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Seite 58

Internationale Sammler-Zeitung

Nr. 8

2)ze Sfflüfisam-SammfungerL

Der Name Jacques Mühsam hat in der Sammler-
und Kunstwelt guten Klang. Man verbindet mit ihm
die ausgezeichnete, nicht zu überbietende Sammlung
alter Gläser, die der Katalog von Dr. Robert Schmidt
weithin bekannt gemacht hat, weiters eine hervorragende
Porzellan- und eine gleichwertige Miniaturensammlung.
Zwei aus dieser Trias, die Porzellan- und die
M i n i a tu r e n - S a m m 1 u n g, kommen vom 27.—30.
April zur Versteigerung und es ist gewiß ein Ruhmes-
zeugnis für das Kunstauktionshaus Glückselig in
Wien, daß der Berliner Sammler ihm die Durchführ-
ung dieser Auktionen anvertraut hat. Sonst pflegte
bekantlich das Umgekehrte der Fall zu sein, pflegten
Wiener Sammler mit ihren Sammlungen nach Berlin
zu gehen.
Die Porzellansammlung, die ebenfalls von Doktor
Robert Schmidt katalogisiert wurde, enthält vor-
wiegend Meißner Gruppen und Figuren. Von großem
Interesse sind Frühleistungen, wie die Callotgruppe und
der Bursch. Ueber 30 Plastiken gehen auf Modelle
von K ä n d 1 e r zurück. Eine Stärke der Sammlung
bilden die Meißener Tierfiguren, wie Pfau, Eichhörnchen,
Sitzende Katze, Möpse, Papagei, Wölfe etc. Was die
Meißener Geschirre anbelangt, so werden Kenner durch
Stücke, wie die Wöchnerinnenschale, die Affenkanne
und die groteske Teekanne sich besonders angezogen
fühlen. Ausschlaggebend für eine Beurteilung der
Sammlung auf dem engeren Gebiete der Geschirre
sind, wie Dr. Tr e n k w a 1-d in seinem Vorwort mit
Recht hervorhebt, jedoch die Porzellane mit den wunder-
vollen Herold’schen Feinmalereien, deren der Katalog
eine größere Anzahl verzeichnet.
Neben Meißen finden wir die anderen deutschen
Manufakturen sehr gut vertreten, so Frankenthal
durch Gruppen und Figuren von F. J. Lück und Lanz,
Ludwigsburg durch prächtige Tänzer- und Tän-
zerinnenfiguren, Nymphen bürg durch herrliche
Arbeiten von Bustelli, Fürstenberg, Berlin, Höchst
etc., von den kleineren deutschen Fabriken gar nicht
zu reden, die durch charakteristische Stücke repräsen-
tiert sind. Daß Wien in der Sammlung nicht fehlt,
ist wohl überflüssig hervorzuheben; man würde eine
solche Lücke in einer Porzellansammlung zu sehr
empfinden.
Die Miniaturensammlung, die Dr. Leo Grün stein
nach Gebühr gewürdigt hat, weist Miniaturen niederlän-
discher, französischer, englischer, deutscher und öster-
reichischer Herkunft auf. Eines der frühesten Klein-
biidnisse dürfte von einem flämischen Künstler aus dem
letzten Drittel des 16. Jahrhunderts herrühren. Es gibt
die herben, derbknochigen Züge von einer Dame von
wenig anheimelnder Gemüts- und Charakteranlage mit
eindringlicher Gewissenhaftigkeit und Naturtreue wieder.
Aus den Anfängen des 18. Jahrh. fällt der am spani-
schen und Wiener Hof wirkende Miniaturenmaler Per-
pete Eurand auf, dessen Bildnis eines bartlosen
Mannes mit hellblonder Allongeperücke einen entschie-
denen Seltenheitswert besitzt. Ungefähr aus derselben

