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Internationale Sammlerzeitung: Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde — 5.1913

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Nr. 22. (15. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.54950#0345
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Nr. 22

Seite 341

Internationale Sammler-Zeitung.

getreu sind alle diese Züge wiedergegeben, weil den Wachs-
abgüssen, die wir da vor uns haben, jene Gipsabdrücke zu-
grunde gelegt sind, die man von Luthers Leiche nahm, als sie
in der Nacht vom 20. zum 21. Februar 1546 in der Sakristei der
Marktkirche zu Halle a. S. lag. Der große Bildhauer Christian
Daniel Rauch nennt nach einer genauen Untersuchung dieses
plastische Bild »ein in seiner Art einziges Kunstwerk«. Von be-
sonderem Interesse sind ihm die Gesichtsteile und die Hände,
»zumal, da beide die unverkennbarsten Spuren davon zeigen,
daß sie über die Natur geformt sind«. Rauch fährt dann fort:
»Ebenso augenscheinlich ist es, daß die Wachsmaske das natur-
getreue Porträt des Dr. M. Luther uns vorführt.« In demselben
Sinne äußert sich Rauchs berühmter Schüler Ernst Friedrich
August R i e t s c h e 1 in Dresden, der Schöpfer des Wormser
Luther-Denkmales.
(Tauschausstellungen zwischen Wien
und Budapest.) Die Genossenschaft bildender Künstler
Wiens hat mit dem Künstlerhause in Budapest Tauschausstel-
lungen vereinbart, von welchen die erste im Dezember d. J.
in Wien stattfinden wird.
(Künstliche Beleuchtung des »Abend-
mahles«.) Aus Mailand wird uns geschrieben: In den
Wintermonaten und an besonders trüben Tagen klagen die Be-
sucher des Refektoriums der Santa M.aria della Grazia oft über
die schlechten Lichtverhältnisse, die eine genauere und genuß-
reiche Besichtigung des »Abendmahles« Lionardos nur
durch wenige Stunden des Tages möglich machen. Um so will-
kommener mag ein Beschluß erscheinen, den die oberste Auf-
sichtsbehörde Italiens für Kunst und Altertümer bei ihrer letzten
Sitzung in Mailand gefaßt hat. Es handelt sich hier um ein vom
Maler Pietro C h i e s a erdachtes System, wobei das elektrische
Licht durch ein eigens zusammengesetztes Glas geleitet wird,
das die gelben Strahlen absorbiert; es wird dadurch absolut
neutrales Licht erzeugt, so daß die Farben des Gemäldes keinen
Ton ihrer ursprünglichen Nuancierung einbüßen. Nach verschie-
denen Experimenten haben sich drei Lämpchen als genügend
erwiesen, und zwar sollen sie derart an den Fenstern des
Saales angebracht werden, daß sie das Fresko soweit als
möglich in dem Lichte erscheinen lassen, unter dem die Hand
des Meisters es schuf.

Museen.
(Das Museum für ostasiatische Kunst in
Köln.) Man schreibt uns aus Köln: In Gegenwart des Ober-
präsidenten der Rheinprovinz Freiherrn v. Rheinbaben und
vieler Ehrengäste wurde am 25. v. M. das Museum für ost-
asiatische Kunst durch den Oberbürgermeister Wallraf ein-
geweiht. Zum erstenmal in Europa wird in diesem Museum in
geschlossener Form in einem eigens dafür geschaffenen Rahmen
nicht nur die profane, sondern auch die religiöse Kunst Ost-
asiens in ihrer geschichtlichen Gliederung bis hinauf zu den
viele Jahrhunderte v. Chr. liegenden Quellen gezeigt. Der Ver-
treter der Königl. Staatsregierung, Ministerialdirektor Wirkl.
Geh. Oberregierungsrat Dr. Schmidt, hob in seiner An-
sprache das Verdienst hervor, das sich die Stadt Köln dadurch
erworben habe, daß sie dem neuen Gedanken, die Kunst des
Ostens in ein Museum zu bannen, zuerst in die Tat umgesetzt
habe. Oberpräsident von Rheinbaben begrüßte es, daß,
bevor die jahrtausendalten Kunstschätze, die im Osten bisher
verborgen gelegen hätten, durch die immer weiter sich ent-
wickelnden Verkehrsmöglichkeiten aufgedeckt und zerstreut
würden, diese in einer solchen Sammlung zusammengebracht
und so vor der Zerstreuung gerettet worden seien. Hiedurch
sei die Möglichkeit geschaffen, die alte Kunstentwicklung Chinas
und Japans zu studieren. Prof. Adolf Fischer, dessen Lebens-
werk das Museum ist, hat während eines längeren Aufenthaltes

