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Hummer 15.

Internationale Sammler-Zeitung.

Seite 229.


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fius Wiener
Cs ist eines der ruhmoollsten Kapitel in der Geschichte
der künstlerischen Kultur der Reichshaupt- und Residenz-
stadt Wien, das mit „Biedermeierzeit“ oder wie es neu-
estens Eudwig Abels in seinem interessanten Buche „Hit
Wien“ tut, „Onkel Biedermeier“ überschrieben ist. Geht


Fig. 1. Rit-Wiener Pleister: Damenporträt.
auch die Zahl der Werke, die dieser Periode entstammen,
in die Tausende, so gibt es doch kaum eines, das nicht
ein gewisses Hioeau hätte, gerade so, roie die Arbeiten
der italienischen oder holländischen Blütezeit, auch wenn
sie uon minderen meistern herrühren, doch die famose
handwerkliche Schulung der ästhetisch hochstehenden Epoche
aufweisen. Bedauerlicherweise blühen die meisten Werke
dieser gesegneten Zeit im Dunkel uon Priuatsammlungen,
die zum größten Teile weiteren Kreisen unbekannt, durch-
wegs fast aber unzugänglich sind. Diese verborgenen
Schätje aufzustöbern und ans Eicht der Öffentlichkeit zu
ziehen, soll unser Bestreben sein, in dem uns Unterstützung
nur willkommen sein kann.
Den Anfang mache ein Kleeblatt uon Bildern aus
dem Besitje des Wiener Frauenarztes Dr. Josef Königstein.
Fig. 1 präsentiert ein Damenporträt aus der Bieder-
meierzeit, das zweifellos uon einem Wiener meister stammt.
Cs ist wie die meisten Bilder aus der ersten Hälfte des
oorigen Jahrhunderts unsigniert und läfjt darum der Kom-
bination weiten Spielraum. Der Eigentümer des Bildes,
Herr Dr. Königstein neigt der Ansicht zu, dafj es ein Werk

Priuatbesitj.
Ferdinand Waldmüllers sei, doch steht es uorläufig dahin,
ob diese llleinung zutrifft. Huch bezüglich des Gegen-
standes der Darstellung bestehen nur Vermutungen, uon
denen die wahrscheinlichste ist, dafj die porträtierte Dame
ein mitglied der hohen Gesellschaft war.
Das Knabenbildnis, das in Fig. 2 reproduziert ist,
würde man auf den ersten Blick als einen Fendi agnos-
zieren, auch wenn es nicht die Signatur dieses Künstlers
trüge, lieben der Signatur Peter Fendis befindet sich die
Jahreszahl 1839. Wen dieses Porträt oerbildlicht, ist un-
bekannt. Dr. Königstein glaubt, dafj es ein Jugendbildnis
des Kaisers Franz Josef sei, doch sprechen Vergleiche
mit authentischen Bildern aus der Jugendzeit des Monar-
chen nicht sehr für diese Annahme.
Die charakteristische IJJalweise Pettenhofens zeigt
Fig. 3. Das Gemälde stellt einen Czikos mit seinem Pferde
auf der Csarda dar. Pettenhofens Vorliebe für diese Stoffe
ist bekannt; sie stammte aus der Zeit, da er als Soldat
in Ungarn lebte und noch nicht ahnte, dafj er Schwert und
Pistole mit dem Pinsel uertauschen würde. Aber schon
damals uerriet sich der künftige Künstler. Während seine
Kameraden über die Strapazen der tagelangen Märsche,
über Hitje, Staub und Entbehrungen aller Art jammerten,
hatte er nur Auge und Sinn für das Flimmern der Sonne
auf den Feldern, für den bunten Reiz der kleinen Dörfer
mit ihren niedrigen weifjgetünchten Häuschen und den
niedlichen Vorgärtchen, für den gelben Kukuruz unter den
oorspringenden Dächern, besonders aber für die Pferde.
Als Pferdemaler ist Pettenhofen nicht bald erreicht worden.
Er übertraf, wie Abels mit Recht bemerkt, auf diesem
Gebiete nicht nur die zeitgenössischen Maler, wie Strafj-
gschwandtner, sondern auch die gesuchten späteren
Schlachten- und Sportmaler, die entweder auf eine wirkungs-
oolle Pose oder auf glatte Eleganz losgingen. Pettenhofen


•Fig. 2. Fendi: Jugendbildnis Kaiser Franz Josefs. (?)
 
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