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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0267
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Die Gärten im sranzösischen Stil.

251

A. Hamilton sagt in dem genannten Buche: „Friedrich hatte irgendwo einen gewissen
Boumann aufgetrieben, einen Holländer oder Sohn eines Holländers, der, wie man sagte,
halb Maurer, halb Gärtner, und ganz der Mann war, zu thun, was ihm befohlen wurde.
Es dauerte denn auch nicht lange so machte ihn der König, wenn auch nicht dem Namen,
doch der Sache nach zu seinem Hofarchitekten." Während Knobelsdorfs entfernt von
Potsdam war, bemerkt Hamilton wciter, wurde Sanösouci nach, seinen Plänen d. h. so
weit diese nach des Königs Sinn waren, von Boumann gebaut, der jeden Befehl, ohne ihn
zu kritisieren oder daran zu denteln, geschweige denn zu murren, bnchstäblich ausführte. —
Dieses Verhältniß erklärt vieles, was sonst in Sanssonci schwer erklärlich wäre.

Sanssouci ist zwar in den Hauptformen in alter Weise erhalten, zeigt aber nur noch
wenige Alleen und nichts mehr von Heckenwerk. Der größte Teil der ebenen Anlagen ist
von Lenns zn einem Landschastsgarten eingerichtet worden, welcher sich nngezwungen an
die Verschönerungsanlagen der Umgebung anschließt?) Unsere Abbildung Fig. 115 zeigt
die noch vorhandene Kaskade oder Wassertreppe, Fig. 116 eine Felsgrotte.

Der Berliner „TiergarterU wnrde nach einem Plane von Knobelsdorff angelegt,
welcher sich an der Stelle, wo jetzt der Garten des Schlosses Bellevue liegt, ein Wohn-
haus mit Garten erbante. Der Hanptplatz war der sogenannte Stern, wo sich alle Alleen
vereinigten; derselbe war reich mit Statuen geschmückt. Der Tiergarten wurde von Zeit-
genossen als ein herrlicher Garten gerühmt und unnachahmlich genannt. Jedenfalls war,
wie noch jetzt, Wald vorherrschend.

Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß in dem an großen Grundbesitzern so reichen
Schlesien, in Pommern, Ost- nnd Westpreußen zahlreiche Gärten im französischen Geschmack
angelegt wurden, darunter manche von Bedentnng. Jn Brannschweig wurde der 1694
angelegte herzogliche Schloßgarten von Salzdahlum berühmt. Jin Nordosten wnrde der
„Abtsgarten" zu Oliva bei Danzig, von dem gefürchteten Abte Rybiesky im Le Notrcschen
Stile bei dem neuerbauten Palaste angelegt. — Jn Mecklenbnrg haben wir den prächtigen
Schloßgarten in Schwerin zn verzeichnen, welcher 1708 von dem Jngenieur Kapitän
von Hammerstein nach einem französischen Plane angelegt wurde. — Weit bedeutender
tritt uns Herrenhausen bei Hannover entgegen, welches als noch bestehend, bereits erwähnt
wurde. Dieser 1700 von Carbonnier^) angelegte große Garten zeigt die Symmetrie des
französischen Stils vielleicht am vollkommensten unter den deutschen Gärten, aber auch die
Langweiligkeit und Einsörmigkeit desselben, denn er liegt vollkommen eben und entbehrt
der großen Waldstücke, welche anderen Gärten dieser Größe Abwechselung und Reiz geben.
Fig. 117 zeigt uns den Plan dieser Anlage. Als das Königreich Hannover unter
dem König Ernst August wieder selbständig wurde, ließ der König, dessen Anschauungen
noch in vergangenen Jahrhunderten wurzelten, den Garten von Herrenhausen, soweit er
noch „französisch" war, wiederherstellen. Dort wurden, wie zur Zeit Ludwigs XIV.,
glänzende Hoffeste gegeben, wobei das nicht hoffähige Publikum von ferne zusehen durfte.
Bekanntlich trat unter Georg, dem zweiten König von Hannover, die aristokratische Alter-

*) Ein Hauptplan von Sanssouci, von dem Hosgärtner Salzmann bearbeitet, mit Kupsern,
Beschreibungen und Erklärung der Pläne erschien 1772 in Potsdam.

**) Nach anderer Quelle wurde Herrenhausen 1698 nach Plänen des kurfürstlichen Oberbau-
direktors Marquis Querini angelegt. Vermutlich handelt es sich hier um die Gebäude und Garten-
banwerke.
 
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