in Ostasien und später auf verschiedenen Expeditionen nach
Ostasien seine Sammlung zusammengebracht und durch viele
auserlesene Stücke bereichert, die nun im Besitz der Stadt Köln
dazu berufen sein wird, dem reichen geistigen Leben der Stadt
neue Anregung zu geben.
(Eine interessante Jokai-Biographie.) Das
Nationalmuseum in Budapest ist in den Besitz einer Jokai-
Biographie von ganz besonderem Wert gelangt. Sie wurde von
der Nichte des großen Erzählers Marie V ä 1 i, der Tochter
seiner Schwester Esther, verfaßt, als Jokai seine zweite Ehe
einging. Da diese Biographie die intimsten Einzelheiten aus
dem Leben Jokais, nebst einer langen Reihe von Briefen und
Originaldokumenten aufarbeitet, stellt es ein ganz unschätz-
bares Quellenwerk dar. Es ist leider noch auf lange Zeit un-
zugänglich; denn die alte Dame, die an der Seite ihrer Ver-
wandten Frau Witwe Ludwig Ihäß in dem Kastell von
Lörinte lebt, hat das Manuskript dem Direktor-Kustos der
Szechenyi-Bibliothek des Nationalmuseums Dr. Julius S e-
besty en mit der Bedingung übergeben, daß diese Biographie
mit Rücksicht auf ihren ganz intimen Charakter erst dreißig
Jahre nach dem Tode Jokais veröffentlicht werden darf. Das
Verlagsrecht steht Nikolaus Moritz Jokai-Ihäß zu.

Vom Kunstmarkt.
(Auktion K e n d e in Wien.) Die Kunsthandlung
Albert Ken de in Wien bringt in den Tagen vom 2. bis
ö. Dezember im Dorotheum eine reichhaltige Sammlung
von graphischen Blättern zur Versteigerung. Neben Farben-
drucken, Schabkunstblättern und schwarzen Kupferstichen der
englischen, französischen und deutschen Schule aus dem 16. bis
Anfang des 19. Jahrhunderts werden hauptsächlich
Vi ennensia die Aufmerksamkeit der Sammler auf sich
lenken. Es befinden sich darunter eine Folge sehr seltener
Löschenkohl - Blätter, 3 Blatt aus der großen Praterfahrt
von B e n s a, Volkstypen, Theatralia etc. Wiener Sammler
seien aber auch auf die Oelgemälde und Aquarelle Wiener
Meister aufmerksam gemacht, die sich den Graphiken an-
schließen. Es sind da Namen, wie Siegmund l’Allemand,
Brandeis, Eduard und Joh. Nep. Ender, Karl Geiger, Anton
Hansch, Hütter, Plank, Karl Schindler und Ed. Swoboda, ver-
treten.
(Kollektion M. Arnold, Luzern.) Am 2. De-
zember und den folgenden Tagen kommt in der Galerie Hel-
bing (München) die Kollektion M. A r n o 1 d (Luzern) zur Ver-
steigerung. Das weitbekannte Luzerner Antiquitätengeschäft,
das als Nachfolger der Bossardschen Handlung in dem bekannten
Rokokohaus in der Weggisgasse weitergeführt wurde, wird
vollständig aufgelöst, da das Haus verkauft wurde. Den um-
fangreichsten und wertvollsten Bestandteil dieser Kollektion
nehmen die Schweizer Möbel ein. In der Schweiz hat sich fast
drei Jahrhunderte hindurch der Möbelstil ziemlich unverändert
erhalten. Die wesentlichen Formen haben sich kaum geändert,
nur die sparsam verwendeten Ornamente paßten sich dem ge-
rade herrschenden Stil an. Sind auch die Möbel aus dem 16. bis
18. Jahrhundert, so wirken sie doch im Ensemble vollständig
geschlossen. In der Kollektion fehlt keine einzige charakteristi-
sche Möbelform. Die bequemen, gemütlichen Schweizer Büfetts,
große und kleine Schränke und Halbschränke, die originellen
Windelladen, geschnitzte Truhen, Tische der verschiedensten
Größen, Schreibtische, Konsoltische, Sofas, Sessel, Stühle, be-
sonders originelle Bauernstühle, sind in zahlreichen Exem-
plaren vertreten. Die Ornamente zeigen spätgotische, Renais-
sance-, Barock- und Rokokoformen. Die meisten Möbel sind
in der braunen Beize des Nußbaumes gehalten. Zahlreiche
interessante Abweichungen vom allgemeinen Schweizerischen
Typus nach den verschiedenen Landschaften bieten weiters
reiche Abwechslung, wie Walliser, Tessiner, Urschweizer,
Züricher etc. Typen. Aus dem 18. Jahrhundert finden sich je-
doch auch gefaßte Möbel der Rokoko-Louis-seize und Empire-
 
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