Zeit wäre auch der nicht minder seltene Emailmaler
Noah Slam an zu nennen, der mit dem Brustbild
eines vornehmen jüngeren Herrn in weißer Perücke
sich als Porträtist von Qualität erweist.
Unter den englischen Miniaturen sehen wir ein
charakteristisches Damenbildnis von C o s w a y, ein
Bildnis des Admirals Hood von Engieheart, Arbeiten
von den beiden P 1 i m e r, von Seouler etc.; unter
den Franzosen befinden sich einige interessante Künst-
ler des Rokoko, wie der darauf folgenden Revolutions-
zeit, sowie einige klangvolle Namen aus der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts. Hervorgehoben seien die
Miniaturen von Isabey. Seine Miniatur des großen
Korsen, im Krönungsornat und im Hermelinmantel, mit
einer aus kaiserlichen Adlern gebildeten Goldkette, wurde
sicherlich zu Geschenkzwecken im Auftrage Napoleons
ausgeführt und darf wohl mit zu den besten dekorativ-
repräsentativen Kleinbildnissen des Kaisers gezählt wer-
den. Eine zweite Miniatur Isabeys wird dem genieße-
risch-selbstgefälligen Ausdruck in den Gesichtszügen
des napoleonischen Marschalls Ney in meisterlicher
Weise gerecht. Ein drittes Bildnis, aus der Spätzeit des
Künstlers stammend, stellt die jugendliche Prinzessin
Carl von Preußen dar und gibt Charakter und
Ausdruck der Porträtierten mit gewinnender Zurück-
haltung und Schlichtheit wieder. Von den Schülern
Isabey’s wären zu nennen: Rodolphe Bell, Le Gros,
S i n g r y und der Belgier A u t i s s i e r, um deren
Arbeiten gewiß ein lebhafter Kampf entbrennen wird.
Dem Berliner Ausgangspunkt der Sammlung ent-
sprechend, kommt in ihr auch eine Anzahl reichsdeut-
scher und speziell aus Berlin stammender Miniaturisten
zur Geltung. Hieher gehören namentlich Khätscher,
Tangermann, Seyffert, Josef Einsle, der vielfach mit
seinem berühmteren Wiener Namensvetter Anton ver-
wechselt wird. In kleineren, jedoch mit nicht minder
wertvollen oder interessanten Arbeiten sind in der Samm-
lung die Oesterreicher, bezw. die Wiener, vertreten. Ein
Porträt des Malers Anton Raphael Mengs dürfte von
F ü g e r herrühren, von dessen Schülern Agricola hier
in bemerkenswerter Weise hervortritt. Sein großes
Aquarellbildnis einer vor der Staffelei sitzenden Malerin
stammt aus der mittleren Schaffenszeit dieses Künstlers
und ist in jener regenbogenschillernden, verblasenen
Technik gehalten, das so manchem seiner leicht und
schmissig hingezeichneten Frauenbildnisse ein gar eigen-
artiges Gepräge gibt. Ein Kinderbildnis erinnert an
Daffinger, dem es wohl zuzuweisen ist. Aus dem
Daffingerkreise wären einige hübsche Peter und einige
Bildnisse der Brüder T h e e r zu erwähnen.
Nennen wir noch den Polen Brzezinski, den
Russen R o c k s t a h 1 und den Dänen Horneman n,
so haben wir eine flüchtige Skizze der reichhaltigen
Sammlung entworfen, die bei Glückselig zur Auflösung
gelangt. Ueberflüssig zu sagen, daß das Kunstauktions-
haus Glückselig für jede der beiden Auktionen groß-
artig ausgestattete Kataloge ausgegeben hat, die eine
Zierde jedes Bücherschrankes bilden werden.

Die SRuktion
Wir haben bereis in der vorigen Nummer die
hauptsächlichen Ergebnisse der Auktion Darmstädter
mitgeteilt. Bei der Bedeutung dieser Versteigerung lassen
wir nachstehend alle Einzelpreise folgen.
Es erzielten in Reichsmark:
Meissen.
Gruppen und Figuren.
Nr. 1 Chinese auf FelsbankJSlO, Nr. 2 Bäuerin, stehend

Darmstädter.
240. Nr. 3 Tanzender Bacchant 240. Nr. 4 Kleine stehende
Nereide 260. Nr. 5 Der Sommer 620. Nr. 6 Der Frühling 660.
Nr. 7 Amorette als Perückenmacher und Nr. 8 Amorette als
Friseuse 600. Nr. 9 Amorette als Friseuse und Nr. 10 Amorette
als Bettler 480. Nr. 11 Amorette als Schäfer und Nr. 12 in
Maskenkostüm 500. Nr. 13 Amorette als Tirolerin und Nr. 14
als Fischhändlerin 440. Nr. 15 Amorette als Tänzerin und Nr. 16
als Savoyardin 420. Nr. 17 Amorette als Gärtnerin und Nr. 18
als Geiger 420. Nr. 19 Amorette als Abbe und Nr. 20 als Händ-
lerin 540. Nr. 21 Amorette als Gärtner und Nr. 22 Amorette als
 
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