lieber den Anonymus der linkshin gewandten
Profilköpfe.
Offener Brief an den Herausgeber.
Verehrter Herr und Freund!
Durch die viele Mühe, welche Sie an die von mir verworfenen Pseudo-
Dürerzeichnnngen wandten, haben Sie mich eigentlich zu Dank verpflichtet,
da diese Arbeit vielmehr noch mir selbst obgelegen hätte. Meine Dürer
gewidmete Reisezeit ist aber stets so beschränkt, dass sie für die ächten
Werke des Meisters nicht ausreichen würde, wollte ich bei den zahllosen
falschen und gefälschten Dingen länger verweilen, als zur negativen Er-
kenntniss gerade nothwendig ist. Ich konnte daher auch die Dürer zuge-
schriebenen Porträtzeichnungen in Bamberg und Berlin nicht mit der-
selben Sorgfalt und Ausdauer prüfen, wie Sie es gethan haben; weiss
auch nicht, ob mich Fassung und Geduld dabei nicht verlassen hätten.
Aber auch von den in der Eile festgehaltenen Beobachtungen wollte
schliesslich nur Weniges in den engen Rahmen einer gelegentlichen klein
gedruckten Recension passen.
Indem Sie nun das von mir Versäumte nachgeholt haben, hatten Sie,
verehrter Freund! dabei auch auf’s Neue die Gelegenheit zu erfahren,
„mit wie unverantwortlich leichtem Herzen“ wir in der sogenannten
Kunstwissenschaft nachbeten, was uns die ersten besten Vorgänger über-
liefert haben, mit wie schwerem Herzen aber man sich dazu entschliesst,
sich von der alten Fabel loszusagen.
Daher denn auch die nachgerade stereotypen Erscheinungen, unter
denen die Beseitigung einer solchen falschen Ueberlieferung sich vollzieht.
Für die Vertheidiger der gefallenen Grösse, für Kämpfer mit offenem
freien Blick ist die Rückzugslinie eine gegebene. Ihre erste Etappe ist
die Einräumung, dass das Werk des Meisters blos beschädigt und so in
seinem Glanze nur verdunkelt sei. Ist auch diese Position nicht mehr
24*
Profilköpfe.
Offener Brief an den Herausgeber.
Verehrter Herr und Freund!
Durch die viele Mühe, welche Sie an die von mir verworfenen Pseudo-
Dürerzeichnnngen wandten, haben Sie mich eigentlich zu Dank verpflichtet,
da diese Arbeit vielmehr noch mir selbst obgelegen hätte. Meine Dürer
gewidmete Reisezeit ist aber stets so beschränkt, dass sie für die ächten
Werke des Meisters nicht ausreichen würde, wollte ich bei den zahllosen
falschen und gefälschten Dingen länger verweilen, als zur negativen Er-
kenntniss gerade nothwendig ist. Ich konnte daher auch die Dürer zuge-
schriebenen Porträtzeichnungen in Bamberg und Berlin nicht mit der-
selben Sorgfalt und Ausdauer prüfen, wie Sie es gethan haben; weiss
auch nicht, ob mich Fassung und Geduld dabei nicht verlassen hätten.
Aber auch von den in der Eile festgehaltenen Beobachtungen wollte
schliesslich nur Weniges in den engen Rahmen einer gelegentlichen klein
gedruckten Recension passen.
Indem Sie nun das von mir Versäumte nachgeholt haben, hatten Sie,
verehrter Freund! dabei auch auf’s Neue die Gelegenheit zu erfahren,
„mit wie unverantwortlich leichtem Herzen“ wir in der sogenannten
Kunstwissenschaft nachbeten, was uns die ersten besten Vorgänger über-
liefert haben, mit wie schwerem Herzen aber man sich dazu entschliesst,
sich von der alten Fabel loszusagen.
Daher denn auch die nachgerade stereotypen Erscheinungen, unter
denen die Beseitigung einer solchen falschen Ueberlieferung sich vollzieht.
Für die Vertheidiger der gefallenen Grösse, für Kämpfer mit offenem
freien Blick ist die Rückzugslinie eine gegebene. Ihre erste Etappe ist
die Einräumung, dass das Werk des Meisters blos beschädigt und so in
seinem Glanze nur verdunkelt sei. Ist auch diese Position nicht mehr
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