontinent hat die alte
ITlethode kaum noch überzeugte Anhänger. Hier ist die jüngere
Forderung nach einer vorwiegend kulturgeschichtlichen und
zugleich stimmungsvollen Anordnung siegreich geblieben, nicht die
stoffliche Gleichartigkeit der Gegenstände, sondern die stilistische
und kulturgeschichtliche Verwandtschaft soll für die Gruppenbildung
entscheidend sein Das Ideal ist die Aufteilung der Sammlungen
in Kulturbilder, die die verschiedenen Erzeugnisse einer Kunstperiode
zu einem dekorativen Ganzen vereinigen.
Dies System ist in der Theorie allerseits anerkannt, in der
Praxis aber nirgends vollkommen durchgeführt oder durchführbar.
Es ist unmöglich, große Spezialsammlungen von Porzellan, Silber,
Gläsern, JTlajoliken und sonstigem Kleingerät in stilgeschichtlich
geordnete Räume dekorativ einzufügen, ohne deren Wirkung wieder
zu zerstören. Die blanken Vitrinen, die zur Bergung solcher Samm-
lungen nicht entbehrt werden können, sind der Feind jedes sogen.
Kulturbildes. Auch würde eine rein dekorative Verwertung der
Spezialsammlungen den heutigen Ansprüchen vieler JTluseums-
besucher nicht genügen. Bei den einzelnen Kunstzweigen sollen
nach dem Stand der Kunstforschung die geschichtliche Entwickelung,
die Ceistungen verschiedener Werkstätten und meister übersichtlich
vorgeführt werden. Das ist nur durch gesonderte Aufstellung und
Gruppierung zu machen. Gerade eine Zenfralanstalt wie das Berliner
Kunstgewerbemuseum, dessen Bedeutung auf der Vollständigkeit
einiger Spezialsammlungen beruht, muß diesen Forderungen gerecht
werden. Daher ist hier eine zweckmäßige Vereinigung der beiden
Aufstellungsorten angestrebt worden. Heben den Kulturräumen,
die durch die möbel und andere Werke der Innendekoration die
Hauptperioden der Sfilentwickelung veranschaulichen, bleiben
technisch gruppierte Abteilungen beibehalten.
Die neue Bearbeitung der Sammlungen, der bis jeßf etwa
drei Viertel des ITluseums unterzogen worden sind, ging zunächst
darauf aus, durch einfache äußerliche Hilfsmittel, wie weiß getünchte
Decken und helle Wandbespannung, eine bessere Belichtung zu er-
zielen, und schlichte Hintergründe herzustellen, von denen die aus-
gestellten Kunstwerke sich günstig abheben. Die fichtverhältnisse
sind ferner durch die Heufassung der jeßt historisch geordneten
Glasgemälde in heller Blankverglasung wesentlich verbessert worden.
Da große Kunstgewerbemuseen durch die mässe der Kleingeräte
der Gefahr ausgeseßt sind, leicht unübersichtlich zu werden und
ermüdend zu wirken, ist der ausgestellte Bestand auf vielen Ge-
 
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